Steigende Studierendenzahlen, 7 500 kooperierende Betriebe und Sozialeinrichtungen und die hohe Übernahmequote, die auch der Kollege schon angesprochen hat, sind Erfolgszahlen, die für sich sprechen. Allerdings hätten wir uns bei der Ausgestaltung des Gesetzes gewünscht, dass die Landesregierung mit dem Ziel, die Berufsakademien mit den anderen Hochschularten gleichzusetzen, wirklich Ernst gemacht hätte.
Wirklich Ernst zu machen heißt hier, dass die duale Hochschule, wie die Berufsakademien jetzt in der Folge heißen sollen, in ihrer Ausgestaltung und in ihrer Ausstattung und damit in ihren Entwicklungsmöglichkeiten tatsächlich mit den anderen Hochschularten gleichgesetzt wird.
Die richtige Zielsetzung des Gesetzentwurfs wird beispielsweise mit der vorgeschlagenen Besoldungsstruktur konterkariert, die eine Beschränkung auf W-2-Stellen vorsieht. Die Qualität der dualen Hochschule und damit ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber den anderen Hochschularten steht und fällt aber mit der Möglichkeit, bei den Berufungen nicht ins Mittelmaß greifen zu müssen, sondern auch den Besten eine klare Perspektive bieten zu können. Ohne die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Budgetierung auch W-3-Stellen ausschreiben zu können, kann die duale Hochschule nicht zu den anderen Hochschulen des Landes aufschließen.
Wird in dieser Beziehung der dualen Hochschule die Gleichstellung mit den anderen Hochschularten des Landes mit der Begründung verwehrt, man wolle hier keine Gleichmacherei, verweigert man ihr zugleich in anderen Bereichen die Möglichkeit, an bewährten Strukturen festzuhalten.
Die Repräsentanz gesellschaftlicher Gruppen, z. B. der Gewerkschaften und anderen überregionalen Gruppierungen, im bisherigen Kuratorium der Berufsakademien hat sich aus unserer Sicht bewährt, weil sie diesem dualen und besonderen Charakter der Berufsakademien entspricht. Sie sind gerade eine wissenschaftliche Ausbildungsstätte, die eine gute Vernetzung und eine gute Verankerung auch mit anderen Organisationen vor Ort hat. Der vorgelegte Gesetzentwurf zerschlägt aus unserer Sicht bewährte Strukturen, die ebendiesen bislang besonderen Charakter der Berufsakademien abgebildet haben.
Wir wollen auch erreichen, dass in der dualen Hochschule die materiellen Zusagen an die Studiengangsleiterinnen und -leiter zuverlässig und unbürokratisch eingehalten werden können. Da geht uns Ihr Antrag einfach nicht weit genug.
Wir möchten die Geburtsstunde der dualen Hochschule nicht von der Sorge um gebrochene Vertrauenstatbestände belastet
wissen. Wir möchten aber auch vermeiden, dass die künstliche Nachahmung der Ansprüche aus der A-Besoldung in der WBesoldung einen sehr bürokratischen Aufwand, einen Aufwand zur Anpassung von Zulagen nach sich zieht. Diese Zulagen sind im W-System nicht fest verankert. Das heißt, da besteht immer die Gefahr, dass man sie auch wieder streichen kann.
In der Frage der Gleichstellung von Frauen und Männern entspricht dieser vorgelegte Gesetzentwurf nicht den Zielen der Gleichstellungspolitik. Gleichstellungsbeauftragte bleiben in den ganz wichtigen Findungskommissionen außen vor. Da haben sie keine beratende Stimme. In diesen Findungskommissionen werden de facto die Entscheidungen getroffen, die später in den Berufungs- und Auswahlkommissionen bestätigt werden. Es wäre wichtig, dass die Gleichstellungsbeauftragten auch hier Mitwirkungsmöglichkeiten haben, damit die gleichstellungspolitischen Ziele, die im Hochschulgesetz verankert sind, hier auch zum Tragen kommen.
Gefreut haben wir uns – das muss ich ausdrücklich sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen –, dass Sie einem Antrag von uns aus dem Wissenschaftsausschuss nun folgen und schwangeren Studentinnen die Möglichkeit geben, ohne auf die Urlaubssemester zurückgreifen zu müssen, Mutterschutz und Elternzeit nehmen zu können. Diese wichtige gemeinsame ers te Zeit mit einem Kind muss, denke ich, ohne den Druck eines Studiums möglich sein.
