Protocol of the Session on April 14, 2010

Geschwindigkeitsbeschränkungen werden auch erst jetzt um gesetzt, nachdem man gemerkt hat, dass, wie die Ergebnisse aus den Jahren 2008 und 2009 gezeigt haben, ohne diese Be schränkungen eben nicht die erwünschte Wirkung erzielt wer den konnte.

Das ist ein guter Anfang, aber es reicht natürlich längst nicht aus. Natürlich können wir viele Probleme einfach aussitzen. Irgendwann fallen die alten Autos auseinander, und dann, soll te man hoffen, werden neue und umweltfreundlichere Fahr zeuge erworben.

Aber dürfen wir denn wirklich abwarten? Ich denke, nein. Die Belastung der Menschen, die in diesen Ballungsräumen woh nen, durch die hohe Luftverschmutzung und auch durch Fein staub und Stickoxide ist teilweise unerträglich hoch.

Dass sich die Abwrackprämie positiv auf die Umweltbilanz ausgewirkt hat, wird heute sicher niemand mehr bestreiten. Leider lief die Umrüstung vorhandener Diesel-Pkws und der Nutzfahrzeuge nie so gut, als dass man von einem Erfolg hät te reden können. Die Industrie hat es nicht geschafft, dass die nachrüstbaren Feinstaubfilter die gleiche Qualität wie bei ei nem Neufahrzeug haben.

Mit Spannung warten wir deshalb auf die aktuellen Zahlen und Erkenntnisse, was den Rückgang der Schadstoffe in den Umweltzonen betrifft. Allerdings werden wir wahrscheinlich erst zum Jahresende schlauer sein, wenn dann die aktuellen Zahlen für 2010 vorliegen. Wahrscheinlich wird es durch die ergriffenen zusätzlichen Maßnahmen zu einer Verbesserung kommen, und die teilweise eingeführte zweite Stufe der Fahr verbote für Fahrzeuge mit roter Plakette dürfte zu einer spür baren und messbaren Verbesserung führen. Schade ist nur, dass dafür zwei Jahre ins Land gegangen sind. Auch wenn es Verbesserungen gibt: Ein zufriedenstellender Zustand ist noch nicht erreicht. Dafür gibt es nach wie vor viel zu viele Aus nahmen.

Wie kann ich denn einem einfachen Arbeitnehmer erklären, dass er mit seinem alten Fahrzeug nicht mehr in die Umwelt zone darf, der Oldtimerbesitzer dies aber beliebig oft darf? Sage jetzt niemand, das sei doch eine ganz kleine Minderheit. So wenig sind es dann eben doch nicht. In Berlin werden auch diesen, bei uns so geschützten Autos klare Umweltgrenzen aufgezeigt.

Am Unsinnigsten ist aber der große Flickenteppich, auf den ich schon wiederholt aufmerksam gemacht habe. Jeder Orts kundige kann sich zwischen den Umweltzonen hindurchmo geln, und die Leidtragenden sind dann die dort lebenden Men schen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Viele Bürgermeister haben sich bereits lautstark negativ zu diesem Flickenteppich geäußert.

Positiv zu vermerken ist allerdings, dass der ÖPNV in Stutt gart, aber auch anderswo große Anstrengungen unternommen hat, um seine Flotte entsprechend zu erneuern und umzurüs ten. Wir wollen doch alle – davon gehe ich aus – eine saube re Umwelt. Dazu gehören aber nicht nur Fahrzeuge des öf fentlichen Nahverkehrs, sondern dazu müssen alle herange zogen werden, die in irgendeiner Weise zur Verschmutzung der Luft beitragen.

Auch wenn sich die FDP/DVP in ihrer Großen Anfrage schrecklich darum sorgt, ob der Einzelhandel Einbußen hin nehmen muss, wenn es mehr und mehr Umweltzonen gibt, denke ich, dass jeder lieber in angenehmer Umgebung und guter Luft einkaufen geht. In Fußgängerzonen wird ja auch nicht Auto gefahren, und die Geschäfte gehen trotzdem nicht pleite. Wenn sie es doch tun, dann hat das nichts mit dem feh lenden Parkplatz vor der Haustür zu tun.

Ich unterstelle jetzt einmal, dass wir alle das gleiche Ziel ha ben. Nur die Wege dahin sind sehr verschieden. Ich hoffe, dass wir auch da irgendwann einen Konsens finden.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das sollte ein positives Schlusswort sein.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Sehr gut, Frau Grünstein! Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Lusche für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Splett hat es schon angesprochen. Wir ha ben zuletzt im Dezember in diesem Haus über diese Thema tik gesprochen, aber auch schon davor, und auch schon im Ausschuss. Es lohnt dann immer ein Blick ins Protokoll. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Kollegin Grünstein, aus Ih rer damaligen Rede:

Sie könnten jetzt sagen: Da ist doch schon alles gesagt und eigentlich auch schon von fast jedem. Damit hätten Sie sogar recht.

