(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Für einen Parlamentarier ist das aber eine furchtbare Aussage!)
Herr Kollege Schmid, Ihre Zwischenrufe machen diese Debatte nicht gerade besonders hochqualitativ, um das auch einmal deutlich zu sagen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Ihre Arroganz ist wirklich unanständig! – Zurufe der Abg. Christine Rudolf SPD und Franz Untersteller GRÜNE)
Die Bildungsplanreform aus dem Jahr 2004 hat gerade den Aspekt der Migrantenförderung besonders berücksichtigt, und das nicht nur im Bereich der Hauptschulen, sondern in allen Schularten. Das heißt, die Bildungspläne geben den Rahmen dafür vor, auf welche Aspekte unsere Pädagogen im Unterricht besonderen Wert legen müssen.
Die Einrichtung der Vorbereitungsklassen und Vorbereitungskurse ist ein weiteres Beispiel. Ein wichtiger Aspekt ist, dass die operativ und pädagogisch eigenständigen Schulen die Möglichkeit haben, sich im Rahmen ihres Profils nochmals besonders dieser Zielgruppe zuzuwenden. Gerade die Entwicklung der Ganztagsschulen eröffnet den Schulen besondere Möglichkeiten, durch zusätzliche Angebote im Rahmen der Integration tätig zu werden.
Die PISA-Studien 2000 bis 2006 haben im Ländervergleich erwiesen, dass sich der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Baden-Württemberg deutlich gelockert hat, während er in Ländern mit sechsjähriger Grundschule sehr eng geblieben ist. Eine Schulstrukturdebatte verbietet sich also gerade in diesem Zusammenhang von selbst. Es gilt die alte pädagogische Wahrheit: Wenn wir über gute pädagogische und bildungspolitische Rahmenbedingungen diskutieren, um im Besonderen gerade die Kinder mit Migrationshintergrund zu fördern, sind immer die Qualität des Unterrichts und die Förderinstrumente, die im Unterricht selbst angelegt werden, und nicht die äußere Form der jeweiligen Schulart maßgeblich.
Deswegen konzentrieren wir uns in diesem Zusammenhang auf die Qualität und nicht auf die Schulstruktur.
Nun komme ich zu Maßnahmen, die wir darüber hinaus in Angriff genommen haben und noch in Angriff nehmen werden. Natürlich kommen neue Herausforderungen auf unsere Lehrkräfte zu. Lehrkräfte werden in ihrer Aus- und Fortbildung gerade auf diese Aufgaben vorbereitet, was die schu
lische Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund betrifft. Nicht ohne Grund haben wir eine spezielle Multiplikatorenschulung in die Wege geleitet, um den Lehrkräften gerade bei den regionalen Fortbildungsveranstaltungen das Rüstzeug zu geben, das pädagogische Personal an ihren Schulen gerade in diesem Bereich zu qualifizieren.
Zweites Stichwort – damit bleibe ich konkret, Frau Kollegin Rastätter –: Sie wissen, dass wir uns in der konkreten Diskussion über die Neugestaltung des Lehramts befinden, und zwar sowohl im Primarbereich als auch im Bereich des zukünftigen gemeinsamen Lehramts der Werkrealschule/Hauptschule und Realschule. Die Diagnose und Förderung gerade dieser Kinder und Jugendlichen wird in den Inhalten der Lehrerbildung eine besondere Berücksichtigung finden. Auch Deutsch als Zweitsprache wird einen besonderen Stellenwert einnehmen.
Wichtig ist auch: Die Auswirkungen soziokultureller Strukturen werden ebenfalls mit in die Lehrerbildung einbezogen. Das heißt, die Lehrergeneration von morgen wird bestens gerüstet sein, um diese Herausforderungen in Angriff nehmen zu können.
Darüber hinaus haben die sechs Pädagogischen Hochschulen des Landes einen gesetzlichen Auftrag, auch Fortbildungsangebote zu etablieren. Aber daneben sind sie bereits tätig, indem alle sechs Pädagogischen Hochschulen des Landes Angebote zum Thema „Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund“ etabliert haben.
Damit, meine Damen und Herren, mache ich deutlich, dass sich die Landesregierung längst auf dem Weg befindet, auch für die Generation der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die heute bei uns leben, die besten Voraussetzungen zu schaffen, damit sie die gleichen Bildungschancen wie die anderen Kinder und Jugendlichen haben. Was der Einzelne daraus macht, liegt letztlich auch in seinem eigenen Ermessen und seinem eigenen Leistungsvermögen. Der Staat kann dem Einzelnen seine persönliche Verantwortung natürlich nicht abnehmen.
