Protocol of the Session on December 10, 2009

Stattdessen findet im Landtag von Baden-Württemberg ein Schönreden statt. Die Finanzierungsprobleme der Unternehmen, Herr Minister Pfister, werden von Ihnen seit Monaten verharmlost. Erst Anfang Dezember haben Sie endlich verstanden, dass die Kreditversorgung für die Unternehmen schwierig ist, und erst jetzt sagen Sie: Die sinkende Kreditdynamik ist ein eindeutiges Alarmzeichen. Sie haben sehr lange gebraucht, um zu diesem Fazit zu kommen, meine Damen und Herren. Auch da wurde vieles verschlafen.

Wir sind uns mit dem Kollegen Schmiedel darin einig: Das Problem ist das Eigenkapital. Die Unternehmen haben in den Monaten der Krise in Anbetracht von dramatischen Umsatzrückgängen logischerweise ihr Eigenkapital aufgebraucht und haben jetzt ein Problem der Bonität und deswegen ein Problem, an Kredite zu kommen.

Wir haben vorgeschlagen, einen Eigenkapitalfonds einzurichten.

(Minister Ernst Pfister: Haben wir doch! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Die geben aber nur an Erste-Sahne-Unternehmen Geld! – Gegenruf des Ministers Ernst Pfister: Dann müssen sie ihn verbes- sern!)

Man muss der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft mehr Möglichkeiten geben, mit stillen Beteiligungen das Eigenkapital der Unternehmen zu stärken. Just ein paar Tage, nachdem wir das vorgeschlagen hatten, hat der Minister dann auch in einer Presseerklärung gesagt, dass in diesem Monat, also im Dezember, über die L-Bank der Eigenkapitalfonds um 100 Millionen € aufgestockt wurde. Dann scheint es ja der richtige Weg zu sein.

(Minister Ernst Pfister: Völlig einig!)

Die Frage ist, ob das, was Sie angekündigt haben, tatsächlich reicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Die Landesregierung verschnarcht wichtige Entwicklungen bei der Elektromobilität, sie verharmlost die schwierige Finanzsituation der Unternehmen, und der Ministerpräsident setzt sich dafür ein, dass es keine strengen CO2-Grenzwerte gibt. Klar ist, dass Baden-Württemberg als Industriestandort so nicht vorankommen kann. Wir haben ein massives Problem, meine Damen und Herren.

Sie haben gelobt, dass bei Daimler in Sindelfingen Forschung und Entwicklung ausgebaut werden sollen. Das ist positiv. Aber die Frage ist: Was passiert denn mit Beschäftigten, die dafür nicht qualifiziert sind, die älter sind? Da haben wir ein Problem. Die Landesregierung hat in Sachen Qualifizierung nichts unternommen. Wenn wir lesen, dass bei 240 000 Menschen, die in Kurzarbeit sind, im dritten Quartal gerade einmal 16 000 an Qualifizierungsmaßnahmen teilgenommen haben,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ein Armutszeugnis!)

dann sehen Sie, dass das eine verpasste Chance für die Beschäftigten ist. Es ist aber auch eine riesige verpasste Chance für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Das Land hat viele Stärken. Diese Stärken gilt es zu nutzen. Dafür müssen wir uns den Herausforderungen der Zukunft stellen. Schönreden, Schönbeten und Aussitzen hilft nicht. Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die auch eine gute Klimapolitik ist. Beides muss zusammengehen. Dann wird die baden-württembergische Wirtschaft gut und gestärkt aus der Krise herauskommen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Sitzmann, Sie kommen mir mittlerweile vor wie der alte Cato.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Der hatte aber recht!)

Egal, über welches Thema wir diskutieren: Sie sprechen über den Klimawandel.

(Zurufe von den Grünen, u. a. Abg. Franz Unterstel- ler: Für Sie ist das natürlich kein Thema!)

So, wie Cato seine Reden im römischen Senat – egal, worum es ging – mit dem Satz beendet hat: „Übrigens, Karthago muss zerstört werden“, fangen Sie jedes Mal mit dem Thema Klimawandel an.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das stimmt doch!)

Mich wundert, Frau Sitzmann, dass Ihre Freiburger „Jagd“ auf Herrn Friedl nicht auch noch mit dem Klimawandel begründet wurde.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP/ DVP und der CDU)

Natürlich ist es richtig, das Thema Elektromobilität zu verfolgen; das tun wir auch. Da behaupten Sie, es sei zu wenig und zu spät.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Das hat Cato auch schon gesagt!)

Aber wir tun es. Sie behaupten, wir würden alles schönreden.

(Zurufe von der SPD und den Grünen)

Selbst Herr Schmiedel hat vorhin dargestellt, dass die Forschungsinfrastruktur in Baden-Württemberg gut ist. Aber er hat uns den Vorwurf gemacht, wir würden das den DaimlerManagern zu wenig erklären, und deshalb würden sie abwandern. Ich glaube, Herr Schmiedel, entscheidend ist nicht die Frage, ob wir es ihnen erklären oder nicht. Entscheidend ist vielmehr die Frage: Was ist vorhanden? Wenn das, was vorhanden ist, gut ist – dass dem so ist, haben Sie vorhin ausgeführt –, dann haben wir, glaube ich, auch beste Chancen, dass die Arbeitsplätze in Baden-Württemberg erhalten bleiben.

Frau Sitzmann, natürlich kann man argumentieren, die Arbeitsplätze in der Produktion des SL bei Mercedes seien keine guten Arbeitsplätze, weil der CO2-Ausstoß bei der SL-Klasse zu hoch sei.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Genau! Völlig rich- tig!)

Aber ich glaube, man muss das schon etwas differenzierter sehen. Das tut offenbar selbst Herr Schmiedel.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Bei der Forschungs- und der Bildungsinfrastruktur können Sie doch nicht behaupten, dass wir nichts täten. Wenn vier von

neun deutschen Eliteuniversitäten in Baden-Württemberg stehen, können Sie doch nicht sagen, unsere Forschungs- und Bildungsinfrastruktur sei schlecht. Wenn wir 528 Millionen € für eine Bildungsinitiative zur Verfügung stellen, können Sie sagen: „Damit sind wir nicht einverstanden. Das machen Sie falsch.“ Sie wären eine noch schlechtere Opposition, als Sie es ohnehin schon sind, wenn Sie da etwas anderes erzählen würden.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge- ordneten der CDU)

Aber Sie können doch nicht bestreiten, dass das vorhanden ist, meine Damen und Herren. Vor diesem Hintergrund nun immer zu behaupten, wir würden nur alles schönreden, es würde in Baden-Württemberg nichts geschehen, es ginge nichts vorwärts,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Aber so ist es doch!)

widerspricht den Realitäten fundamental.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Zu- ruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Aus diesem Grund kann der Wirtschaftsminister Gutachten wie das von Prognos, nach dem die baden-württembergische Wirtschaft die besten Zukunftsaussichten nach dieser Krise hat, zu Recht zitieren.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Sie sind ein Gesundbe- ter! Sie sollten Fraktionsvorsitz machen, nicht ge- sundbeten!)

Das zu hören passt Ihnen nicht. Aber es ist so, meine Damen und Herren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! – Abg. Bärbl Mie- lich GRÜNE: So ein dummes Zeug!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aktuelle Debatte unter Punkt 1 der Tagesordnung ist damit beendet.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich darf um Ruhe bitten.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Keine Steuersenkung auf Pump! – beantragt von der Fraktion GRÜNE