Protocol of the Session on February 11, 2009

Stichwort „Mobilität ist Zukunft“. Wir stehen gemeinsam mit den Industrie- und Handelskammern zu Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung. Wie sagte Kurt Beck: „Lieber ein Haus im Grünen, als die Grünen im Haus.“

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge- ordneten der CDU)

Damit komme ich zum Komplex 3: Schienenverkehr. Lieber Kollege Wölfle, Ihre Anträge zu Stuttgart 21 erinnern immer wieder an den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

(Heiterkeit und Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP)

Wann sehen Sie endlich ein, dass Stuttgart 21 Voraussetzung für attraktive Fern- und Nahverkehrsverbindungen ist?

(Zuruf des Abg. Werner Wölfle GRÜNE)

Wann sehen Sie endlich ein, dass nur mit Stuttgart 21 ein Flächenrecycling in der Größenordnung von rund 100 ha möglich ist, und wann sehen Sie endlich ein, dass der Bau von Tunneln das beste Lärmschutzprojekt ist?

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Werner Wölfle GRÜNE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ärgerlich an Baden-Würt temberg 21 ist einzig und allein,

(Abg. Hans Heinz CDU: Dass es so teuer ist!)

dass das Land mit seinen Partnern Milliarden an Baukosten investieren muss. Der Bau der Fernverkehrsverbindungen ist Kernaufgabe des Bundes. Seit über einem Jahrzehnt Rot-Grün und Rot-Schwarz hat der Bund diese Kernaufgabe sträflich vernachlässigt. Weil Baden-Württemberg als Land diese verfehlte Politik ausgleichen muss, fehlt es an Geld für Landesstraßen, Stadtbahnen und Radwege.

Statt seine Hausaufgaben zu machen und seinen Kernaufgaben im föderalen Staat nachzukommen, verplempert der Bund das Geld mit der Gießkanne. Ein Beispiel ist die Abwrackprämie. 1,5 Milliarden € nimmt der Bund in die Hand, um, wie er sagt, die heimische Automobilindustrie zu stützen. 2 500 € – das mögen 5 % der Anschaffungskosten für einen neuen Daimler sein. Was glauben Sie, wie viele Besitzer von Fahrzeugen mit einem Wert unter 2 500 € die restlichen 47 500 € in der Portokasse haben? Kein Wunder, dass Autokonzerne mit so urschwäbischen Namen wie „Hyundai“ und „Dacia“ jubeln: ein echter Beitrag der Bundesregierung zur Stützung der darbenden rumänischen und koreanischen Exportindus trie.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Hätte der Bund das Geld in neue Autobahnen investiert, hätten bei Baukosten von ca. 12 Millionen € je Kilometer weit über 100 km neue Autobahnen gebaut oder alte Autobahnen grundsaniert werden können. Das wäre ein Konjunkturprogramm für die heimische Bauindustrie und ein Segen für die heimischen Autofahrer gewesen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Peter Hofelich SPD: Einsames Klatschen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird Zeit. „Mobilität ist Zukunft“ – es wird Zeit, dass man dies in Berlin erkennt. „Die eine Generation baut die Straße, auf der die nächste fährt“ – es wird Zeit, dass man in Berlin nicht nur über die Zukunft redet, sondern sie auch gestaltet.

Wie sagte Theodor Heuss: „Baden-Württemberg ist ein Modell deutscher Möglichkeiten.“ Es wird Zeit, dass auch in Berlin eine Koalition in unseren Landesfarben Schwarz-Gelb regiert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Alfred Winkler SPD: Der ar- me Theodor!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Rech das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst Folgendes sagen: Heute Morgen stand zu Recht die Finanzkrise im Mittelpunkt. Deswegen will ich am Anfang meiner Rede sagen: Trotz dieser Finanzkrise bleibt es Ziel der Landesregierung, jetzt und in den Folgejahren einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Ich sage als Innenminister: Ich stehe voll hinter diesem Ziel. Dies wird auch in diesem Etat deutlich.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Innenministerium leistet seinen Beitrag und trägt den finanzpolitischen Aufgaben Rechnung. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ist die Hauptverantwortung, die der Innenminister hat und die wir alle heute in diesem Haus haben.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Zitat Theodor Heuss!)

Da wird es eben sehr konkret mit der Politik. Kollege Hans Heinz hat dies in seinem Eingangssatz sehr deutlich gemacht, in dem er darauf hingewiesen hat, dass dieser Einzelplan 03 trotz eines großen Volumens von 3,9 Milliarden € nur mit 0,6 % Zuwachs versehen ist.