(Abg. Rosa Grünstein SPD: Genau!)

Genau so verhält es sich. Ich habe dem Protokoll weiter ent nommen, dass der Kollege Ehret bereits damals angekündigt hat, man werde die Große Anfrage der FDP/DVP noch ein mal an exponierter Stelle auf die Tagesordnung bringen. Dass daraus jetzt nach Ihrer Auffassung ein Exponat im Antiquari at geworden ist, wird er sicherlich bedauern.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Meine Damen und Herren, zur Sache einige wenige Bemer kungen, weil hier in der Tat schon sehr viel Richtiges gesagt worden ist und sich an der Grundsatzdiskussion überhaupt nichts geändert hat. Kollege Scheuermann hat das im Dezem ber noch einmal auf den Punkt gebracht. Wir können nicht über Idealzustände reden, sondern wir müssen sehen, wie wir Zielkonflikte gelöst bekommen. Er hat auch völlig zu Recht gesagt, dass wir hier Neuland betreten haben.

Jetzt höre ich auf der einen Seite: „Bringt alles nichts, taugt alles nichts“; „wir brauchen mehr Ausnahmen“; „ist nicht ge rechtfertigt“. Auf der anderen Seite höre ich: „Viel zu viele Ausnahmen, muss noch viel intensiver werden.“ Irgendwo keimt da in mir der Verdacht, dass gerade im vorliegenden Zielkonflikt die Landesregierung und die sie tragenden Frak tionen bei der Umsetzung dieser ganzen Geschichte so falsch nicht liegen.

Es bleibt dabei, dass wir eine rechtliche Vorgabe, die wir von der EU bekommen haben, umzusetzen haben. Lieber Kolle ge Bachmann, das Problem bei der ganzen Geschichte ist: Wer durch die Lande zieht und sagt, das bringe alles nichts, der muss in der Konsequenz viel schärfere und einschneidendere Maßnahmen fordern. Denn es gibt nun einmal den Rechtsan spruch darauf, dass die Grenzwerte einzuhalten sind. Mit die ser Argumentation wäre ich also vorsichtig.

Nach den Zahlen, die mir vorliegen und bekannt sind, ist im Übrigen festzustellen – das ist ja etwas Erfreuliches, und das sollte man an dieser Stelle auch einmal sagen –, dass sich die Luftqualität im Land verbessert hat. Nach den Zahlen, die mir bekannt sind, haben wir etwa in Stuttgart eine Verbesserung um 15 % beim Feinstaub. Das sollte man an dieser Stelle durchaus festhalten.

(Zuruf von der SPD: Wie ist es am Neckartor?)

Dazu komme ich gleich noch.

Was noch viel wichtiger ist: Wir haben weitere Veränderun gen zu gewärtigen. Wir haben in Zukunft nicht nur Vorgaben für die PM10-Feinstäube, sondern auch für die viel feineren PM2,5-Feinstäube. Offenbar zeigen die Modellrechnungen, dass man in der Lage sein wird, das bis zum Jahr 2011 gros so modo einzuhalten.

Es bleiben aber natürlich die Problembereiche. Da muss ge nau das passieren, was in einem vernünftigen Verwaltungs vollzug passieren muss: Man schaut sich an, ob die Regelung trägt, und wenn man nachsteuern muss, dann steuert man nach, wie es hier in Stuttgart gemacht worden ist.

Ich denke, bei den Feinstäuben sind und bleiben wir in einer Situation, dass ich jedenfalls für meine Fraktion sagen kann: Hier wird ein verträglicher Verwaltungsvollzug praktiziert, und die verschiedenen Interessen hinsichtlich Gesundheit, So zialem und Wirtschaft werden in Einklang gebracht.

Im Übrigen: Bei den Ausnahmen muss man auch aufpassen. Die einen Ausnahmen stehen bereits bundesrechtlich fest, und die anderen erfolgen im Wege des Verwaltungsvollzugs. Für die bundesrechtliche Seite ist Baden-Württemberg nicht ver antwortlich.

