Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die wesentlichen Inhalte dieses Gesetzentwurfs sind bereits vom Minister und von den Kollegen dargestellt worden. Die Umstellung auf ein neues Rechnungswesen – da darf man sich nichts vormachen – bringt zunächst einmal nicht mehr Geld in die kommunalen Kassen. Man kann den Euro nur einmal ausgeben.
Wenn wir das jetzt machen, wenn wir dies vorschlagen, dann lautet die entscheidende Frage: Worum geht es? Mit diesem neuen Rechnungswesen soll eine Entscheidungsgrundlage für die kommunalen Mandatsträger geliefert werden, die verhindert, dass aufgrund falscher Informationen Entscheidungen getroffen werden, die langfristige Fehlentwicklungen auslösen.
Andersherum formuliert: Ich habe in meiner Praxis als Oberbürgermeister viele Diskussionen im Gemeinderat gehabt. Da haben sich Gemeinderäte darüber echauffiert, dass man, wenn eine Turnhalle nach einer gewissen Zeit saniert werden muss, hierfür nicht genügend Mittel im Haushalt hat. Warum? Weil die Kameralistik dafür in der reinen Einnahme- und Ausgaberechnung keine Vorsorge trifft.
Hätte man eine kaufmännische Buchführung, dann würden diese Ressourcenverbräuche auch im Rechnungswerk dargestellt. Der entscheidende Fortschritt bei der Umstellung auf die doppelte Buchführung ist das Sichtbarmachen, die Transparenz dieser Ressourcenverbräuche. Deshalb befürworten und fordern wir als FDP seit vielen Jahren die Einführung der kaufmännischen Buchführung.
Überhaupt sind wir der Meinung, dass kaufmännisches Denken, und zwar das klassische Leitbild des Kaufmanns, der Kauffrau, auch für die öffentliche Hand genau richtig ist,
dass man sich überlegen muss, nur Investitionen zu tätigen, die man auch später noch langfristig und nachhaltig finanzieren kann.
Schade ist, dass wir in Baden-Württemberg nicht früher mit diesem Gesetzentwurf zurande gekommen sind. Mittlerweile haben das bereits zwölf von 16 Bundesländern gemacht. In den Unterlagen können Sie nachlesen, dass wir vornedran waren. Es waren baden-württembergische Gemeinden, die modellhaft die doppelte Buchführung, die Doppik, eingeführt haben. Wir kamen dann etwas ins Stocken, weil es auch Widerstände und Bedenken in der kommunalen Familie gab. Diese Lern- und Entscheidungsphase war – im Nachhinein betrachtet – doch nicht schlecht, man konnte Erfahrungen sammeln. Wir haben intensiv das Gespräch insbesondere mit den kommunalen Landesverbänden gesucht, also mit denjenigen, die dieses Verfahren hinterher in der Praxis umsetzen müssen.
In diesem Zusammenhang wurde die Frage gestellt, ob die Umstellung auf das neue Verfahren die Kommunen Geld kos tet. Nach dem Konnexitätsprinzip müsste dies ausgeglichen werden. In den Beratungen haben wir festgestellt, dass die Kosten für die Einführung des neuen Haushaltsrechts, wenn man die Übergangsfristen lange genug wählt, fast vernachlässigbar gering sind. Nehmen Sie als Beispiel die Software im Finanzwesen. Diese Software ist nach einigen Jahren sowieso zu ersetzen, denn sie läuft aus. Wenn man mit der Umstellung auf das neue Rechnungswesen so lange wartet, bis sowieso eine neue Software gekauft werden muss, entstehen keine zusätzlichen Kosten. Man ersetzt die alte kameralistische Software durch eine neue doppische.
Dann bleiben noch die Schulungskosten. Aber auch hier gibt es Beispiele dafür, wie die Kommunen diese Schulungen von eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchführen ließen und dadurch das neue Verfahren praktisch kostenneutral einführen konnten.
Auch für den Steuerzahler und den Bürger entstehen keine höheren Kosten, denn die kaufmännische Buchführung macht
nur die Ressourcenverbräuche transparent, die sowieso entstehen. Auch wenn wir es im Haushalt nicht ausweisen: Die Turnhalle, die wir gebaut haben, wird älter und muss nach einer gewissen Zeit, nach 20, 25 oder 30 Jahren, ersetzt werden. Mit der kaufmännischen Buchführung wird nur sichtbar, dass dieser Ressourcenverbrauch auf uns zukommt.
Uns, der FDP/DVP-Fraktion, war es wichtig, dass die Bedenken der Gemeinden aufgenommen werden. Wir haben dem auch Rechnung getragen. Auf das Haushaltsstrukturkonzept wird verzichtet. Beim Gesamtabschluss wird es Ausnahmeregelungen geben. Das Wichtigste ist, dass es eine ausreichend lange Übergangsfrist bis zum Jahr 2016 geben wird, bis diese Regelung verpflichtend sein wird. Damit ist den berechtigten Bedenken der Kommunen ausreichend Rechnung getragen. Jetzt geht es darum, dass wir dieses Konzept umsetzen. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir damit eine Grundlage schaffen, um in Zukunft vernünftig mit Steuergeldern umzugehen.
Wir als FDP fordern schon lange, dass diese kaufmännische Buchführung nach ihrer Einführung in den Kommunen auch im Landeshaushalt und im Bundeshaushalt eingeführt wird. Jetzt beginnen wir einmal bei den Kommunen, dann sind wir als Land gefordert, und schließlich erheben wir diese Forderung auch an den Bund.
Meine Damen und Herren, bei der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. Sie stimmen dem zu. – Es ist so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Viertes Gesetz zur Bereinigung des baden-württembergischen Landesrechts (Viertes Rechtsbereinigungsgesetz – 4. RBerG) – Drucksache 14/4110
Meine Damen und Herren, die Regierung verzichtet auf eine Begründung, und die Fraktionen sind übereingekommen, bei der Ersten Beratung keine Aussprache zu führen. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. Sie stimmen dem zu. – Es ist so beschlossen.
Die nächste Sitzung findet morgen, Donnerstag, 19. März 2009, um 9:30 Uhr statt. Der Parlamentarische Abend von BUND und NABU beginnt um 18:30 Uhr.