Zweites Beispiel: Das Ausführungsgesetz zum Verbraucherinformationsgesetz ist eher ein Verhinderungsgesetz geworden. Dem kritischen Verbraucher werden eher Stolperfallen in den Weg gelegt, statt dass man ihn ermuntert, konstruktiv daran mitzuwirken, dass sich die Anbieterseite entsprechend reformiert.
Der Verbraucher, der gesundheitsbezogene Auskünfte nachfragt, ist kein Bittsteller, sondern er nimmt sein Recht wahr. Unsere Lebensmittelüberwachungsbehörden leisten sehr viel, und das sei dankbar anerkannt. Aber sie sind auch Dienstleis ter für die Bürger und Bürgerinnen. Dies zu vermitteln und eine einheitliche Praxis in diesem Land zu verordnen, haben Sie versäumt.
Herr Minister Hauk, Sie sind gern die Speerspitze des Verbraucherschutzes. So jedenfalls versuchen Sie in der Öffentlichkeit aufzutreten.
Aber es gibt hier Baustellen, wo Sie Ihren Einfluss nicht wahrnehmen – wenn Sie denn das wollen, was Sie immer verkünden. Ein Beispiel ist der Informantenschutz, der in Berlin laufend an der CDU/CSU-Fraktion scheitert. Einst war dieser Schutz eine Forderung des Zehnpunktepapiers von Seehofer. Es geht darum, dass Mitarbeiter in Betrieben geschützt werden, wenn sie Missstände in ihren Betrieben anprangern und in die Öffentlichkeit bringen. Da geht es um Whistleblowing, wie man das so schön nennt. Dies ist nicht nur z. B. bei Gammelfleisch notwendig, sondern auch bei unerlaubter Datenschnüffelei, wie wir sie jüngst erfahren haben. Eine solche Regelung gibt es in fast allen Ländern der Europäischen Union, aber in Berlin scheitert die Regelung an Ihren Parteifreunden. Was tun Sie dafür, dass sich das endlich ändert?
Ein zweites Beispiel ist die nährwertbezogene Kennzeichnung von Lebensmitteln, die berühmte Ampel. Wir haben hier schon darüber diskutiert. Die neue Bundesverbraucherministerin will diese Kennzeichnung nicht. Was tun Sie, Herr Minister, damit sich dies ändert?
Es gibt Baustellen, weil in Ihrem Haus keinerlei verbraucherpolitische Strategie erkennbar ist, im Übrigen auch nicht, wenn es um die gesunde Ernährung, Frau Staatssekretärin, bei Kindern und Jugendlichen geht. Auch die Verbraucherkommission kritisiert – das bitte ich Sie einmal nachzulesen –, dass es lauter Aktivitäten im Land und bei den Kommunen gibt, aber weder Ziele noch eine Strategie, noch eine Evaluation oder dergleichen erkennbar sind. Die Verbraucherschutzkommission empfiehlt Ihnen, das besser zusammenzufügen, besser zu koordinieren. Hiervon kann keine Rede sein.
Im Ergebnis komme ich dazu, dass das Wort „Verbraucherschutz“ im Namen Ihres Ministeriums deshalb nicht auftaucht, weil Sie diese Strategie vermissen lassen. Sie setzen hier und da Highlights, aber wirkliche Verbraucherpolitik machen Sie nicht. Deshalb können wir wahrscheinlich lange warten, bis Ihr Haus auch diesen Namen trägt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kipfer, die Überschrift Ihres Redebeitrags könnte lauten: „Bis heute nichts geschehen.“ Das habe ich für mich noch in dem Sinn ergänzt, dass Herrn Küblers Rede eigentlich auch eine zeitlose Agrarhaushaltsrede war. Die kann man jedes Jahr wiederholen. Die passt immer.
(Heiterkeit der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – La- chen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Was Sie bringen, wissen wir auch schon!)
