Protocol of the Session on July 13, 2010

An dieser Stelle sei zunächst einmal die Frage gestattet, wie so das Gesetzesvorhaben schon einmal auf der Tagesordnung stand und dann wieder von der Tagesordnung genommen wur de. Wenn ich mir den vorliegenden Gesetzentwurf anschaue, stelle ich fest, dass sich im Vergleich zu dem vorherigen Ge setzentwurf eigentlich nichts geändert hat, außer dem, was Kollege Stickelberger schon eingewandt hat: Es gibt jetzt Pro tokollnotizen. Das ist allein deswegen ein merkwürdiges Ver fahren, weil jedenfalls mir und uns als Oppositionsfraktion insgesamt keine Protokollnotiz vorliegt und wir uns insofern natürlich auch nicht darauf verständigen können. Denn auf et was, was wir nicht wissen, können wir uns auch nicht verstän digen.

An dieser Stelle soll auch gleich erwähnt werden – auch das hat der Kollege Vorredner schon erwähnt –: Der Verweis auf Protokollnotizen bei der Frage des Systemwechsels des No

tariats, des Übergangs von Menschen, die jetzt in BadenWürttemberg verbeamtet sind, aus dem Beamtenrecht, genügt nicht; es bedarf vielmehr einer gesetzlichen Regelung zur Übernahme der Versorgungsansprüche. Das steht doch außer Frage, meine Damen und Herren.

Dass diese Regelung hier fehlt und dass auf ein Gesetz ver wiesen wird, das es noch gar nicht gibt, dokumentiert, dass auch Sie selbst da ein Defizit sehen. Vielleicht hat man das Gesetzesvorhaben damals auch deswegen von der Tagesord nung genommen. Das hat aber leider zu keiner Änderung ge führt. Das werden wir im Ausschuss nicht nur kritisch hinter fragen, sondern wir werden auch darauf drängen, dass diese Regelung in das Gesetz kommt.

Es gibt weitere Punkte, die wir kritisieren, obwohl wir als Grü nen-Fraktion das freiberufliche Notariat grundsätzlich mittra gen. Der Notarberuf ist aus meiner Sicht, der ich selbst Frei berufler bin – ich bin freier Abgeordneter, ich bin Freiberuf ler –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ein freier Mensch!)

ein freier Mensch, Kollege Schmiedel, vielen Dank –, gera dezu ein klassischer Fall eines Berufs, Kollege Kluck, der frei beruflich wahrgenommen werden sollte. Insofern tragen wir das vom Grundgedanken her mit.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Also, Zustimmung!)

Es geht aber darum, Kollege Kluck: Es sind insgesamt round about 700 Menschen, die als Bezirksnotare oder als Amtsno tare beschäftigt sind. Zum Stichtag 1. Januar 2018 werden es etwa 200 sein, die 55 Jahre alt und älter sind. Denjenigen die Variante anzubieten, in die Freiberuflichkeit zu wechseln, scheint schon deswegen schwierig zu sein, weil Sie, Herr Mi nister, weder im Gesetz noch in Ihren bisherigen Erklärungen dargetan haben, welche Regularien, welches Feld die Notare vorfinden werden. Sie haben keine Bezirke eingeteilt. Es gibt keine Aussicht darauf, zu wissen, welches Aufkommen an No taren in den einzelnen Gegenden tatsächlich vorhanden sein wird. Auch dieses Defizit haben Sie, jedenfalls bisher, nicht erklärt. Das werden wir im Rahmen der Ausschussberatungen einfordern.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wir haben ja acht Jahre Zeit bis dahin!)

Ein weiteres Thema ist die amtsangemessene Besoldung. Lie ber Kollege Zimmermann, wir als Abgeordnete diskutieren gerade über eine Erhöhung – wir konnten das heute der Pres se entnehmen –, über durchaus stattliche Erhöhungen. Hier geht es ausschließlich darum, dass wir den round about 200 Menschen die amtsangemessene Besoldung, über die sie jetzt verfügen, auch nach dem Systemwechsel zukommen lassen. Das ist einfach ein Gebot der Gerechtigkeit.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das bekommen sie doch! A 13 bleibt A 13, Herr Kollege!)

Eine weitere Frage, die aus unserer Sicht noch diskutiert wer den muss, ist die: Was ist die amtsangemessene Beschäfti gung? Sollen diejenigen Notarinnen und Notare, die jetzt als solche tätig sind und nicht in die Freiberuflichkeit wechseln,

dann gegebenenfalls im Archiv tätig sein? Oder welche amts angemessenen Tätigkeiten und Beschäftigungen werden den Notarinnen und Notaren zugewiesen? Auch hierzu sind Sie bisher eine Antwort schuldig geblieben. Diese werden wir im Ausschuss einfordern, Herr Minister. Darauf müssen Sie sich vorbereiten. Darauf müssen Sie Antworten haben; denn da von werden wir letztendlich abhängig machen, ob wir diese Gesetzesinitiative in diesem Haus mittragen können.

Auch bezüglich der Frage der Einnahmeausfälle sind Sie ei ne Antwort, um die ich als Vertreter der Fraktion GRÜNE schon seit vielen Jahren kämpfe, schuldig geblieben. Der Rechnungshof hat, wenn ich es richtig weiß, dargetan, dass der Betrag von 40 bis 50 Millionen €, der uns mit dem Sys temwechsel fehlen wird, nicht erst in 20 Jahren kompensiert werden muss, nämlich dann, wenn die Pensionsausgaben für die Notarinnen und Notare sich reduzieren oder wegfallen. Auch diese Antwort sind Sie bisher schuldig geblieben.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Ich wollte gerade dar auf hinweisen.

