Protocol of the Session on June 9, 2010

Wir meinen, dass eine Neuordnung des Dienstrechts und des Versorgungsrechts auch den Wechsel vom öffentlichen Dienst in die Wirtschaft und umgekehrt künftig so regeln sollte, dass

für Mitarbeiter aus beiden Bereichen keine Hürden und Nach teile beim Wechsel aufgebaut werden.

Noch ein weiterer Punkt ist in diesem Zusammenhang wich tig, nämlich die Öffnung – die sogenannte Externalisierung – der Fachhochschulen für Verwaltung und für Finanzen. Eine Ausbildung, eingeschränkt für die öffentliche Verwaltung, passt nicht in die Zeit. Wir haben schon mehrfach und seit Jah ren die Initiative ergriffen, um die Fachhochschulen zu öff nen. Warum studiert man eigentlich für den höheren Dienst an ganz normalen Hochschulen, während für den gehobenen und den mittleren Dienst ein abgeschottetes Ausbildungssys tem bestehen bleibt?

Also nochmals: Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, fordern aber die Landesregierung auf, das Thema Durchlässigkeit im Rahmen der Dienstrechtsreform nochmals als Querschnitts thema anzugehen, und zwar bei der Besoldung, der Versor gung und der Ausbildung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Staatsvertrag über die Verteilung von Ver sorgungslasten ist eine notwendige Folge der Föderalismus reform I, mit der die Zuständigkeit für die Besoldung und Ver sorgung der Beamtinnen und Beamten weitgehend auf die Länder übergegangen ist.

Eine Nachfolgeregelung für den § 107 b des alten Beamten versorgungsgesetzes ist zwingend erforderlich, weil nur so die erwünschte Mobilität gesichert werden kann, die sich eben auch in Dienstherrenwechseln zwischen verschiedenen Län dern, aber auch zwischen dem Bund und den Ländern, nieder schlagen kann.

Weil in der Beurteilung dieses Staatsvertrags Einvernehmen zwischen den Fraktionen besteht, nur noch so viel: Die im Entwurf des Staatsvertrags gefundene Lösung ist einfacher als die bisherige. An die Stelle eines Erstattungsmodells tritt ei ne Abfindungslösung. Eine gestufte Abfindung durch eine Ein malzahlung wird die Regel. Nur übergangsweise – für bereits laufende Fälle – bleibt die Erstattungslösung daneben erhal ten.

Es ist – über diesen Einzelfall hinaus – ein gutes Zeichen, wenn infolge der Föderalismusreform erforderlich geworde ne Regelungen gleichzeitig einfacher und unbürokratischer werden.

Ich teile Ihnen mit, dass im Einvernehmen der Fraktionen Tagesordnungspunkt 8 ab gesetzt wird und die Fraktionen beim Tagesordnungspunkt 10 übereingekommen sind, den Antrag Drucksache 14/4369 oh ne Aussprache an den Innenausschuss zu überweisen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Verbesserung des Hochschulzugangs beruf lich Qualifizierter und der Hochschulzulassung – Druck sache 14/6248

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/6344

Berichterstatter: Abg. Martin Rivoir

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schüle für die CDU-Frak tion.

Herr Staatssekretär Dr. Birk von der Landesregierung ist an wesend. Das wollte ich nur im Hinblick auf mögliche Zwi schenfragen anfügen.

Extra für Frau Bauer. – Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetz beschließen wir abschließend wichtige Wei chenstellungen für eine Weiterentwicklung unserer Politik für die Hochschulen und Universitätsklinika in unserem Land. Wir haben dieses Gesetz schon in der ersten Lesung intensiv beraten, vor allem auch im Ausschuss für Wissenschaft, For schung und Kunst.

Heute stelle ich in der zweiten Lesung auch unter Einbezie hung der umfangreichen Reaktion aus der Anhörung fest, dass wir die Zustimmung der Hochschulen für diese Schritte ge wonnen haben. Erfreulich ist auch, dass ein Großteil frakti onsübergreifend Zustimmung findet. Das gilt insbesondere – das ist wichtig – für die bildungspolitische und gesellschafts politische Innovation, beruflich qualifizierten Personen aus dem Handwerk ein Hochschulstudium zu ermöglichen – eben so wie dies für Abiturienten möglich ist, die die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung besitzen.

Das ist nicht irgendeine Weiterentwicklung unseres Hoch schulsystems. Dahinter steht das Bekenntnis zur Durchlässig keit unseres Systems. Das ist ein weiterer Baustein. Dahinter wiederum steht unsere Grundauffassung, dass nicht die Her kunft, sondern der Bildungswille und die Leistungsbereit schaft dabei entscheidend sein sollen, wer in unserem Land bildungsmäßig und beruflich erfolgreich vorankommt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: So ist es!)