Was Sorge machen muss – damit kommen wir zum Thema Fristverlängerung –, ist, dass im Grunde schon jetzt feststeht, dass man bei den Stickstoffdioxiden überhaupt nicht in einer einigermaßen verträglichen Art und Weise hinbekommen wird, was die EU da vorgibt. Das hängt eben mit dem Web fehler der EU-Gesetzgebung zusammen, die bei der Immissi on ansetzt und knallharte Grenzwerte vorgibt, aber anderer seits bei der Emission – Tempo der Einführung der Normen Euro 5 und Euro 6 – hinterherhinkt. Das ist jedoch etwas, was wir auf Landesebene nicht gelöst bekommen können, sondern

womit wir in irgendeiner Form werden umgehen müssen. Wenn man bedenkt, dass Euro 5 und Euro 6, die etwa beim Schwerverkehr bis zu 90 % Reduktion bringen, erst ab 2011 bzw. 2014 verpflichtend werden und dann auch noch Einfüh rungszyklen bevorstehen, dann weiß man, über welche Zeit räume man redet.

Ich wage hier ganz einfach einmal die Prognose, dass man über die in der Luftqualitätsrichtlinie enthaltene Klausel, die eine Revision bis spätestens 2013 vorsieht, wird reden müs sen. Denn mir – jetzt komme ich noch zu den Messstellen – kann niemand erzählen, dass in Mailand und an anderer Stel le überall wunderbare Luft vorhanden ist und nur hier in Ba den-Württemberg alles verpestet ist – was allerdings kein Frei brief wäre, nichts zu tun. Es ist wichtig, bei dieser Geschich te noch einmal zu versuchen, auf der EU-Ebene vollzugstaug liche Regelungen hinzubekommen.

Strich darunter – wie Kollege Scheuermann immer sagt –: Wir haben volles Vertrauen in einen vernünftigen Verwaltungs vollzug durch unsere Ministerin und werden den eingeschla genen Kurs kritisch-wohlwollend weiter begleiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! Eine der besten Reden heute Abend!)

Das Wort erteile ich Frau Ministerin Gönner.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in der Debatte, die vor einem Vierteljahr in diesem Haus stattgefunden hat und auf die schon mehrfach Bezug genommen wurde, sinngemäß gesagt – ich kann jetzt nicht so wunderbar aus dem Protokoll zitieren –: Die Luftqua lität in Baden-Württemberg ist gut. In der Fläche werden wir in Baden-Württemberg alle geltenden Grenzwerte einhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, daran hat sich nichts geändert. Ich finde, dass wir dies bei den Debatten zum The ma Feinstaub, die wir jetzt in regelmäßigen Abständen füh ren, nicht vergessen sollten. Hin und wieder entsteht mit Blick auf das, was Herr Bachmann zum Nebel in London gesagt hat, tatsächlich der Eindruck, dass wir hier entsprechende Schwie rigkeiten hätten.

Ich will zugeben – nicht zugeben; das ist einfach so, das ist ein Fakt – –

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Zugeben!)

Nein. Es gibt – wie soll ich das jetzt sagen? – naturwissen schaftliche Phänomene, bei denen gibt es nichts zuzugeben, sondern die misst man, und dann stellt man das fest. Da gibt es nichts zuzugeben, sondern das ist einfach so.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Die Messwerte haben in diesem Jahr an zwei Messstationen in Baden-Württemberg den Grenzwert für Feinstaub an mehr als den zulässigen 35 Tagen überschritten. Das liegt jetzt aber nicht daran, dass zu wenig getan wurde. Vielmehr war – auch dazu haben wir einmal eine Untersuchung in Auftrag gegeben

demjenigen, der den Wetterverlauf in diesem Winter be trachtet und beobachtet hat, klar, dass diese Gefahr natürlich wieder besteht, weil wir in einem nicht unerheblichen Maß Inversionswetterlagen hatten.

Ich gehöre ganz bewusst nicht zu denen, die es ausschließlich auf das Wetter schieben. Denn auch wir wissen, dass man mit entsprechenden Maßnahmen erfolgreich sein kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen aber auch, dass es eben lokal begrenzte Bereiche mit hoher Schad stoffbelastung gibt, dass dort in einem nicht unerheblichen Maß der Straßenverkehr deutlich mehr beteiligt ist als in an deren Bereichen. Nur, die Feststellung dieser Tatsache führt noch nicht zu einer Verteufelung des Autos. Auch das ist mir wichtig.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das will niemand ver teufeln!)

Die Aussage allerdings – das will ich auch sagen –, es müsse erst geklagt werden, bevor im Land etwas passiert, finde ich bemerkenswert. Ich erinnere mich an die Einführung der Um weltzonen. Da wurde dem Land Baden-Württemberg vorge worfen, es würde viel zu viele Umweltzonen einrichten, wir seien Spitzenreiter in Deutschland hinsichtlich der Einrich tung von Umweltzonen. Wir haben uns in diesem Punkt durch sämtliche Rechtsprechungen, die auf unterschiedlichen Ebe nen ergangen sind, bestätigt gefühlt, diesen Weg zu gehen.