Herr Präsident, meine Da men und Herren! Nachdem nun beim Tagesordnungspunkt 1 fast alle Themen mit Ausnahme des Verkehrs angesprochen worden sind, möchte ich mich sehr eng auf dieses Thema be schränken, damit der Zeitrahmen eingehalten wird. Ich finde, es ist eine parlamentarische Disziplin, eine Fähigkeit und Fer tigkeit, in einem vorgegebenen Zeitrahmen seine Argumente vorzubringen. Ich möchte das den Kolleginnen und Kollegen einmal mehr demonstrieren.
In den Pfingstferien hat nicht nur der Rücktritt unseres Bun despräsidenten Furore gemacht – aus vielerlei Gründen, nicht zuletzt auch deshalb, weil ein wichtiger Politiker aus BadenWürttemberg nun nicht mehr in Berlin aktiv sein kann –, son dern es gab auch eine Schlagzeile, die zumindest die Verkehrs politiker und diejenigen, denen die Wirtschaft des Landes am Herzen liegt, aufschrecken muss. Ich zitiere sinngemäß: Der Bund gibt für unser Bundesland 90 Millionen € weniger an Straßenbaumitteln. Statt mit 550 Millionen € muss das Land mit 460 Millionen € auskommen.
Es gibt also 90 Millionen € weniger und die Ankündigung, sehr verehrte Frau Ministerin Gönner, dass im Jahr 2011 mit einem weiteren Minus zu rechnen ist. Meine Damen und Her ren, das ist bedauerlich. Ich will es noch einmal klarmachen: Wir von der SPD treten entschieden für eine moderne Ver kehrsinfrastruktur in diesem Bundesland ein, denn die brau chen wir elementar, um das wirtschaftliche Wachstum zu si chern
Das eine geht nicht ohne das andere. Den Strom kann ich in Leitungstrassen transportieren, Waren und Güter brauchen Achsen wie die Schiene, die Wasserstraße und – notabene – auch die Straße. Dafür steht die SPD uneingeschränkt. Nach unserer Meinung ist dieses Land mit seiner Wirtschaftskraft, seinem Verkehrsaufkommen, seiner Transferlage und den Mo bilitätsbedürfnissen seiner Bevölkerung gegenüber anderen Bundesländern heftig benachteiligt.
Die Gründe hierfür sind zum einen natürlich die jährlich von den politischen Mehrheiten im Bundeshaushalt festgelegten Haushaltsmittel; je nach Zusammensetzung des Parlaments können diese schwanken. Es sind aber auch Vereinbarungen zum Länderfinanzausgleich und zu Quotenfinanzierungen, de nen die Regierungen dieses Landes immer zugestimmt haben. Manchmal waren das Vereinbarungen, die unter der Federfüh rung der Landes-CDU formuliert und festgeklopft wurden.
Selbst diese dem Land zustehenden Quoten wurden in den letzten Jahren oftmals nicht erreicht – im Unterschied bei spielsweise zum Nachbarland Bayern. Sprich: Baden-Würt temberg kann seine Potenziale offensichtlich nicht ausschöp fen.
Wenn nun die Regierung Mappus angetreten ist, diese größ tenteils selbst verschuldeten und eigenverantwortlich verein barten Verträge revidieren zu wollen – so verstehen wir man che Ankündigung des Kollegen Mappus –, dann freuen wir uns, mit der CDU hier im Land und einer Regierung, die be hauptet, sie trete für das Wohl dieses Landes ein, trete für ver kehrliche Verbesserungen in einem Bundesland ein, das 2 Mil liarden € in den Länderfinanzausgleich einzahlt – wohlge merkt jährlich –, endlich Mitstreiter an unserer Seite zu ha ben. Das wollen wir so haben.
Wenn Baden-Württemberg also diesen Mehrbedarf an Bun desmitteln erhalten soll, bedarf es einer Regierung, die sich kraftvoll durchsetzt.
(Abg. Werner Raab CDU: Die haben wir! – Gegen ruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist eine Einzelmeinung!)
Es war ja der Anspruch der Regierung Mappus, sich in Ber lin endlich wirkungsvoll durchzusetzen. Mit dieser Forderung ist natürlich zunächst einmal eine Kritik an den Regierungen Teufel und Oettinger verbunden. Herr Mappus, ich zitiere die „Stuttgarter Nachrichten“, Überschrift: „Auftritt einer Dampf maschine“:
Mappus macht klar, dass er keine Lust mehr habe, jähr lich 2 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich einzu zahlen, im Gegenzug aber nichts davon in der Infrastruk tur wieder zu sehen.