Mit diesem Gesetz beschließen wir auch erhebliche Verbes serungen durch die neue Möglichkeit der Inanspruchnahme der „Stiftung für Hochschulzulassung“ – Stichwort „Vermei dung von Mehrfachbewerbungen“ und die entsprechende Ab stimmung. Hierbei besteht auch Konsens.

Deshalb will ich mich auf einen Punkt konzentrieren, bei dem dieser Konsens nicht – oder noch nicht, Frau Kollegin Bauer – besteht. Dieser betrifft die Universitätsklinika. Es geht um die mit dem Gesetzentwurf begehrte Änderung von § 4 Abs. 5 des Universitätsklinika-Gesetzes, mit der unseren Kliniken präzise die Möglichkeit eröffnet werden soll, mit dritten Part nern zu kooperieren. Hier ist auch pressemäßig aus meiner Sicht ein Scheinstreit entstanden.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – Gegenruf des Abg. Werner Pfisterer CDU: Falsches Misstrauen!)

Sie, Frau Bauer, haben diese Regelung zum Anlass genom men, zu behaupten, damit würden wir in Richtung Privatisie rung fahren. Aber darum geht es in der Sache überhaupt nicht, sondern es geht in diesem Gesetz darum, Umfang und Vor aussetzungen für die Beleihung Dritter präzise zu regeln und Rechtsgrundlagen zu schaffen. Das ist keine abstrakte Über

legung nach dem Motto „Das könnten wir eigentlich einmal machen“. Vielmehr kamen von vor Ort, aus der Praxis heraus, die Bitte und die Anforderung der Universitätsklinika, dies zu regeln, weil es notwendig ist.

Ich will das einmal an einem konkreten Beispiel aus der Re gion Südbaden, Freiburg, deutlich machen. Es hat aber auch landesweite Bedeutung.

In Freiburg haben wir das Universitätsklinikum, und 15 km davon entfernt, in Bad Krozingen, ist das Herzzentrum behei matet. Beide Einrichtungen wollen im Bereich der Herzchir urgie und der Kardiologie zusammenarbeiten. Sie haben sich zu Verhandlungen zusammengesetzt und sind an einem Punkt darauf gestoßen, dass sie rechtlich nicht genügend Möglich keiten haben, entsprechende Vereinbarungen zu treffen.

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Das können sie doch auch auf der jetzigen Grundlage!)

Deswegen ist es sachgerecht, ihnen diese Möglichkeit einzu räumen. Darum geht es. Für den Fall, dass ein Klinikum zu künftig mit einer privaten Institution zusammenarbeiten will, werden wir jetzt die Grundlagen schaffen.

Erforderlich ist eine präzise Beleihungsvereinbarung der Uni versitätsklinik mit dem Kooperationspartner. Umfang, Gegen stand, Dauer und konkrete Aufgaben sind festzulegen. Der Zugang zu den Forschungsergebnissen – ganz entscheidend – wird sichergestellt. Finanzielle Risiken werden ausgeschlos sen. Das reicht bis hin zum Nachweis eines Versicherungs schutzes im Fall wirtschaftlicher Schwierigkeiten.

Hinzu kommt – Stichwort „Höchstmaß an Transparenz“ –: Wir überlassen entsprechende Vereinbarungen nicht nur den Universitätsklinika, was wir hätten tun können, sondern wir haben zusätzlich das Erfordernis der Zustimmung des Wis senschaftsausschusses und damit auch des Landtags zu jeder einzelnen Vereinbarung eingebaut. Das heißt, wir können uns alle mit in die konkreten Fälle oder Vereinbarungen einbrin gen.

Deswegen, Frau Kollegin Bauer, sind Ihre Position und Ihr Antrag insoweit nicht nachvollziehbar. Wir wollen nicht pri vatisieren, sondern im Gegenteil: Wir wollen die Universitäts klinika stärken, indem wir ihnen die Möglichkeit zur Koope ration eröffnen.

Abschließend und ganz konzeptionell zur Frage der Privati sierung. Der Kurs der CDU-Fraktion ist klar. Unabhängig von der heutigen Regelung bezüglich der Privatisierung der Uni versitätsklinika lehnen wir eine Privatisierung entschieden ab. Die Koalitionsvereinbarung sieht einen Prüfauftrag vor. Wir haben ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es besagt im Ergeb nis: Die Vorteile einer Privatisierung überwiegen nicht; im Gegenteil. Wenn wir die Erfahrungen mit der Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg – Stichwort „Vorläufige Auswertung durch den Wissenschaftsrat“ – zura te ziehen, so müssen wir sagen: Auch dies spricht gegen eine Privatisierung.

