Protocol of the Session on November 5, 2008

Noch einmal zum Thema Kotau: Was die Grünen und die SPD-Fraktion in den letzten Monaten zum Teil betrieben haben, war Adelsbeschimpfung.

(Widerspruch bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Lächerlich!)

Ich mache keinen Kotau, aber Freiheit, Gleichheit, Geschwis terlichkeit sind mir viel wert. Ich meine, das Haus Baden muss die gleiche Wertschätzung genießen wie alle anderen Bürger und Bürgerinnen unseres Landes auch.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ein Su- perkotau! Unglaublich! 3 500 m2 auf Staatskosten! Da hört die Gleichbehandlung auf! Wo sind wir denn? – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Haben Sie etwas gegen die Gleichbehandlung der in unserem Land lebenden Menschen?

Eines ist auch deutlich geworden: Wir hätten uns eine andere Lösung gewünscht als die, die jetzt vorgelegt worden ist. Wir hätten es z. B. gut gefunden, wenn über eine Stiftung auch private Investoren in dieses Modell integriert worden wären.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Jeder Mittelständler würde sich freuen!)

Der Ministerpräsident hat mit einer Aussage recht: Es ist in dieser Sache schon viel zu lange aufgeschoben worden. Eigentlich hätte es in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts – wie mit dem Haus Württemberg – geklärt gehört. Damals hat man einen klaren Strich gezogen. Das haben unsere Vorvorgänger leider versäumt. Deswegen ist es jetzt erst recht an der Zeit. Wir haben vor zwei Jahren noch einmal aufgeschoben. Der Betrag, der jetzt im Raum steht, weicht nicht so stark von dem ab, was damals schon verhandelt war. Es hat viel Beamtenkraft gekostet, und Gutachten haben viel Geld gekostet. In der Sache ist es jetzt etwas anders, aber der Preis ist nicht sehr unterschiedlich.

Ich finde es gut, dass jetzt eine sehr klare Lösung gefunden worden ist,

(Unruhe bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Eine klare Lösung?)

die auch für die Zukunft deutlich Striche zieht, was Sache ist. Die Investitionssummen sind in der Höhe bereits festgelegt bzw. limitiert. Aus der Vorlage ist allerdings ersichtlich, dass ein Teil der laufenden Kosten noch nicht feststeht. Dass die laufenden Sanierungskosten nicht klar abgeschätzt werden können ist schon wahr; dies wurde schon angesprochen.

Aber in diesem Eckpunkt 7 könnten auch weitere Kosten stecken.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir hätten deshalb gern, dass dieser Teil des Vertrags nach der Ausformulierung und vor der Unterschrift den Fraktionen noch einmal zur Zustimmung vorgelegt wird, damit auch dieser abgehakt werden kann.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da gibt es einen Aus- schuss!)

Herr Kollege Walter, Sie haben das mit den Kunstankäufen noch einmal angesprochen. Das ist richtig; das bedauere ich auch. Aber ich sehe es auch als einen Akt der Solidarität der Museen und der Kulturinstitutionen des Landes an, wenn bei einem anderen besondere Dinge anstehen,

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Das gibt es ja wohl gar nicht!)

einmal zurückzustecken. In ein paar Jahren ist dann wieder ein anderer dran, auch einmal mehr als Durchschnitt zu bekommen. Nur so kann man wirklich wertvolle Dinge sichern.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Da klatscht selbst bei der FDP/DVP niemand!)

Ich möchte die SPD-Fraktion noch einmal daran erinnern, Herr Kollege Schmid, dass Sie im Jahr 2006 dringend gefordert haben, dass eine Lösung für den Erhalt von Salem gefunden werden muss.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sehr richtig!)

Sie haben auch gesagt, dass wir anerkennen müssen, dass der Unterhalt des Schlosses für die markgräfliche Familie auf Dauer nicht haltbar ist.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Aha! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sehr richtig! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Da muss er halt ausziehen!)

Das ist nun eine Lösung, die jetzt vorgelegt worden ist,

(Unruhe bei der SPD)

die wir für tragfähig halten.

Mit unserer Forderung nach Aufstockung der Mittel für Denkmalschutz wollen wir deutlich machen, dass uns nicht nur herrschaftliche Denkmäler wichtig sind, sondern dass es auch Bürgerinnen und Bürger im Land gibt, die mit dem Erhalt ihrer Denkmäler überfordert sind, und das Land das Seine dazu tut, damit auch diese Denkmäler – seien sie nun in der Hand von einfachen Bürgern oder Kommunen, die meistens auch nicht unbedingt mit Reichtümern „gesattelt“ sind – erhalten werden. Dazu müssen wir auch unseren Beitrag leis ten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Fazit: Es gibt bei uns durchaus einiges Zähneknirschen, weil dieser Vertrag gerade jetzt nicht in die Finanzsituation passt. Das ist auch klar: Der Schuldenstopp bleibt für uns das obers te Ziel, weil das ein Teil der Zukunftssicherung für das Land und seine Bürger ist.

Manchmal kann man sich den Zeitpunkt für eine Investition nicht aussuchen. Mit der vom Ministerpräsidenten vorgelegten Finanzierungsregelung nehmen wir in wesentlichen Teilen schließlich nur einen Aktivatausch vor. Das heißt, wir erlösen Geld aus Grundstücken und Gebäuden, die wir für das Land als nicht notwendig erachten, und investieren dieses Geld in Grundstücke und Gebäude, die dem Land besonders wichtig sind.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Gundolf Fleischer CDU: So ist es! – Zu- ruf des Abg. Johannes Stober SPD)

Wir stimmen deshalb den weiteren Verhandlungen auf der Grundlage dieser Eckpunkte zu, weil damit für große Teile von Salem und vor allem auch für all die anderen wertvollen Kulturgüter endlich ein klarer Strich gezogen werden kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Manfred Hol- lenbach CDU – Abg. Winfried Kretschmann GRÜ- NE: Viel geredet, wenig gesagt!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache zur Information des Ministerpräsidenten ist damit beendet.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Finanzmarktkrise und Auswirkungen auf Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der CDU, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der FDP/ DVP

Die Fraktionen haben eine Gesamtdauer der Aktuellen Debatte von 80 Minuten vereinbart. Es gelten folgende Redezeiten: für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen zehn Minuten und ebenfalls zehn Minuten für die übrigen Sprecher.

