Protocol of the Session on April 22, 2009

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts – Drucksache 14/4002

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 14/4289

Berichterstatter: Abg. Walter Heiler

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Herrn Abg. Groh von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Zweiten Beratung über die Reform des Gemeindehaushaltsrechts bringen wir ein Gesetz auf den Weg, das die Haushaltsplanung, den Vollzug und die Rechnungslegung, also die gesamte kommunale Haushaltswirtschaft, grundlegend ändert.

Die letzte große Änderung des kommunalen Haushaltsrechts datiert aus dem Jahr 1974. Heute, 35 Jahre später, führen wir mit der neuen Haushaltssystematik Veränderungen durch zur nachhaltigen Prozessoptimierung, zum Einsatz betriebswirtschaftlicher Konzepte, zur Erfüllung nationaler wie internationaler Ansprüche und vieles mehr.

Innerhalb der CDU-Fraktion haben wir uns die Entscheidung für die kommunale Doppik nicht leicht gemacht, und zugegebenermaßen konnten auch nicht alle Einwendungen ausgeräumt werden. Gleichwohl sind wir deutlich überwiegend der

festen Überzeugung, eine zukunftweisende Richtung eingeschlagen zu haben.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Künftig werden Ressourcenaufkommen und -verbrauch, die Ziele und Wirkungen kommunalen Handelns sowie die Vermögenssituation im Vordergrund stehen. Die Experten sprechen von der outputorientierten Betrachtung der kommunalen Produkte. Die kommunalen Entscheidungsträger werden somit von Anfang an und in Kenntnis aller finanzwirksamen Auswirkungen im Bezugszeitpunkt die Entscheidung treffen können.

Kommen wir zum eigentlichen Kern unserer Haushaltsreform:

Erstens: Insbesondere unter dem Blickwinkel der Generationengerechtigkeit ist mit der neuen Informationsbasis eine erhöhte Aufgaben- und Zweckkritik möglich.

Zweitens: Die Produktzuordnung aller Einnahmen und Ausgaben bietet dem Gemeinderat eine umfassende Beurteilung unter Einbeziehung von Aufwand und Abschreibung einerseits und Finanzierung andererseits.

Drittens: Die Finanzrechnung liefert die künftigen Informationen zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit.

Viertens: Die Bilanz wird über alle zur Aufgabenerfüllung eingesetzten Vermögenswerte Klarheit schaffen.

Erstmals werden die tatsächlichen Vermögens- und Kapitalausgaben der Kommunen einschließlich aller tatsächlichen Verbindlichkeiten in der Bilanz ausgewiesen. Richtig ist, dass der Gemeindetag die Notwendigkeit eines Gesamtabschlusses für Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern gefordert hat. Auch nach nochmaliger Überprüfung halten wir es aber für ausreichend, Ausnahmen zuzulassen, wenn die Auslagerungen von untergeordneter Bedeutung sind. Durch diese sachgebundene Regelung ist eine größtmögliche Flexibilität gewährleis tet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie bei allen Neuerungen gibt es Zustimmung und Ablehnung, so auch bei diesem Reformvorhaben. Es mag sein, dass einige Kommunen, besonders die kleinen Gemeinden, für ihre Belange nicht so viele Vorteile sehen und mit der bisherigen Betrachtung und Ausrichtung gut und ausreichend versorgt waren. Wenn es aber darauf ankommt – da sind wir uns, wohl mit Ausnahme der SPD, sogar fraktionsübergreifend einig –, die Effektivität kommunalen Handelns, die Effizienz der eingesetzten Haushaltsmittel, die Generationengerechtigkeit, die Produktzuordnung und eine allumfassende Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund zu rücken, dann allerdings reicht die Kameralistik kaum noch aus.

Wenn immer mehr Vergleiche mit privatwirtschaftlichem Handeln gefordert werden, dann muss auch im öffentlichen Bereich das gleiche Instrumentarium gelten. Mit anderen Worten: Die Spielregeln müssen die gleichen sein – annähernd die gleichen –, sonst vergleicht man Äpfel mit Birnen.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Natürlich ist auch mir bekannt, dass die Kommunen eine andere Aufgabenstellung, nämlich die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, zu bewerkstelligen haben. Ich greife beispielhaft Public Private Partnership heraus, weil wir uns aktuell mit der Komplexität dieser Alternative beschäftigen. Die SPD lehnt diese alternative Finanzierungsform strikt ab, zum Teil mit sehr populistischen Argumenten. Dabei verkennt sie, dass es nur um die produktorientierte Wirtschaftlichkeitsprüfung geht, also um die seriöse Ermittlung der günstigsten Alternative beim Umgang mit Steuergeldern.

