Protocol of the Session on April 22, 2009

debeiträgen dazu klar. Eine Reihe von Fragen und Problemen sind noch offen, die, glaube ich, ihren Praxistest erst noch bestehen müssen. Aber im Grundsatz, in den großen Linien, stimmen wir von den Grünen hier im Landtag diesem Reformvorhaben zu,

(Beifall der Abg. Manfred Groh CDU und Hagen Kluck FDP/DVP)

weil es richtig und notwendig ist. Warum stimmen wir zu? Weil wir glauben, dass mit diesem neuen Rechnungswesen, mit dieser Doppik, endlich eine Nachhaltigkeit in das Gemeindehaushaltsrecht einziehen wird. Wir glauben, dass das ein gutes Steuerungsinstrument ist, um die politischen Ziele in den Kommunen auch langfristig wirtschaftlich umzusetzen, Herr Kollege Heiler.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Es muss aber gleichzeitig auch die Bedeutung der Gemeinderäte und der Kommunalparlamente stärken. Es ist auch unser Ziel, dass das zu einer Stärkung der kommunalen Parlamente führt. Ich hoffe natürlich auch, dass die Räte dort diese Chance ergreifen, mit der Formulierung von Zielen ein gutes und auch betriebswirtschaftliches Steuerungs- und Buchhaltungsmittel zum Einsatz zu bringen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Schauen wir ein- mal!)

Es ist wichtig, dass buchhalterisch und in Zahlen dargelegt ist, dass Verschuldung und Entscheidungen nicht einfach locker auf nachfolgende Generationen übertragen werden sollen. Ich betone es nochmals: Die Nachhaltigkeit hält endlich Einzug in das Gemeindehaushaltsrecht.

Es ist uns auch wichtig, dass der Ressourcenverbrauch hier in dieser Form abgebildet wird. Ich glaube, es ist eine der wichtigsten Aufgaben, dass wir die Sicherung kommunaler Ressourcen vor Augen haben.

Wir setzen weiter darauf, dass die Doppik mehr Transparenz hineinbringt, vor allem was die Darstellung der Gesamtverschuldung bringt, und dass, wenn es Probleme und Schwächen gibt, diese offenkundig und auch zutage gefördert werden.

Ich halte es allerdings für problematisch, dass wir hier ein Gesetz verabschieden, das alle über einen Kamm schert. Ich hätte es gern gesehen, wenn es so etwas wie eine „Doppik light“ oder ein Haushaltsrecht gegeben hätte, das die Dinge in einer Art Baukastensystem darstellen ließe. Wir hätten es ebenso begrüßt, wenn die Gemeinden – wie es in Bayern war – zumindest übergangsweise ein Wahlrecht gehabt hätten.

Es sind noch immer die Fragen offen: Wie unterliegt dieses Gesetz der Konnexität? Wie gehen wir damit um? Es ist wohl mit den kommunalen Landesverbänden abgesprochen worden, aber so ganz sauber scheint mir das nicht zu sein. Jedenfalls wird es die Gemeinden mit Umstellungskosten belasten, die wir bis heute nicht detailliert und genau beziffern können.

Bei allen Hoffnungen muss jedoch eines klar sein: Es wird deswegen nicht mehr Geld in die Haushalte gespült, sondern

das ist eine andere Form der Rechnungslegung. Daher ist mit der neuen Form der Rechnungslegung nicht garantiert, dass alle Gemeinden deshalb noch wirtschaftlicher als bisher arbeiten werden.

(Abg. Manfred Groh CDU: Aber nicht ausgeschlos- sen!)

Der Umstellungsprozess geht bis 2016. 20 Gemeinden haben das System bereits umgestellt. Wir müssen natürlich schauen, dass das Gesetz – so, wie es vorgesehen ist – zwei Jahre später auf den Prüfstand kommt, um festzustellen, ob es auch wirklich seine Wirkung – die wir heute hier erhoffen – erzielt hat.

Für mich ist klar: Wenn das Land hier etwas einfordert, muss immer derjenige, der fordert, ein Vorbild sein.

(Abg. Walter Heiler SPD: Sehr gut!)

Deshalb ist es das Ansinnen der Fraktion GRÜNE, dass das Land möglichst schnell, sofern das gesetzgeberisch möglich ist, auch auf diese Form der Rechnungslegung umstellt. Denn nur wer Vorbild ist, kann auch fordern.

Wir stimmen dem Gesetzesvorhaben zu.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer für die Fraktion der FDP/DVP.

(Zuruf von der SPD: Auf nach Europa!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer kennt nicht die Diskussionen in kommunalen Gremien, das aufgeregte Erschrecken von Kommunalpolitikern, wenn nach 30 Jahren eine Turnhalle saniert werden muss oder eine Schule nicht in Ordnung ist und man dann feststellt, dass man eben nicht, wie ein privates Unternehmen, entsprechende Abschreibungen eingerechnet hatte und Einnahmen dann anderweitig ausgegeben hat und sich eine zu großzügige Infrastruktur geleistet hat?

(Abg. Walter Heiler SPD: Ja!)

Jeder aktive Kommunalpolitiker kennt dies. Dem hat ja die Reformbewegung in den Kommunen entgegengewirkt, die im Grunde genommen in den Niederlanden ihren Ausgang genommen hat und mit dem neuen Steuerungsmodell auch zu uns kam.