Damit will ich deutlich machen, Herr Kollege Gall: Die Rezepte von vorgestern fahren jeden öffentlichen Haushalt an die Wand. Sie wenden erneut die Rezepte von vorgestern an; das kommt auch in Ihren Anträgen zum Ausdruck. Sie heißen: Neuen Aufgaben, neuen Herausforderungen begegnet man am allerbesten mit neuem Personal und neuem Geld. Das funktioniert halt nicht mehr.

Da muss man sich schon entscheiden. Wenn man sonntags hinter den hehren Zielen steht, die wir alle, Bund und Länder, uns setzen – ausgeglichene Haushalte, Verantwortung gegenüber der nächsten Generation –, muss dies auch mittwochs, donnerstags oder freitags Konsequenzen haben, dann muss die Politik konkret werden. Dann verlässt man diesen Fall – –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Stehen Sie jetzt zu Ihren 800 Neueinstellungen oder nicht?)

Dazu komme ich noch. – Sie aber beantworten neue Herausforderungen mit Forderungen nach mehr Geld und neuem Personal. Dies reicht nicht aus. Da muss Politik schon ein bisschen kreativer werden.

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es! – Abg. Alfred Winkler SPD: Aber Theodor Heuss brauchen wir da- zu auch nicht mehr!)

Ich zeige Ihnen nachher, wie das geht.

Meine Damen und Herren, mit Limitkürzungen, globalen Minderausgaben und Einsparauflagen haben wir zur Konsolidierung und zum Ausgleich des Landeshaushalts beigetragen und werden auch im Haushaltsvollzug – Kollege Sckerl hat vorhin darauf hingewiesen – alles daransetzen, die vorgegebenen Einsparauflagen dann auch umzusetzen. Das Innenministerium leistet dies in voller Verantwortung seiner landespolitisch sensiblen und zentralen Aufgabenfelder innere Sicherheit, Verkehr, Straßenbau und vieles andere mehr.

Wir stellen gleichwohl sicher, dass bei Polizei, Verfassungsschutz, Feuerwehr und Katastrophenschutz weiterhin die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen und dass die Arbeits- und Leistungsfähigkeit unserer allgemeinen Verwaltungsbehörden gewahrt bleibt. Ich komme aus einem freien Beruf und habe große Achtung und großen Respekt vor der Leistungsbereitschaft und Kompetenz unserer Verwaltung auf allen Ebenen. Dazu sage ich nachher noch etwas.

Dass der öffentliche Nahverkehr bedarfsgerecht betrieben und ausgebaut werden muss, ist keine Frage. Was die Landesstraßen anbelangt, müssen die erforderlichen Mittel zur Erhaltung in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Auch das ist klar; hierzu sage ich nachher ebenfalls noch etwas.

Meine Damen und Herren, wenige Schwerpunkte möchte ich noch setzen. Vieles ist schon gesagt worden, und vieles haben wir in den Ausschüssen schon diskutiert. Viele Themen werden uns auch erhalten bleiben; diese Themen spare ich jetzt einmal aus.

Zur inneren Sicherheit möchte ich auf ein aktuelles Thema eingehen, weil Herr Kollege Sckerl zu Recht angemahnt hat, dass er heute konkrete Zahlen zu den Kosten und Aussagen dazu hören will, wie wir im weiteren Verfahren miteinander umgehen.

Es ist wohl keine Frage, dass das Doppelgipfeltreffen zum 60-Jahr-Jubiläum der NATO in Baden-Baden, Kehl und Straßburg ein herausragendes Ereignis von bundespolitischer, wenn nicht weltpolitischer Bedeutung ist, jedenfalls von interna tionaler Bedeutung. Zum ersten Mal wird ein solches Treffen durch zwei Gastgebernationen ausgerichtet. Es werden Staats- und Regierungschefs aus 35 Nationen teilnehmen, Partnerstaaten der NATO usw.

Anwesend sind auch mehrere Tausend Medienvertreter – auch darauf möchte ich hinweisen –; man geht gegenwärtig von 3 000 aus. Sie werden den Verlauf der Veranstaltung beobachten und hierüber weltweit berichten. Darin liegt auch unsere Chance.

Der Gipfel ist eine der größten Herausforderungen für unsere Sicherheitskräfte in den letzten Jahrzehnten, keine Frage. Er bietet aber auch die große Chance, dass sich dieses Land als weltoffen und gastfreundlich erweist. Auf der anderen Seite muss auch die Sicherheit der Teilnehmer sehr konsequent gewährleistet werden. Ich füge gleich hinzu: Natürlich muss auch das gewährleistet sein, was in unserem Grundgesetz als Grundrecht verankert ist: Meinungsfreiheit und Demonstrationsfreiheit müssen in gleicher Weise gewährleistet werden. Auch dies ist eine Aufgabe unserer Polizei. Wir nehmen sie wahr; das werden Sie sehen. Die Sicherheit der Gipfelteilnehmer muss auf der anderen Seite aber ebenso gewährleistet sein.