Deshalb frage ich die SPD, was sie eigentlich will: die sture Rücksichtnahme auf Vorschriften oder den wirtschaftlicheren und sparsameren Umgang mit unseren Steuergeldern.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Reinhold Gall SPD: Wol- len Sie sagen, dass die Kommunen bisher nicht wirt- schaftlich agiert haben?)

Das steht doch gar nicht zur Diskussion.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Doch! Sie behaupten es doch gerade!)

Es geht hier um das Instrumentarium, dass man eine Wirtschaftlichkeitsprüfung seriöser Art durchführt und auch zu dem Ergebnis kommen kann, dass eine alternative Finanzierung durchgeführt wird.

(Abg. Walter Heiler SPD: Warum machen es dann Bund und Land nicht?)

Die machen es doch auch.

(Abg. Walter Heiler SPD: Was? – Abg. Reinhold Gall SPD: Lächerlich!)

Natürlich wird das durchgeführt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wo macht ihr das hier im Land?)

Im Land kann ich Ihnen 20 Projekte zeigen, die über diesen Weg gemacht wurden.

(Abg. Walter Heiler SPD: Doppik!)

Meine Damen und Herren, immer wieder werden Forderungen laut – ich komme zu Ihrem Thema, Herr Heiler –,

(Abg. Walter Heiler SPD: Ich weiß!)

dass auch das Land selbst die Doppik einführen müsse und den Kommunen nicht ständig mehr abverlangen solle als sich selbst. Nun, liebe Kollegen – Herr Heiler, Sie sind nicht allein; Herr Schlachter und Herr Theurer fordern das ebenfalls –: Zunächst muss die Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes durch den Bund abgewartet werden. Da können Sie ja ein bisschen mithelfen. Dann werden wir uns sicherlich wieder über die Fortentwicklung des Landeshaushaltsrechts unterhalten. Jetzt jedenfalls ist es dafür zu früh.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Also nie! Dann dau ert’s!)

Allerdings, lieber Herr Kollege Heiler, würde mich schon einmal interessieren, warum Sie die Doppik ablehnen und sie

gleichzeitig für das Land einfordern. Da sehe ich einen gewissen Widerspruch.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig! – Abg. Wal- ter Heiler SPD: Ich werde Ihnen gleich sagen, wa- rum!)

Mit der Kameralistik ist eine Produktzuordnung wegen der starren systembedingten Trennung der Ausgabearten nicht ohne Weiteres herstellbar. Künftig aber lautet das Produkt z. B. „Förderung von Kindern bis drei Jahren in Gruppen in Tageseinrichtungen“, und alle Aufwandsarten sind dieser Haushaltsstelle zugeordnet.

Das Produkt kann auch „Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Betreuungsgesetz“ heißen. Erstmals erfahren alle, was bei dieser Position über Jahre hinweg an Personal, Sachaufwand und Investitionen direkt anfällt.

Meine Damen und Herren, diejenigen Kommunen, die bereits seit einiger Zeit mit der Doppik arbeiten, haben durchweg gute Erfahrungen gemacht und begrüßen die erhöhte Aussagekraft der neuen Haushaltssystematik. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die positive Befragung in NordrheinWestfalen zum kommunalen Haushaltsrecht. Dort wird schon seit Längerem mit der Doppik gearbeitet.

(Abg. Walter Heiler SPD: Wer steht denn besser da, die nordrhein-westfälischen oder die baden-württem- bergischen Kommunen?)

Der SPD empfehle ich die Lektüre dieser Befragung über das neue kommunale Finanzmanagement aus dem Jahr 2008. Herr Heiler, das sollten Sie sich einmal besorgen.

(Abg. Walter Heiler SPD: Wer steht denn besser da, die nordrhein-westfälischen oder die baden-württem- bergischen Kommunen?)

Ich denke, dass unser Land sehr gut dasteht.

Die CDU-Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.

Für Ihre Aufmerksamkeit ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Gundolf Fleischer und Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)