Wenn wir heute nach einer 16-jährigen Reformdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland nun auch in Baden-Würt temberg ein neues kommunales Haushaltsrecht einführen, dann ist dies wahrhaft ein historischer Moment. Man sollte an dieser Stelle nicht so tun, als ob das Land den Kommunen etwas überstülpen würde, sondern das haben die Kommunen selbst gemacht.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Es waren die Fachleute an den Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung, die im Grunde genommen von den Gemein

den, den Städten und den Kreisen aus die Reformbewegung vorangetrieben haben, die auch andere öffentliche Institutionen – Land und Bund – ermutigen wollten, auf die kaufmännische Buchführung umzusteigen.

Das Neue – das hat Kollege Groh schon zutreffend ausgeführt – am kommunalen Haushaltsrecht, wie es in dem Gesetzentwurf enthalten ist, ist die Berücksichtigung des Ressourcenverbrauchs, die intergenerative Gerechtigkeit, die Umstellung von der Inputsteuerung zur Outputsteuerung. Es kommt nicht darauf an, wie viel Geld zur Verfügung gestellt wird, sondern darauf, auf das zu achten, was hinten herauskommt, auf die Ergebnisorientierung in der öffentlichen Verwaltung. Das ist allein mit der Doppik natürlich noch nicht erreicht; ergänzend müssen Produkte, Produktdefinitionen, Zieldefinitionen hinzukommen. Dazu gehören auch eine Kosten- und Leistungsrechnung

(Abg. Walter Heiler SPD: Das haben wir schon jetzt ohne Doppik!)

und ein entsprechendes Prozessmanagement. In den Städten und Gemeinden und in den Landkreisen befinden wir uns bereits mitten in diesem Prozess. Ich glaube, wir haben große Fortschritte erzielt, aber wir sind noch nicht ganz am Ziel angekommen.

Heute legt der Landtag in zweiter Lesung die Grundlage dafür, dass nun für alle Kommunen im Land Baden-Württemberg die Rahmenbedingungen entsprechend gesetzt werden. Die Pilotkommunen haben gute Erfahrungen damit gemacht. Wir als FDP/DVP haben uns dafür ausgesprochen, dass zum einen ein einheitliches Haushaltsrecht für alle kommt, schon wegen der Vergleichbarkeit. Wir sind damit in guter Gesellschaft. Die Flächenländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Saarland, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,

(Abg. Walter Heiler SPD: Alles erfolgreiche Kom- munen!)

und Sachsen haben sich für den gleichen Weg, nämlich für die doppelte Buchführung als Maßstab, ausgesprochen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Nichts hat es ihnen ge- nützt! – Abg. Walter Heiler SPD: Was hat es ihnen gebracht?)

Ein Parallelsystem erweiterter Kameralistik halten wir für nicht zielführend, weil es eine Doppelaufwendung wäre.

Die Umstellung auf das neue Haushaltsrecht bringt nicht mehr Geld in die Kassen, zeigt aber Ressourcenverbräuche auf, die ohnehin da sind. Insofern richtet sich das Argument auch gegen Sie selbst, Herr Kollege Heiler. Es bringt auch nichts, wenn man sich das schönrechnet oder wenn man den Gemeinderäten und der Bevölkerung vorenthält, welche Belastungen in der Zukunft noch da sind.

(Abg. Walter Heiler SPD: So dumm sind die nicht! – Abg. Reinhold Gall SPD: Weder die Gemeinderäte sind blöd noch die Bevölkerung!)

Die Anhörung und die Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden waren sinnvoll. Die Anregungen des Gemeindetags konnten nicht vollständig aufgenommen werden, aber

wichtige Forderungen des Gemeindetags Baden-Württemberg wie der Verzicht auf ein spezielles Haushaltsstrukturkonzept konnten aufgenommen werden. Die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit fließt jedenfalls in den Kennzahlenkatalog ein. Gleichzeitig haben wir insbesondere eine lange Übergangsfrist bis zum Jahr 2016 eingeräumt.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Manfred Groh CDU: So ist es!)

Das hat einen entscheidenden Vorteil. Hier kann ich aus eigener Erfahrung berichten, weil die Gemeinde, für die ich als Oberbürgermeister Verantwortung trage, eine der drei Großen Kreisstädte im Regierungspräsidium Karlsruhe ist, die ihr Sys tem umgestellt haben. Wir haben sowieso ein neues Finanzsoftwaresystem einführen müssen und haben jetzt in einem Aufwasch auch das neue kommunale Haushaltsrecht mit eingeführt. Wenn man das so macht, entstehen keine zusätzlichen Hardwarekosten, sondern es fallen ausschließlich Schulungskosten für das Personal an; deshalb auch die lange Übergangsfrist. Ich meine, wir haben hier der Notwendigkeit der sparsamen Haushaltsführung der Kommunen Rechnung getragen.

In einem Punkt haben Sie recht: Wir werden als FDP auf Landes- und auch auf Bundesebene dafür kämpfen, dass hier auch das kaufmännische Rechnungswesen Einzug hält.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Walter Heiler SPD: Bis wann? – Abg. Reinhold Gall SPD: Dann passiert ja nichts! Da sind wir beruhigt!)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rech.

(Abg. Walter Heiler SPD: Herr Rech, denken Sie da- ran, dass Sie einmal Gemeinderat waren!)

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Heiler, ich denke schon daran, dass ich einmal im Gemeinderat war. Ich denke auch daran, in welcher Weise wir damals über Kommunalfinanzen und Haushalt diskutiert haben.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt nicht wieder alles schlechtmachen!)