Unsere Polizei wird gefordert sein, aber auch der Katastrophenschutz, die Feuerwehr und Rettungsdienste werden vor schwierige Aufgaben gestellt werden. Angesichts der Dimension der Veranstaltung müssen auch die anderen Länder und der Bund die Einsatzmaßnahmen in Baden-Württemberg unterstützen.

Zieht man die Erfahrungen bei vergleichbaren Veranstaltungen wie dem G-8-Gipfel in Heiligendamm heran – obwohl ich sicher bin, dass das letztlich nicht vergleichbar ist, zumindest was die Kostenseite anbelangt –, dann gehen wir von Gesamtkosten von 54 bis 55 Millionen € aus. Aber diese Kosten, lieber Kollege Sckerl, liebe Kolleginnen und Kollegen, orientieren sich natürlich an der Lageentwicklung und am Einsatzgeschehen. Das kann man in weiten Bereichen jetzt noch nicht exakt vorhersagen. Auch die Zahl der einzusetzenden Kräfte ist ja abhängig von der Lageentwicklung.

Die Gesamtkosten, die ich eben genannt habe, setzen sich aus drei Blöcken zusammen. Das will ich noch einmal deutlich differenziert darlegen.

Der erste Block sind die zwangsläufigen Ausgaben für eigene Kräfte sowie für Verpflegung und Unterbringung. Sie haben heute vielleicht in einer dpa-Mitteilung gelesen: Wir errichten hier keine Massenlager für die Polizeibeamten und die übrigen Einsatzkräfte – die haben wir entlang der Rheinschiene im Ortenaukreis nicht –, sondern wir mieten hier – kostengünstig, aber immerhin – in ausreichender Zahl – nämlich 14 000 – Hotelbetten an. Unsere Polizeibeamten und die der anderen Länder sollen hier anständig untergebracht und anständig verpflegt werden; darauf lege ich größten Wert. Das führt zu zwangsläufigen Ausgaben von etwa 29 Millionen €.

Dann kommen Erstattungen an die unterstützenden Länder im Umfang von rund 21 Millionen € hinzu.

Als dritter Block kommen die Kosten für den Einsatz der Bundespolizei, des Technischen Hilfswerks und der Bundeswehr von rund 4 Millionen € hinzu.

Jetzt ist die Frage, ob überhaupt und in welcher Höhe Erstattungsleistungen an den Bund und die anderen Länder tatsächlich zu zahlen sind. Das steht in der Tat noch nicht fest. Inso

weit betrachten wir diese möglichen Erstattungen für den tatsächlich geleisteten Einsatz der Polizeikräfte aus anderen Ländern als noch nicht haushaltsreif. Ich glaube, dies ist fair, transparent und im Sinne der Haushaltswahrheit auch notwendig. Dieser Teil ist noch nicht haushaltsreif. Ich komme nachher noch darauf, wie wir damit umgehen.

Aus Artikel 104 a des Grundgesetzes ergibt sich eindeutig der Grundsatz: Zahlen muss der, der zuständig ist. Beim NATOGipfel obliegt die Gefahrenabwehr und damit grundsätzlich auch die Kostentragungspflicht dem Land.

Ich gehe bisher davon aus, dass der Bund auf eine Kostenerstattung verzichten wird. Darüber muss man dann aber noch endgültig reden.

Erstattungsleistungen – jetzt komme ich auf den Teil zurück, der noch nicht haushaltsreif ist – wollen wir erst nach dem Gipfel im Haushaltsvollzug abwickeln, wenn wir wissen, welche Kosten tatsächlich angefallen sind. Aber wir müssen das natürlich zeitnah machen. Die anderen Länder wollen auch nicht jahrelang auf ihr Geld warten. Das macht im Übrigen auch Baden-Württemberg nicht. Für einen Einsatz wie in Heiligendamm oder die Begleitung eines Castortransports oder Einsätze bei Großsportveranstaltungen stellen natürlich auch wir unsere Rechnungen. Deswegen kann ich prima facie auch nicht davon ausgehen, dass die anderen Länder von sich aus großzügig anbieten, auf Kostenerstattung zu verzichten.

Diese Erstattungsleistungen wollen wir dann natürlich zeitnah sicherstellen. Deshalb brauchen wir im Haushalt 2009 eine Ermächtigung, der zufolge das Finanzministerium nach Zustimmung des Finanzausschusses auch ohne Nachtrag in die erforderlichen über- oder außerplanmäßigen Ausgaben einwilligen kann.