Aus unserem Antrag ist so ein fast wortgleicher interfraktioneller Antrag geworden, der uns beweist, dass die Gewaltenteilung zwischen den Regierungsfraktionen als Teil der Legislative und der Regierung hier doch nicht gänzlich aufgehoben ist, auch wenn man manchmal diesen Eindruck haben kann. Das muss ich hier schon erwähnen.
Deshalb hoffen wir, dass sich auch in einem anderen Punkt die Vernunft bei Ihnen durchsetzt. Dieser Punkt ist uns sehr wichtig. Da geht es um die Studiengebühren. Wir brauchen keine Bildungsschranken. Das gilt für jedes Lebensalter. Das gilt für den Kindergarten, das gilt für die Schulzeit, und das gilt auch für das Studium.
(Beifall bei der SPD – Abg. Werner Pfisterer CDU: Egal, woher das Geld kommt! – Abg. Claus Schmie- del SPD: Leistungsträger entlasten! – Glocke der Prä- sidentin)
Die Zukunft junger Menschen darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, denn de facto zahlen diese die Studiengebühren. Diese wollen nämlich nicht, dass ihre Kinder mit einer finanziellen Hypothek später ins Berufsleben gehen.
Auf Ihrem Bundesparteitag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, der ja erst jüngst zu Ende gegangen und deswegen noch frisch im Gedächtnis ist, haben Sie die Mitte als Ziel Ihrer Politik ausgemacht.
Deswegen fordere ich Sie auf: Schaffen Sie die Studiengebühren ab! Diese sind nicht sozial verträglich. Sie sind nie sozial verträglich, egal, wie Sie sie ausgestalten.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Namen der Grünen-Fraktion möchte ich hier auch unsere Unterstützung für den ersten Teil des Gesetzes ankündigen, das wir heute beschließen werden, in dem es um die Aufwertung der Berufsakademien und ihre Anerkennung als duale Hochschule geht. Der Weg, der hier beschritten wurde, ist richtig. Wir freuen uns über die Bereicherung der Bildungslandschaft hier in Baden-Württemberg und glauben, dass dies ein Modell auch für andere Bundesländer ist, sich hier anzuschließen.
Kritisiert haben wir – wir werden dies im Zusammenhang mit den dualen Hochschulen auch weiterverfolgen –, dass die Zugangshürden nach wie vor zu hoch sind. Wir finden, dass man hier etwas mutiger vorangehen könnte und erweiterte Zugangsmöglichkeiten schaffen könnte. Wir werden dieses Projekt weiterverfolgen und hoffen, dass Sie auch da mit der Zeit etwas mehr Zutrauen fassen und den Weg mit uns gehen.
Ich möchte in der knappen Zeit, die hier verbleibt, am Ende der Beratungen nur noch einmal auf zwei Punkte eingehen, die strittig sind. Sie haben nichts mit der dualen Hochschule zu tun, sondern mit den weiteren Artikeln im Rahmen dieses Gesetzes, mit denen Veränderungen vorgenommen werden. Es geht bei beiden Punkten um das Thema „Sozialverträglichkeit von Studiengebühren und Studienkrediten“. Ich möchte in diesem Zusammenhang die Anträge, die wir hier heute nochmals vorgelegt haben, kurz umreißen.
Der erste Punkt ist das Thema „Studienkredite und Zinsobergrenzen“. Es war im April dieses Jahres, als das Kabinett beschlossen hat, die überteuerten Studienkredite, die ja nur von wenigen Studierenden in Anspruch genommen wurden – die Inanspruchnahme lag bei nur knapp 3 % bei einem Zinssatz von über 7 % –, dadurch attraktiver zu machen, dass man eine gesetzliche Obergrenze von 5,5 % einführt. Bis dahin hatte man in Baden-Württemberg bundesweit die teuersten Studienkredite. Durch die neue Obergrenze war man auf einmal der günstigste Anbieter geworden.
Was allerdings damals im Dunkeln blieb, war die Frage: Wer soll für diese subventionierte Zinsobergrenze aufkommen? Damals ist gesagt worden: Zunächst der Landeshaushalt, und dann muss man irgendwann einmal schauen. Jetzt finden wir im Kleingedruckten dieses Gesetzes, wer es zahlen soll. Es sind zu unserer großen Überraschung die Hochschulen. Die Hochschulen unseres Landes sollen die Zinsverluste für die L-Bank ausgleichen.
