Protocol of the Session on June 9, 2010

Wenigstens das „Handelsblatt“ müssten Sie doch lesen, Herr Scheuermann.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Meine Güte!)

Die Menschen fahren umso häufiger Auto, je mehr Straßen man ihnen anbietet.

Ein anderer Punkt, über den ich noch einmal diskutieren will – auch mit den Kollegen von den Sozialdemokraten –, ist: Wo her, bitte schön, soll das Geld kommen?

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Wollen Sie noch mehr bei Hartz IV sparen, wollen Sie bei den regenerativen Energien sparen, wollen Sie bei der Bildung sparen, oder wo wollen Sie sparen?

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Der nächste Punkt, meine Damen und Herren, ist, dass uns all das Geld, das wir noch immer in die Infrastruktur des Auto verkehrs stecken, beim Ausbau des Schienenverkehrs fehlt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und der Bahnhöfe! – Abg. Winfried Scheuermann CDU: Sie wollen ihn doch gar nicht ausbauen!)

Wissen Sie, warum? Ihr Projekt Stuttgart 21 ist auch ein Pro jekt aus dem vergangenen Jahrhundert, das wir uns nicht mehr leisten können.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf: Das ist unglaublich! – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, die ganzen Zwischen rufe haben meine Redezeit schon gekillt. Ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu.

Herr Kollege Walter lässt heute also überhaupt keine Zwischenfragen zu.

Nein, heute ausnahmsweise nicht.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, seit 1946 haben es die verschiede nen Landesregierungen nicht geschafft, dass die Gäubahn wie der zweigleisig wird. Das sind doch die Skandale, um die es in der Verkehrspolitik geht. Über diese müssen wir einmal re den.

(Beifall bei den Grünen)

Jetzt zitiere ich einmal aus dem SPD-Landtagswahlprogramm von 2006. Darin heißt es:

Die Versiegelung der Flächen schreitet... ungebremst vo ran. Wir werden über die Regionalplanung und insbeson dere durch die Ausweisung von Landschaftsschutzgebie ten dem Flächenverbrauch Einhalt gebieten.

Aber was ist dann mit dem Straßenbau? Wollen Sie da keinen Einhalt gebieten?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ich bin nicht dafür, dass man immer Schuldzuweisungen macht!)

Jeden Tag werden in Baden-Württemberg 1,7 ha Land für den Straßenbau überbaut.

(Abg. Ernst Behringer CDU: Das stimmt auch nicht! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Unruhe)

Daran kommen Sie nicht vorbei, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Das Ganze hat auch einen ökonomischen Aspekt.

(Zuruf des Abg. Ernst Behringer CDU)

Wir müssen endlich anfangen, umzudenken. Herr Kollege Kretschmann hat heute schon darauf hingewiesen: Die Wirt schaft ist schon wesentlich weiter als Sie. Schauen Sie sich einmal das Projekt „Car2go“ von Daimler in Ulm an. Das ist integrierte Mobilität. Diese müssen wir ausbauen. Wir dürfen nicht immer nur an die Straße denken.

(Zuruf des Abg. Dr. Frank Mentrup SPD)

Das heißt, auch in ökonomischer Hinsicht verbauen Sie mit Ihrem alten Denken die Zukunft des Landes.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, ich komme nachher in der zwei ten Runde noch auf die Rolle der Landesregierung zu spre chen.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Winfried Scheuer mann CDU: Gott verschone uns! – Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Meine Damen und Herren, der Autor Claus Leggewie hat die Frage aufgeworfen

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nicht das ganze Buch vorlesen, Jürgen! – Unruhe – Glocke des Prä sidenten)

so viel Konzentration hättest du gar nicht –: Wenn man ei nen Stahlkonzern zu einem Tourismuskonzern – Beispiel TUI

umbauen kann oder einen verschlafenen Gummistiefelher steller zu einem der führenden Handyproduzenten ausbauen kann – Beispiel Nokia –,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nokia, stimmt!)

warum kann dann die Automobilindustrie nur Autos und nichts anderes entwickeln?

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, auf diesen Weg müssen wir uns begeben. Ihr Asphalt ist der Holzweg des vergangenen Jahr hunderts.

(Beifall bei den Grünen – Zurufe der Abg. Reinhold Gall SPD und Nicole Razavi CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck für die FDP/DVP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was Herr Kollege Walter hier gesagt hat, war wieder sehr aufschlussreich. Ich kenne ihn als Medienpoliti ker und als Europapolitiker. Da habe ich mich schon über sei ne Ansichten gewundert. Aber das, was er heute zum Besten gegeben hat, schlägt dem Fass den Boden aus.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Diet mar Bachmann FDP/DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Er sollte sich doch einmal auf die Autobahnen begeben. Dann wird er feststellen, dass man nicht erst weitere Straßen säen muss, sondern der Verkehr schon heute da ist. Leider kann aber der Verkehr nicht richtig fließen, weil wir zu wenig ver nünftige Verkehrsinfrastruktur gesät haben.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Es verwundert mich auch, dass die Grünen jetzt Abschied von der Ortsumfahrung Tübingen im Zuge der B 27 nehmen, dass sie also den Schindhaubasistunnel ablehnen. Das wird Ihren Parteifreund Palmer sehr freuen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Boris!)

Er wird es morgen in der Zeitung lesen.