In der Aussprache erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Weltwirtschaft ist in einer ernsten Situation. Die Ampeln für die zukünftige weltwirtschaftliche und konjunkturelle Entwicklung stehen auf Rot. Wenn man sich die Nachrichten vom vergangenen Montag, die durch die Medien gingen, veranschaulicht, dann wird die se Aussage nachdrücklich unterstrichen. Die Autokonjunktur hat erhebliche Rückschläge zu verkraften: General Motors minus 45 %, Ford minus 30 %. Die deutsche und die japanische Industrie sind ebenso betroffen.

Der Rohstoffmarkt hat sich in den vergangenen Monaten dras tisch verändert. Ein Barrel Öl war vor wenigen Monaten noch für 150 Dollar erhältlich. Damals gab es Schätzungen, dass es bald 200 Dollar pro Barrel Öl sein würden. Nun hat sich ein Barrel Öl auf ca. 60 Dollar verbilligt. Der Rückgang der Rohstoffpreise ist ein Vorbote für nahende und drohende Rezessionsgefahren. Der ISM-Index in den USA für das verarbeitende Gewerbe hat sich seit 2001 noch nie so rückläufig entwickelt. Viele vergleichen die jetzige Situation mit der von 1929 in den USA und mit der von 1990 in Japan, wo sich eine Deflation realisiert hat.

Es mag vielleicht übertrieben sein: Die Notenbanken haben entschieden reagiert, die Regierungen haben entschieden rea giert. Die Notenbanken stellen das Geld zur Verfügung, die Regierungen haben Konjunkturprogramme gestartet. Dennoch bleibt die Frage: Wie wird sich das auswirken? Wird die Krise weitergehen, oder wird sie beendet werden können?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es handelt sich in erster Linie um eine internationale Krise, um eine Krise, die von den USA ausging, nach Europa hinübergeschwappt ist und auch Deutschland berührt.

Was wir von der CDU-Landtagsfraktion hier entschieden begrüßen und unterstützen, ist die entschiedene Haltung unserer

Landesregierung, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an den Diskussionen in Berlin beteiligt hat und mit dazu beigetragen hat, dass gute, vernünftige und verantwortungsvolle Beschlüsse gefasst worden sind.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Ich denke in erster Linie an das Bankenrettungspaket, bei dem wir angesichts dessen, dass wir mithaften und Geld zur Verfügung stellen, auch die entsprechende Mitsprache verlangt haben. Oder ich denke an den gestrigen Tag, an das 16-PunkteKonjunkturprogramm der Bundesregierung, das auch von Baden-Württemberg aus entschieden unterstützt worden ist.

Es gibt weitere Ansatzpunkte, die in der Zukunft bedacht werden müssen. So ist der Bankenmarkt zu überprüfen. Sicherlich ist auch die Frage nach der Managervergütung zu stellen. Es soll keine Neiddebatte geführt werden, aber manche Dinge dürfen ruhig hinterfragt werden.

Vor allem ist entschieden die Frage zu stellen: Inwieweit wird sich Baden-Württemberg in dieser Situation behaupten? Wird Baden-Württemberg ein Gewinner oder ein Verlierer dieser Krise sein? Wird es Baden-Württemberg gelingen, sich von den negativen Entwicklungen der Weltkonjunktur abzukoppeln?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Letzteres dürfte schwierig bzw. gar nicht möglich sein. Aber ich glaube doch: Baden-Württemberg hat exzellente Voraussetzungen durch eine entschiedene Politik, durch ein hervorragendes mittelständisches Wirtschaftsunternehmertum, durch Menschen, die sich einbringen, und durch einen Bankenstandort, der seinesgleichen sucht.

Nehmen wir als ersten Schwerpunkt den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Vor wenigen Jahren gab es eine Untersuchung des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts. Darin hieß es: Baden-Württemberg ist fit für die Zukunft. Der Großraum Stuttgart ist der beste Investitionsstandort Deutschlands. Das Dreieck zwischen Ulm, Böblingen und dem Main-Tauber-Kreis ist die zweitgrößte Technologieregion Europas nach Paris. Hier sind 400 000 Hightecharbeitsplätze, hier ist Unternehmergeist, hier sind Produktion und Flexibilität vorhanden. Baden-Württemberg hat sich in diesem Bereich als ein absoluter Gewinner der Globalisierung erwiesen. Wir haben Wachstumschancen in riesigen Märkten. Wir haben sie nicht nur in der angestammten Industrie, sondern wir haben sie auch in der Umwelttechnik.

Deswegen sehen die aktuellen Zahlen auch erfreulich aus. Ein Jahr nach der Finanzkrise einige Schlagzahlen des Statisti schen Landesamts: „Umsatzwachstum der Südwestindustrie real 2 %“, „Für das vierte Quartal immer noch ein Wachstum erwartet“, „Die Steuereinnahmen um 6,5 % bisher gestiegen“, „Positive Entwicklung der kommunalen Einnahmen“. Im Gegensatz dazu Schlagzeilen von „Spiegel online“ von vorges tern: „Industrieproduktion in Europa bricht drastisch ein“ und „EU-Kommission erwartet Nullwachstum in Deutschland“.