Protocol of the Session on October 2, 2008

Ich will einen guten Kindergarten. Ich will Ganztagsangebote. Und dann erst will ich einen beitragsfreien Kindergarten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! Bravo! Frau Lösch, halten Sie dagegen! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kleinmann für die Fraktion der FDP/DVP.

(Abg. Claus Schmiedel SPD diskutiert mit Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE. – Unruhe)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

(Anhaltende Unruhe)

Wenn Sie sich bei Grün und Rot doch wieder beruhigen würden.

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Abg. Kleinmann.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Pst!)

Die Bildungsbeteiligungsquote für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren ist in Baden-Württemberg bundesweit, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die höchste. Sie beträgt, wie wir dem nationalen Bildungsbericht entnehmen können, 95,8 % bezogen auf die gesamten drei Jahre und liegt im dritten Jahr sogar bei 97 %. Das ist eine sehr erfreuliche Tatsache. Sie zeigt zweierlei. Sie zeigt zum einen, dass die Eltern in unserem Land fast ausnahmslos von der Bedeutung einer frühen Bildungsbeteiligung ihrer Kinder überzeugt sind. Und zweitens: Die Kommunen und auch die freien Träger der Kindergärten – sie sind hier mit eingeschlossen – sind in der Tat sehr wohl in der Lage, die Kinderbetreuung selbstständig und effektiv und ohne Beteiligung des Landes zu organisieren.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Somit stellt sich für mich die Frage, was mit drei durch Landesmittel freigestellten Kindergartenjahren zusätzlich bezweckt werden könnte. Ich meine, das Land tut gut daran, in dieser Situation, meine verehrten Kollegen von der SPD, vor allem in den qualitativen Ausbau – Frau Kollegin Lösch hat darauf auch schon hingewiesen –

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Und die Frau Krueger! Alle!)

insbesondere der Kinderbetreuung zu investieren,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Beides!)

statt wie der vorliegende Antrag allein auf Quantität und nicht auf Qualität zu setzen.

(Beifall der Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP und Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Abg. Claus Schmie- del SPD: Das ist doch nicht wahr! – Zuruf der Abg. Ute Vogt SPD)

Sehen wir uns die Zahlen einmal an. Was würden drei beitragsfreie Jahre das Land kosten, Herr Schmiedel? Der von Ihnen vorgelegte Antrag rechnet mit 250 Millionen € ab dem Jahr 2010.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nach dem Motto: Jetzt soll man das Schulgeld wieder einführen, um die Qualität zu verbessern! – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Genau!)

Legt man eine Jahrgangsstärke von 95 000 Kindern zugrunde und nimmt an, das Land würde, wie es Niedersachsen im letzten Kindergartenjahr tut, dem jeweiligen Träger der Einrichtung einen Beitrag von 120 € je Kind und Monat bzw. von 160 € bei mehr als 40 Stunden Betreuungszeit überweisen, dann käme man hier auf 120 bis 125 Millionen €, die der Landeshaushalt allein für das letzte Kindergartenjahr aufzubringen hätte. Für drei Jahre würden sich die Kosten damit auf mindestens 300 Millionen € erhöhen.

Lassen Sie mich darlegen, was wir, CDU und FDP/DVP, im Bereich der Kinderbetreuung stattdessen wollen und auch auf den Weg gebracht haben. Zunächst setzen wir einen Schwerpunkt im Bereich der Kleinkinder, und zwar der Kinder unter drei Jahren. Hier haben wir uns mit den kommunalen Landesverbänden darauf verständigt, einen bis 2014 Jahr für Jahr ansteigenden Betrag

(Zurufe der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE und Ma- rianne Wonnay SPD)

zur Förderung des Ausbaus der Kleinkindbetreuung zur Verfügung zu stellen, der ab dem Jahr 2014 eine Höhe von immerhin 165 Millionen € pro Jahr ausmachen wird. Zusammen mit dem Betrag, der dem Land über die Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens zur Verfügung gestellt wird, ergibt sich dann ab 2014 sogar eine Förderung – man höre und staune – im Umfang von 264 Millionen € pro Jahr.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist doch rich- tig!)

Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Sprachförderung. Mit der flächendeckenden Einführung von Sprachstandsuntersuchungen, deren Kosten sich auf 10,4 Millionen € belaufen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: 10,4? Was ist denn das jetzt?)

schaffen wir, wie ich meine, eine wichtige Voraussetzung für das frühe Erkennen von sprachlichen Defiziten und haben die Möglichkeit, durch gezielte Fördermaßnahmen gegenzusteuern.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wer zahlt die? – Ge- genruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Moser! Das ist aber Ländersache!)