Das ist eine Art Stillstand, der in ganz bestimmten Bereichen immer wieder zum Ausdruck kommt. Während weltweit tatsächlich Zweifel an der herkömmlichen, althergebrachten Agrarpolitik herrschen und der Gedanke an einen Wandel aufkommt, bleibt hier immer alles beim Alten. Ich will ein paar Punkte dazu aufführen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie sagen, ich kann es nicht verstehen! – Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Der Weltagrarbericht hat im letzten Jahr ganz deutlich ausgedrückt: „Business as usual is not an option.“ Das ist zwar Englisch, sollte aber trotzdem bei der CDU ankommen. In diesem Frühjahr wird dieser Bericht in seiner Endfassung herausgebracht.
Die EU hat gerade eine Pflanzenschutzmittelverordnung in Arbeit. Darin werden krebserregende und bienengiftige Stoffe
verboten. Das geht Ihnen in der Agrarpolitik des Landes natürlich viel zu weit. Deswegen kämpfen Sie immer dagegen an. Aber die EU ist diesmal auf der richtigen Seite.
Man kann das fortsetzen: Der Bund, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, hat gestern entschieden, die Zulassung für diese bienengefährlichen Stoffe, die Neonicotinoide, weiterhin ruhen zu lassen. Sie haben das ganze letzte Jahr mit aller Vehemenz dafür gekämpft, dass die se Stoffe eingesetzt werden – obwohl hier in Baden-Württemberg ein Bienensterben in Massen stattgefunden hat. Auch jetzt sind Sie unglücklich über dieses Verbot.
Ein anderes Beispiel ist die Bodenschutzrichtlinie, die zum ersten Mal EU-weit eine Regelung in der Frage treffen würde, wie qualifizierter Bodenschutz, Erosionsschutz stattfindet. Da wird von Baden-Württemberg aus mit aller Vehemenz dafür gekämpft, dass diese Bodenschutzrichtlinie nicht europaweit umgesetzt wird. Auch jetzt, im zweiten Anlauf bleiben Sie dabei, zu sagen: „Nein, diese Richtlinie nicht.“ Was Sie eigentlich meinen, ist: „Nie wollen wir einen qualifizierten Erosionsschutz oder Bodenschutz.“
Für jemanden, der sich gegen die Gentechnik einsetzt, war der gestrige Tag natürlich ein Highlight. Deswegen habe ich mir die Meldung noch einmal herausgeschrieben: „Bayern verbannt Genpflanzen ins Treibhaus.“ Mein Gott!
Dazu muss man eigentlich einmal einen Minister zitieren. Die baden-württembergischen Minister eignen sich leider nicht, wohl aber CSU-Minister. Der bayerische Umweltminister, Herr Söder, sagt:
Gestoppt werden auch neue Genanbauversuche, die das Bundessortenamt in Bayern starten will. Ich zitiere nochmals den bayerischen Umweltminister:
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da hat er recht! Und von Baden-Württem- berg!)
Ich glaube, da zeigt sich auch schon der erste Einfluss grüner Politik in Bayern. Herzlichen Glückwunsch nach Bayern. Ich würde mir wünschen, dass das hier in Baden-Württemberg auch einmal so funktioniert.
Die Begründung der CSU war auch noch klasse: Die Verbreitung von Genpollen in der Natur soll damit ausgeschlossen werden. Unser Ministerium dagegen sagt in dieser Frage: Daran forschen wir die ganze Zeit, das wollen wir untersuchen usw. – Diese Argumentation ist immer wieder dieselbe alte Leier.
Herr Hauk, mit Ihren Gentechnikversuchen verprellen Sie die Verbraucher, die Kreise, die Gemeinden, die Bauern, die Imker und die Naturschützer.
Beenden Sie so schnell wie möglich endlich diese unsinnigen Versuche in Rheinstetten und Ladenburg. Sie wollen ja – Sie haben es angekündigt – so weitermachen. Beenden Sie diese Versuche, bevor sich andere Landesregierungen, z. B. die in Bayern, über die Genpollen aus Baden-Württemberg beschweren.
Sie bringen sich vielfach ein. Sie laufen auch mit Hochdruck und Volldampf, aber dummerweise in die falsche Richtung.