Unsere Universitätsklinika sind fachlich und wissenschaftlich bezüglich der Lehre gut aufgestellt, und sie schreiben schwar ze Zahlen. Deshalb lehnen wir ihre Privatisierung ab. Aber wir werden den Universitätsklinika heute die Möglichkeit ge

ben, zukünftig mit Kooperationspartnern im Wettbewerb noch besser zu bestehen.

Wir bitten um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Das Wort erhält Frau Abg. Haller-Haid für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Dass wir die Intention des Gesetzent wurfs grundsätzlich teilen, habe ich bereits im Rahmen der Ersten Beratung ausgeführt. Ich möchte deshalb nur noch ei ne grundsätzliche Anmerkung machen: Leider bleibt der Ge setzentwurf an vielen Stellen hinter dieser Intention zurück.

(Unruhe)

Die darin enthaltenen Regelungen kommen eher einem Hop sen als einem Sprung gleich. Auch wird durch sie an ganz we sentlichen Stellen leider eine Menge an zusätzlicher Bürokra tie errichtet. Das wäre überhaupt nicht erforderlich. Deshalb bringt die SPD zusammen mit den Grünen zur heutigen Zwei ten Beratung vier Änderungsanträge und einen Entschlie ßungsantrag ein.

Zunächst einmal zum Entschließungsantrag: Bei der Anhö rung haben die Industrie- und Handelskammern und der Ba den-Württembergische Handwerkstag den Gesetzentwurf des halb kritisiert, weil wichtige Rahmenbedingungen fehlen, die gegeben sein müssen, damit Personen ohne entsprechende for male Berechtigung den Hochschulzugang auch in der Reali tät erreichen können. Das gilt vor allem für berufsbegleiten de Studiengänge, aber auch für notwendige Auf- und Vorbe reitungskurse. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, auf den Aufbau von berufsbegleitenden Studiengängen hin zuwirken und den Hochschulen vor allem die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Ein zweiter Punkt betrifft das Probestudium. Die Kultusmi nisterkonferenz hat das ausdrücklich vorgeschlagen und zu gelassen. Auch das Probestudium kommt in diesem Gesetz entwurf nicht vor, obwohl sich das Probestudium an anderer Stelle in der Vergangenheit bewährt hat.

Ein Änderungsantrag betrifft die verpflichtenden Studierfä higkeitstests. Die Hochschulen wollen selbst darüber entschei den, ob und, wenn ja, in welchem Rahmen solche Tests durch geführt werden. Das Ministerium will auch in Zukunft auf An trag jeweils eine Einzelfallentscheidung treffen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat mit Hochschulautonomie we nig zu tun, aber eine ganze Menge mit Bürokratieaufbau, den Sie alle doch angeblich nicht wollen. Deshalb können Sie, denke ich, unserem Änderungsantrag eigentlich zustimmen.

Ein zweiter Änderungsantrag betrifft das Serviceverfahren, das wir verbindlich regeln wollen – verbindlich deshalb, weil wir nur so das Problem bei den zulassungsbeschränkten Stu dienplätzen in den Griff bekommen und unnötige Doppelbe legungen und Platzblockierungen vermeiden. Wenn wir aber zulassen, dass sich die Hochschulen einfach aus diesem Ver

fahren ausklinken, dann werden wir nicht das erreichen, was uns das Bundesverfassungsgericht mit dem Gebot vorgibt, Ka pazitäten wirklich auszuschöpfen. Deshalb bitte ich Sie, die sem Änderungsantrag ebenfalls zuzustimmen.

Ein weiterer Änderungsantrag betrifft die Prüfungsrechte des Landesrechnungshofs. Dazu hat Frau Bauer beim letzten Mal schon Ausführungen gemacht. Ich nehme an, sie sagt nachher noch einmal etwas dazu.

Deshalb komme ich jetzt gleich zu unserem letzten Ände rungsantrag. Darin geht es – Herr Schüle, Sie haben es ange sprochen – um die Beleihung bei den Universitätsklinika. Dass sie in einem Artikelgesetz geregelt wird, eigentlich fast schon dem Landtag untergejubelt wird – um das auch einmal zu sagen –, ist aus meiner Sicht nicht in Ordnung. Warum Sie diese Regelung jetzt nicht im Rahmen der anstehenden No vellierung des Universitätsklinika-Gesetzes treffen, bleibt mir unverständlich. Ich weiß nicht, warum Sie das nicht auf die Reihe bekommen oder ob das ganze Gesetz bis nach der Land tagswahl aufgeschoben wird, weil vielleicht doch Absichten in Richtung Privatisierung bestehen.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Das hat doch der Kol lege eben klar und deutlich gesagt!)

Sie haben klar gesagt, Sie wollten das nicht. Ich hätte das sehr gern einmal vom Herrn Minister gehört. Herr Bachmann hat entsprechende Ausführungen in der Presse gemacht, und es kam keine Reaktion aus dem Wissenschaftsministerium.