Diese Maßnahmen sind zudem auch eine entscheidende Voraussetzung für eine Verbesserung der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, Frau Lösch. Die Finanzierung der Förderung hierfür übernimmt noch – das sage ich ausdrücklich – die Landesstiftung Baden-Württemberg, wobei dies – das wissen wir alle – nur eine Übergangslösung sein kann.

Erwähnen möchte ich noch, meine Damen und Herren, die Bildungshäuser, mit deren Förderung wir hier in Baden-Würt temberg bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen.

(Abg. Andreas Hoffmann CDU: Vorbildlich!)

Vorbildlich, jawohl. – Das Projekt „Schulreifes Kind“ läuft unter Einbeziehung von 592 Kindergärten und immerhin 265 Grundschulen an 245 Standorten im Land. Das ist eine enor me Zahl.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Schließlich fördern wir seit Jahren mit großem Nachdruck den Ausbau der Ganztagsschulen und Ganztagsschulangebote,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na!)

aktuell durch das Jugendbegleiterprogramm, Herr Schmiedel,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ja wohl lächer- lich! Das ist doch keine Ganztagsschule!)

und die Qualitätsoffensive Bildung, die Schulen Budgets zur Verfügung stellt, mit denen sie ein den Bedürfnissen vor Ort entsprechendes Angebot selbstständig aufstellen können.

Ziel all dieser Bemühungen, meine Damen und Herren – und damit komme ich zum Schluss –, ist es, ein qualitativ hochwertiges Betreuungs- und Bildungsangebot für Kinder von klein auf zu gewährleisten. Das wird entscheidend mehr bewirken als eine vom Land verordnete Kindergartenbeitragsfreiheit.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: „Vom Land ver- ordnete“!)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Wacker für das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns wieder einmal über zwei Dinge einig: erstens über den besonderen Stellenwert der frühkindlichen Bildung; darüber haben wir ja bereits gestern debattiert. Und wir haben zweitens schon vor der Sommerpause eine ausführliche Diskussion über die Frage des beitragsfreien Kindergartens geführt. Der Stellenwert dieses frühkindlichen Bildungsprozesses ist unbestreitbar hoch und wichtig.

Herr Kollege Dr. Mentrup, wir sind uns auch darüber einig, dass wir in diesem Bereich durchaus verschiedene Baustellen haben. Nur ist die Frage: Wie bewerten wir die Baustellen? Sie haben ja gerade diesen Begriff des Öfteren in den Mund genommen. Wir bewerten den Begriff „Baustelle“ so, dass sich etwas tut. Denn am Ende werden Baustellen geschlossen und stehen fertige Projekte in unserem Land. Wir haben verschiedene Maßnahmen in die Wege geleitet. Wir sind damit auf einem guten Weg. Offensichtlich sind wir uns auch über die Bewertung einig.

Ich darf in Kürze nur wenige Maßnahmen skizzieren, bevor ich auf die Besonderheit Ihres Gesetzentwurfs eingehe.

Der Orientierungsplan ist unbestreitbar ein Projekt, das von allen Seiten hohe Anerkennung erfährt.

(Beifall der Abg. Andrea Krueger CDU)

Wir werden diesen Orientierungsplan ab dem Kindergartenjahr 2009/10 verpflichtend einführen. Wir entwickeln den Orientierungsplan in einem guten Dialog mit allen Verantwortungsträgern vor Ort weiter. Entsprechende Arbeitsgruppen arbeiten an der Weiterentwicklung – unter Einbeziehung der kommunalen Seite, unter Einbeziehung der wissenschaftlichen Seite und selbstverständlich auch der anderen beteilig ten Häuser sowie der freien Träger. Damit setzen wir einen weiteren Akzent in der Qualitätsentwicklung auch unter Einbeziehung der Qualifizierung der Fachkräfte.

Wenn in diesem Zusammenhang das Thema Qualität angesprochen wird, sage ich natürlich eindeutig: Eine materielle Debatte über die Frage, ob wir einen Besuch des Kindergartens freistellen oder nicht, hat zunächst einmal überhaupt nichts mit einem Qualitätsanspruch zu tun – überhaupt nichts!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)