Ich darf noch einen aktuellen Hinweis geben. Sie wissen, dass die Landesregierung, speziell das Kultusministerium, intensive Gespräche mit den Konsulaten führt.
Sie wissen auch, Frau Rastätter, dass wir hier schon sehr kontrovers über den Stellenwert des muttersprachlichen Unterrichts diskutiert haben.
Infrage stand nicht, dass dieser Unterricht sinnvoll ist. Vielmehr ging es um die Frage der Ausgestaltung.
Wir sind mit den Konsulaten in intensiven Gesprächen da rüber, im muttersprachlichen Unterricht das zu bewahren, was für die Kinder wichtig ist, nämlich die regionale, die nationale und die kulturelle Identität. Kein Migrant in unserem Land soll diese „verhökern“ oder verleugnen. Aber es muss eine Brücke gebaut werden. Integration gelingt nur dann, wenn zum einen die Identität bewahrt und zum anderen die Brücke zur Integration hergestellt und Entscheidendes geleis tet wird, sich hier in die Gesellschaft zu integrieren.
Damit ist es unser Ziel, im Sinne einer Abrede mit den Konsulaten einen Weg zu finden, dass auch Kooperationen vor Ort in Form von Tandemunterricht möglich werden, bei dem Lehrkräfte der Konsulate gemeinsam mit den Lehrkräften an unseren Schulen, besonders in den Grundschulen, pädagogische Konzepte entwickeln und umsetzen.
Mit dem italienischen Generalkonsulat sind wir diesbezüglich bereits auf dem Weg. Es freut mich, dass das türkische Generalkonsulat vor Kurzem eine Öffnung signalisiert hat, dass wir auch hier eine wichtige Weiterentwicklung vornehmen können.
Das betrifft übrigens auch die Anwerbung von Interessenten für den Lehrerberuf. Es ist richtig: Lehrkräfte mit Migrationshintergrund, die wir in den Schuldienst einstellen können, sind gute und wichtige Vorbilder für diese Kinder. Gleichzeitig ist es aber auch richtig, dass eine Werbekampagne kontinuierlich angelegt werden muss. Das tun wir auch. Nur: Eine Wirkung auf dem Lehrerarbeitsmarkt wird sich nicht kurzfristig, sondern nur mittel- und langfristig entfalten. Insofern sind dazu Hartnäckigkeit, aber auch Kontinuität und langer Atem erforderlich.
In diesem Sinne darf ich abschließend sagen: Baden-Würt temberg ist das Land, das sich aufgrund der Datenlage, die ich skizziert habe, dieser Herausforderung in besonderem Maß stellen muss. Aber gleichzeitig ist Baden-Württemberg das Bundesland, das in der Tat auch vieles vorweisen kann. Wir sind damit auf dem richtigen Weg.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der vorliegenden Initiativen.
Der Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/3891, beinhaltet in Abschnitt I einen Berichtsteil, der durch die Aussprache ebenfalls erledigt ist.
Ich lasse nun über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 14/4645, abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mehrheitlich angenommen.
Wir haben nun noch über Abschnitt II des Antrags Drucksache 14/3891 abzustimmen. Wer diesem Abschnitt zustimmt,
(Heiterkeit – Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE – Abg. Klaus Herrmann CDU: Vielleicht wollen sie nicht mehr zustimmen!)
Sie stimmen zu? – Wer stimmt dagegen? – Abschnitt II des Antrags Drucksache 14/3891 ist mehrheitlich abgelehnt.
Frau Kollegin Rastätter, wollen Sie über den Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/4067, nicht mehr abstimmen lassen?
(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Doch! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Wir kämpfen! – Abg. Klaus Herr- mann CDU: Die Ausführungen des Staatssekretärs waren überzeugend! – Gegenruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Er ist schon weg! Er hatte es eilig!)
Doch. Dann stimmen wir auch über diesen Antrag ab. Der Antrag beinhaltet ausschließlich Handlungsersuchen. Wer dem Antrag Drucksache 14/4067 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu der Mitteilung des Justizministeriums vom 26. Mai 2009 – Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten; hier: Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr – Drucksachen 14/4557, 14/4598
Das Präsidium hat keine Aussprache vorgesehen. Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. – Es ist so beschlossen.