(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Jetzt aber! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt wird aber wieder zur Sache gesprochen! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jimmy, gib’s ihnen! – Vereinzelt Heiterkeit – Weitere Zurufe – Unruhe)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein fast so alter Antrag wie der, über den wir vor der Mittagspause gesprochen haben. Das betrifft aber nur den Antrag. Herr Sakellariou, Ihnen hätte ich mehr Sensibilität zugesichert.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Zugetraut! – Abg. Ka- trin Altpeter SPD: Das sagt der Richtige! – Abg. Rai- ner Stickelberger SPD: Das Problem besteht doch noch! – Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)
(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Mit Verträgen hat die Landesregierung kein Glück! – Vereinzelt Heiter- keit)
Wir haben unterzeichnet, nicht Sie. Aber an Verträge müssen auch Sie sich halten. Das muss ich Ihnen ernsthaft sagen. Dieser Vertrag ist einzuhalten.
Ich gebe Ihnen recht: Es ist nie von vornherein gesagt worden, wie die JVA Hünfeld 10 %, 15 % einsparen soll.
Ich vergleiche keinen hessischen Beamten mit einem badenwürttembergischen oder gar schwäbischen Beamten.
Bei uns funktioniert der Laden. Ich bin kein großer Freund – das räume ich ein – dieser Privatisierung oder Teilprivatisierung.
Aber ich sage Ihnen: Bei 18 großen Haftanstalten, die wir haben, sollten wir die Chance nutzen. Am nächsten Mittwoch ist die feierliche Eröffnung – das hat nach vielen Jahren endlich funktioniert – der Justizvollzugsanstalt Offenburg. Wenn nicht dort, wann dann und bei welcher Anstalt könnten wir von Anfang an mit einer Teilprivatisierung beginnen?
Wir müssten dort – so kann man es errechnen – gleich von vornherein rund 100 Justizvollzugsbeamte mehr einstellen. Das decken wir jetzt über die Teilprivatisierung ab, und zwar in einzelnen Bereichen wie Wäscherei, Küche, Medizin, Unterricht, Psychologie. Lassen Sie uns die Teilprivatisierung jetzt fünf Jahre machen. Dann evaluieren wir, oder wir prüfen zwischendurch.
Ich erhoffe mir, dass der Herr Minister nachher die Zusicherung gibt: Bis zur ersten Evaluierung und bis zum ersten Ergebnis – ob in zwei, drei oder fünf Jahren – sollten wir in keiner weiteren Haftanstalt eine Teilprivatisierung vornehmen, bevor wir nicht in Offenburg Erkenntnisse gewonnen haben.
Deshalb: Eine Einsparung von 1 Million € ist auch etwas. Da sind auch noch die 19 % Mehrwertsteuer eingerechnet.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Lassen Sie den Hinweis auf Hünfeld weg. Von der Privatisierung in Hünfeld halte ich ganz persönlich nichts. Von den Privatisierungen in Frankreich halte ich auch nichts.
Es hängt ja davon ab, ob ein Handwerksmeister oder ein Ingenieur, der bei uns im Bereich des vollzuglichen Arbeitswesens tätig ist, in der Lage ist, Aufträge hereinzuholen. Einem Justizvollzugsbeamten in Frankreich – ich möchte hier keinen diplomatischen Fehltritt machen –
ist es, ehrlich gesagt, wurst, ob er einen Auftrag hereinholt. Er bekommt sein Gehalt so oder so. Aber ich kenne unter den über 400 Handwerksmeistern, die nach Aufträgen schauen, nicht einen, dem es wurst wäre. Sie holen Aufträge herein. Ich muss ehrlich sagen: Die brauchen die Privatisierung vielleicht in vollem Umfang – wir nicht. Aber lassen Sie uns die Teilprivatisierung in Offenburg testen. Ich bin zuversichtlich, dass das funktioniert.
Im Übrigen verstehe ich Ihren Antrag nicht. Ich weiß nicht, welche Strafe wir zahlen müssten, wenn wir jetzt wirklich aussteigen würden. Es reicht doch, dass wir schon für andere Beamte, die wir in die Wüste schicken, zahlen müssen.
In diesem Sinn: Lassen Sie Ihre Bedenken beiseite, begleiten Sie bitte die teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt Offenburg offen und ehrlich, ohne zu kritisieren.
(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Nennen Sie doch einmal einen Grund, warum man es gerade in Baden- Württemberg privatisieren soll! – Abg. Stephan Braun SPD: Außer Ihrer Zuversicht haben wir jetzt nichts gehört!)
Wir sparen 1 Million €. Zum anderen sparen wir definitiv die Einstellung von rund 100 Justizvollzugsbeamten. Das tes ten wir jetzt durch. Wenn es unter dem Strich bei der einen Million bleibt, bin ich offen. An eine Einsparung in Höhe von 10 bis 15 % habe ich nie geglaubt; das wurde aber auch nie zugesichert. Jetzt sind es 4 %. Leben wir damit. Seien Sie einmal zuversichtlich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Themen „Privatisierung von Justizvollzugsanstalten“ und „Wirtschaftlichkeitsprognose für die teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt Offenburg“ stehen jetzt auf der Tagesordnung. Man kann dem Kollegen nicht vorwerfen, dass es jetzt ein Jahr her ist, seit er den Antrag gestellt hat, der heute im Plenum zur Debatte steht. Dieser Vorwurf greift sicher nicht. Das sind parlamentarische Verfahren, für die er nichts kann.
Interessant ist, dass gerade nächste Woche die Eröffnung der Justizvollzugsanstalt Offenburg öffentlich gefeiert und begangen wird. Insofern hat die Debatte tatsächlich auch einen aktuellen Anlass.
Wenn man nun einmal Revue passieren lässt und überlegt, ob Privatisierung im Kernbereich hoheitlicher Tätigkeit, in dem wir uns bewegen, Sinn macht – –
Kollege Zimmermann, Sie wissen: Wir sind nicht fundamental gegen jede Privatisierung. Überall dort, wo sie sinnvoll ist, wo sie bessere Ergebnisse erzielt, als dies im staatlichen Bereich der Fall ist, stehen wir ihr offen gegenüber. Aber es gibt die Justizvollzugsanstalt im hessischen Hünfeld. Der Kollege hat es erwähnt: Das war der Anlass für seinen Antrag. Da kann man jetzt nicht sagen, Hessen sei im Kongo oder sonst wo. Hessen ist gleich nebenan. Die Prognosen, die man dort vonseiten der Landesregierung abgegeben hat, sind hinten und vorn nicht erfüllt worden.
Deshalb ist doch die Nachfrage gestattet, wohl wissend, Herr Kollege Zimmermann, dass Verträge abgeschlossen worden sind, dass man die Verträge nicht kündigen kann. Nicht einmal der Kollege Sakellariou hat beantragt, dass man den Vertrag kündigt und da aussteigt.