Das bedeutet nichts anderes als völliges Versagen der Vorgän gerregierungen. Das ist nun einmal Fakt.
Da teilen wir Herrn Mappus’ Meinung. Er trete auf wie eine „Dampfmaschine“, heißt es in den „Stuttgarter Nachrichten“.
Im Übrigen steht diese Einschätzung bezüglich Herrn Map pus im Gleichklang mit dem „Handelsblatt“. Ich zitiere wie derum:
Der junge Ministerpräsident will in Berlin gehört... wer den. Seinen beiden Vorgängern Günther Oettinger und Erwin Teufel blieb das versagt.
Was ergibt sich also nun bei der Betrachtung nach sieben Mo naten Regieren von Schwarz-Gelb in Berlin und nach 120 Ta gen Mappus/Goll in Stuttgart? Eigentlich ist alles schlechter geworden.
Es ist ein Versagen auf der ganzen Linie: Statt mehr Geld, wie gefordert, erhält das Land weniger Geld für Verkehrsmaßnah men. Das geht sogar so weit, dass der von mir persönlich wohl geschätzte einstige Verkehrsminister Müller – so, wie er zi tiert wurde – absolut frustriert über das ist, was passiert. Das ist eine Emotionsaufwallung eines ansonsten sehr nüchternen Kollegen.
Wenn Frau Gönner mit dem Anspruch des Ministerpräsiden ten antreten durfte, ja antreten musste – ich zitiere wiederum –,
ihre guten Kontakte in Berlin nutzen wird, damit mehr Mittel für den Straßenbau nach Baden-Württemberg flie ßen,
hört, hört –, so ist festzustellen, dass die vermeintlich guten Kontakte von Frau Ministerin Gönner einen Malus von 90 Millionen € gegenüber dem geschätzten Kollegen Köber le bedeuten. Man sehnt sich wahrlich fast nach den Aktivitä ten des Kollegen Köberle zurück, der es immerhin verstanden hat,
Was bleibt? Sie, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP/DVP, suggerieren unentwegt eine Situation, als hätte der Bund unbegrenzt Geld, als könnte er alle Verkehrs wünsche problemlos erfüllen.
Es ist die Aufgabe des Bundes,... dafür zu sorgen, dass bei uns die erforderlichen Mittel für die Realisierung der geplanten Projekte zur Verfügung gestellt werden.
Sie verweisen in steter Regelmäßigkeit auf die planfestgestell te Vorratskammer des Landes. Der Bund soll einfach bezah len. Das geht nicht. Selbst dem letzten Anhänger der Wunder gläubigkeit unter Ihnen muss nun endlich klar sein, dass die öffentliche Hand nicht mehr, sondern weniger Geld zur Ver fügung hat, und das in einer Situation, bei einer Finanzpoli tik, die Steuergeschenke an eine bestimmte Klientel verteilt
und andererseits eine Verkehrspolitik betreibt, als stünden un begrenzt Mittel zur Verfügung. Kürzlich meinte Frau Gönner: Wir brauchen 300 Millionen € mehr. Natürlich! Wir bräuch ten sie. Aber der Konjunktiv ist doch keine Strategie, kein re ales Verhalten für eine Regierung, sondern man muss die Re alität zur Kenntnis nehmen, egal, ob SPD oder CDU im Bund, in Berlin regieren. Auch dort sind die Mittel begrenzt. Das Er gebnis sind nicht 300 Millionen € mehr, sondern 90 Millio nen € weniger für dieses Land.
Werte Frau Ministerin, auch in der Verkehrspolitik haben Sie wahrlich eine bemitleidenswerte Strahlkraft. Sie jagen Wol ken mit Wind,
erklären den Menschen im Land, schuld an allem Elend sei der Bund. Das ist die alte Leier der CDU. Für die Erfolge sind Sie zuständig, wenn es GVFG-Gelder gibt, wenn Straßen ein geweiht werden, wie kürzlich wieder einmal. Für die Misser folge sind der Bund, die Preußen, die Bayern oder der Yeti im Himalaya verantwortlich. So geht es nicht. Sie können zu Recht Verantwortung für die positiven Ergebnisse akquirie ren, aber übernehmen Sie dann bitte auch die Verantwortung für das, was in diesem Bundesland und für dieses Bundesland nicht passiert.
Tat und Wort müssen in Ihrer Verkehrspolitik in Einklang ge bracht werden. Das riesige Dilemma ist doch, dass bei Ihnen nicht das Erreichte als Erfolg zählt, sondern das Erzählte. Das ist mehr Märchenstunde als Verwaltungsrealität.