Ja, ich habe es schon ge sehen. Ich komme allmählich zum Schluss.

Wir hätten eigentlich erwartet, dass Sie dem Hohen Haus dar tun, in welcher Zeit und in welcher Form diese Einnahmeaus fälle kompensiert werden.

Insofern wird es kritische Fragen geben.

(Abg. Bernd Hitzler CDU: Keine konkreten Vorschlä ge! Keine eigenen Alternativen!)

Ob wir dem Gesetzentwurf zustimmen können, wird davon abhängen, wie Ihre Antworten aussehen.

Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Wetzel das Wort.

Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich darüber, dass wir heute so weit sind und über die Notariats- und Grundbuchamtsreform sprechen können. Das Projekt beschäftigt das Justizministerium – Herr Oelmayer hat es erwähnt – schon eine ganze Weile. Ich bin froh darüber, dass wir heute anfangen können, Nägel mit Köp fen zu machen.

Ich bedanke mich beim Justizminister sowie seinen Mitarbei terinnen und Mitarbeitern auch im Namen meiner Fraktion ganz herzlich für die umfangreiche und gute Arbeit. Beide Elemente, sowohl die Notariatsreform als auch die Grund buchamtsreform, sind für Baden-Württemberg sehr wichtig, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Mit der Notariatsreform schaffen wir eine rechtliche Grund lage, die schon längst überfällig ist. Der Herr Justizminister hat darauf hingewiesen, dass die EU mit unserem heutigen Notariatswesen in Baden-Württemberg nicht mehr einverstan

den ist. Ein Urteil wurde bereits erlassen, und die nächsten Urteile wären sicherlich gekommen. Die bisherige Gestaltung des Notariats in Baden-Württemberg ist mit den zukünftigen Vorgaben des Bundes- und des Europarechts nicht mehr ver einbar.

Wie wir wissen, haben wir in Baden-Württemberg einen Fli ckenteppich von verschiedenen Notariaten: freiberufliches Notariat, Amtsnotariat, Bezirksnotariat, Anwaltsnotariat. Das soll ein normaler Mensch durchschauen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Die Bürger haben es ka piert!)

Ab 1. Januar 2018 haben wir eine einheitliche Regelung. Ins besondere haben wir auch keinen Beurkundungstourismus in Grenzregionen mehr, Herr Kollege. So fahren Personen aus dem Badischen zur Beurkundung zum württembergischen Anwaltsnotar oder gegebenenfalls auch in die grenznahe Schweiz, weil es dort günstiger ist und man in der Schweiz insbesondere die Gebühren auch aushandeln kann.

Alle Notare sind ab 1. Januar 2018 als Freiberufler tätig.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nicht alle!)

Alle können als Freiberufler tätig sein.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Können!)

Das ist richtig.

Wenn nach dem Übergang gefragt wird, Herr Kollege Oel mayer, so weise ich darauf hin: Jeder hat das Recht, sein bis her als Amtsnotar oder als Bezirksnotar geführtes Notariat zu übernehmen. Er darf es übernehmen, und er weiß, was er dort bisher gemacht hat. Er wird also nicht irgendwo mit den Wor ten hingeschoben: „Du kommst in eine Situation, in der du nicht weißt, was dich erwartet.“ Vielmehr: Wenn er über nimmt, weiß er, was er bisher verdient hat, welche Urkunden er hatte.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Wenn er nicht übernimmt, was macht er dann?)

Wenn der Betreffende sagt: „Das ist mir zu unsicher“, dann wird er als vormaliger Amtsnotar Richter, und als bisheriger Bezirksnotar wird er in Betreuungssachen im Amtsgericht be schäftigt.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Wer sagt das? Wo steht das?)

Ich glaube, dass die Zahl der Betreuungssachen in den nächs ten Jahren und Jahrzehnten nicht abnehmen wird. Wir hören überall, dass sie sogar zunehmen wird. Das gilt insbesondere auch für die Nachlassangelegenheiten.

Wir haben es außerdem geschafft, den bisherigen Notaren im Landesdienst einen guten Übergang in die Selbstständigkeit oder in den Justizdienst zu ermöglichen. Wir lassen ihnen die Wahl, was für sie das Bessere ist.

Es wird immer nach den Einnahmeausfällen gefragt. Herr Kollege Hitzler hat es gerade gesagt: Die Notare verdienen

nicht am allerschlechtesten. Die freien Notare werden sicher lich auch gute Einkommensteuerzahler sein.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Die Abgeordne ten auch!)

Ich denke, dass das dem Land ebenfalls guttun wird.

Bei der Grundbuchamtsreform nehmen wir mit dem Gesetz technisch erneut eine Vorreiterrolle im ganzen Bundesgebiet ein. Die Grundbücher werden elektronisch geführt. Es wird die Möglichkeit des digitalen Zugriffs auf die Grundbücher und insbesondere auf die Grundakten geschaffen.

Das ist eine riesige Reform. Von bisher 667 Grundbuchäm tern werden noch 11 übrig bleiben. Damit sind wir federfüh rend in ganz Deutschland. Die Qualität wird sich nicht ver schlechtern, sondern verbessern.

Es wird gesagt, das Grundbuchamt werde von den Menschen weg angesiedelt. In diesem Zusammenhang wird immer auf das Beispiel Tauberbischofsheim verwiesen.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Da ist es ja offen bar!)