Wir halten das für eine reichlich absurde Idee. Wir geben unseren Hochschulen Globalmittel, damit sie „gescheite“ Hochschulen machen können. Wir verabreden einen Solidarpakt, damit wir Planungssicherheit haben. Warum sollen die Hochschulen dann aus diesen Mitteln die Studienkredite der L-Bank subventionieren? Das ist ein völlig verrücktes Unterfangen. Da wird den Hochschulen ein Kuckucksei untergeschoben, das sie ausbrüten sollen. Sie sollen mit ihren Globalmitteln die L-Bank unterstützen. Das kann so nicht bleiben. Wir fordern Sie hiermit auf, unserem Änderungsantrag beizutreten und dafür zu sorgen, dass die L-Bank selbst für die Zinsverluste aufkommt.
Die L-Bank hat mit der Verwaltung der Studienkredite keine Arbeit. Diese wird weitgehend schon von den Hochschulen übernommen. Die L-Bank hat keinerlei Ausfallrisiko zu tragen. Dafür kommen die Hochschulen auf. Dann wird die L-Bank es schaffen, diese Kredite zu einem Zinssatz von 5,5 % anzubieten. Wir bitten Sie da eindringlich um Unterstützung unseres Änderungsantrags. Sparen Sie sich peinliche Schlagzeilen in der Presse, und treten Sie unserem Antrag bei.
Ein zweites Thema: Studiengebühren. Man kann dieses Thema so angehen, wie es die SPD getan hat. Sie hat gesagt: „Das Studiengebührenmodell der Landesregierung ist nicht sozial verträglich. Wir streichen es.“ Wir als Grünen-Fraktion teilen die Kritik an dem Studiengebührenmodell in Baden-Würt temberg in vollem Umfang. Wir halten es nicht für sozial verträglich. Wir teilen aber nicht die Haltung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass man es dabei belassen könnte, die Regelung ersatzlos zu streichen.
Wir glauben, dass es nicht geht, zu sagen: Studieren ist ein Leben lang in unbegrenztem Umfang ohne Eigenbeteiligung zu machen. Wir glauben, ein Studium ist ein sehr teures, ein sehr wertvolles Gut. Wir finden unser Modell, ein Zeitkonto anzubieten, innerhalb dessen man gebührenfrei studieren kann und das auf der Basis von Studiencredits flexibel verwendbar ist, für den richtigen Weg. Lebenslanges Lernen an der Hochschule würde bedeuten, dass man nach Jahren, wenn man eigenes Einkommen hat, auch mitzahlt und sich an den Kosten dieses wertvollen Gutes beteiligt.
Wir sind bei unseren Änderungsanträgen einen anderen Weg gegangen. Wir nehmen die Landesregierung beim Wort. Sie sagt, sie wolle die Studiengebühren sozial verträglicher machen. Wir präsentieren hier drei Sofortmaßnahmen, Mindestmaßnahmen, die man erfüllen muss, um dem Anspruch gerecht zu werden. Diese Maßnahmen haben wir in einem Antrag vorgelegt.
Wir wollen erstens, dass die Anrechnung von Geschwistern als Befreiungstatbestand unbürokratischer und eindeutiger im Gesetz geregelt wird. Wir haben die Regelung aus Bayern übernommen, die übrigens die Universitätsrektoren auch richtig finden, und bitten Sie, diesem einfachen, klaren, unkomplizierten Verfahren beizutreten.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wir gehen ja noch wei- ter als Bayern! – Der Rednerin wird das Ende ihrer Redezeit angezeigt.)
Ich komme gleich zum Ende. – Wir schlagen zweitens vor, Studierende, die als studentische Vertreter in Hochschulgremien gewählt werden, sollten als Anerkennung für ihr Engagement während ihrer Amtszeit von Studiengebühren freigestellt werden.
Drittens fordern wir als klares und zielgenaues Instrument der sozialen Entlastung dazu auf, alle BAföG-Empfängerinnen und BAföG-Empfänger von Studiengebühren zu befreien. Damit erreichen wir genau diejenigen, deren Eltern in der Tat und nachgewiesenermaßen einen zu schmalen Geldbeutel haben, um Studiengebühren aus eigener Kraft zu zahlen. Sie sollen sofort von Studiengebühren befreit werden. Das können die Hochschulen auch verkraften. Wir fordern Sie auf, diesem Vorschlag beizutreten. Dann könnten wir dem Gesetzentwurf heute auch zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Rede anlässlich der Einbringung des Gesetzentwurfs hatte ich mit einem Appell beendet:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns bei allen Optimierungsversuchen vor allem das Ziel im Auge behalten: Das Gesetz muss zum 1. Januar 2009 in Kraft treten, zum einen damit die Studierenden, die Betriebe und die Hochschullehrer eine verlässliche Grundlage ihrer Arbeit haben, und zum anderen damit die dualen Hochschulen die Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 erhalten.