Protocol of the Session on April 26, 2007

und damit praktisch der verfassungsrechtliche Verschuldungsbegriff unterlaufen wird. Sie merken: Schlitzohrigkeit auf jeder Ebene. Hier die CDU im Lande, die das machen will, was sie in Rheinland-Pfalz aus meiner Sicht als grüner Politiker zu Recht kritisiert, und hier die SPD – –

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Wir machen es doch aus Steuermehreinnahmen! Das ist doch ein großer Unterschied!)

Aber solange der Landeshaushalt kreditfinanziert ist – und ich habe nicht gesehen, dass in diesem Jahr, Herr Löffler, ein ausgeglichener Landeshaushalt vorgelegt würde; auch im nächsten Jahr wird dies nicht der Fall sein –, gilt diese Haltung nicht.

(Zurufe, u. a. Abg. Thomas Blenke CDU: Scheffold! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Er heißt Schef- fold!)

Herr Scheffold, Entschuldigung. Mein Gott! Herr Fleischer redet nach mir.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nur Scheffold!)

Herr Scheffold. Entschuldigung. Man sieht sich so selten im Landtag. Wir sind ja ein Teilzeitparlament.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Da müssen Sie öfters hier sein! W i r arbeiten!)

Oder ist mein Gedächtnis nicht mehr so gut, seit ich 50 bin?

(Unruhe)

Jetzt im Ernst gesprochen: Ein Pensionsfonds ist keine Lösung. Eine Lösung ist nur, sich anzuschauen, wie diese Versorgungssysteme privilegieren. Wir Grünen haben dank der Unterstützung durch das Finanzministerium und der Rentenversicherung Baden-Württemberg einmal ausrechnen lassen, wie sich ein konkreter anonymisierter Berufsverlauf eines Beamten in Baden-Württemberg, der am 1. August dieses Jahres in den Ruhestand geht – wir haben bewusst keinen Beamten des höheren Dienstes aus dem Schuldienst genommen, sondern einen Gewerbelehrer in A 12 und der Altersstufe 12 –, auswirkt, was für eine Pension er ab dem 1. August dieses Jahres erhält und was für eine gesetzliche Rente er hätte, wenn seine Erwerbsbiografie der letzten 41 Jahre mit Rentenversicherungsbeiträgen unterlegt worden wäre.

Das Ergebnis ist hoch spannend und zeigt, wie privilegierend die Beamtenversorgung ist. Er bekommt als Beamter ab dem 1. August eine Pension in Höhe von 2 750 € abzüglich 225 € – wir haben die Steuerklasse III angenommen; Daten vom Finanzministerium –, macht rund 2 500 € brutto. Davon geht noch der Beitrag zur Krankenversicherung ab, die 30 % Versicherungsrisiko für seine Privatversicherung. Demgegenüber bekäme er als angestellter Lehrer, praktisch versichert über seine Biografie, eine Rente in Höhe von 1 656 € abzüglich – je nachdem, in welcher Krankenkasse er ist – des persönlichen Arbeitnehmeranteils zur Krankenversicherung und abzüglich des Beitrags zur Pflegeversicherung. Daran erkennen Sie, welche Unterschiede in diesen Versorgungssystemen bestehen und warum die Beibehaltung des heutigen Systems die öffentlichen Kassen überstrapaziert.

Wer glaubt, in der Beamtenversorgung im Interesse der gesamten Bevölkerung irgendetwas ändern zu können, indem er ohne Einschnitte in die Versorgungssysteme etwas macht, der lügt sich in die Tasche.

Herr Noll, in einem Punkt bin ich in der Diskussion der letzten Monate bei Ihnen: Sie haben immer gesagt, der öffentliche Dienst brauche gute Leute. Dieser Meinung bin auch ich. Schauen Sie sich aber angesichts der Demografie einmal an, wie viele Mitarbeiter auch im Versorgungssystem der Berufsbeamten in diesem Land Baden-Württemberg, aber natürlich auch in ganz Deutschland in den nächsten zehn bis 15 Jahren ausscheiden: Das sind vergleichsweise starke Kohorten. Zusammen mit der Einstellungspraxis aller staatlichen Ebenen – wir müssen ja mit weniger Personal auskommen; das ist die Position Ihrer Fraktion wie auch die meiner Fraktion – führt das dazu, dass wir genau zu dem Zeitpunkt, zu dem junge, gut ausgebildete Nachwuchskräfte auf dem Arbeitsmarkt insge

samt rar sind, mit den Lohn- und Gehaltsniveaus der Privatwirtschaft konkurrieren müssen.

Deshalb sage ich Ihnen ganz deutlich: Gute Bezahlung für die Leute im aktiven Dienst: ja. Daher hat unsere Fraktion beispielsweise bei der Sonderzuwendung im aktiven Dienst keinen Kürzungsvorschlag gemacht – im Gegensatz zu dem, was die Regierungsfraktionen mit dem Doppelhaushalt beschlossen haben. Denn wir wollen, dass gute Leute im öffentlichen Dienst auch gut bezahlt werden. Aber den Überversorgungsanspruch mit einer außerordentlich günstigen Krankenversicherung im Alter, weil der Staat 70 % der Rechnung der privaten Krankenversicherung über Steuermittel bezahlt, können wir auf Dauer nicht hinnehmen.

Deshalb sagen wir: Wer im Kernbereich die Alimentation der Beamten erhalten will – langfristig, auch angesichts des demografischen Wandels –, wird an Kürzungen nicht vorbeikommen. Ein Pensionsfonds ist so lange keine Lösung, solange wir einen kreditfinanzierten Landeshaushalt haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Groh für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Metzger, zu Ihren Ausführungen. Wir reden bekanntlich aufgrund des Antrags Ihrer Fraktion über die Finanzierung der Versorgungsleistungen. Deshalb halte ich Ihre Ausführungen bezüglich der Versorgung der Abgeordneten für fehl am Platze. Das ist ja nicht Gegenstand. Wir reden vielmehr über die Finanzierung der gesamten Versorgungslasten. So lautet jedenfalls Ihr Antrag. Wir müssten ein besonderes Thema aufmachen, wenn wir über die Ausgestaltung der beamtenrechtlichen Versorgung reden sollen. Noch einmal: Uns geht es um die Sicherung der Finanzierung der Versorgungslasten. Insofern möchte ich das richtiggestellt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Meine Damen und Herren, nachdem die Landesregierung vor wenigen Tagen die Einrichtung eines Pensionsfonds mit einem Gründungskapital von 500 Millionen € beschlossen hat, erscheint mir der Antrag der Grünen im Kern als erledigt.

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Gleichwohl möchte ich für die CDU zu den wichtigsten Aspekten Stellung nehmen. Die Einrichtung eines Fonds mit der Einlage von 500 Millionen € ist nicht kreditfinanziert. Darauf möchte ich besonders hinweisen. Das war auch ein Kritikpunkt von Ihnen. Die Einrichtung ist deshalb möglich, weil wir aufgrund der positiven Wirtschaftsentwicklung und der stabilen Konjunkturlage Mehreinnahmen nach der nächsten Steuerschätzung in einer Größenordnung von etwa 1 Milliarde € für 2007/2008 erwarten können.

Zusammen mit den bereits angesparten rund 500 Millionen € – auch dieses ist wichtig zu erwähnen –, die durch die bisherigen Kürzungen bei den Beamten erwirtschaftet worden sind,

verfügt das Land ab 2008 über eine zweckgebundene Rücklage von 1 Milliarde €. Durch die beabsichtigte Erhöhung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre wird ein weiterer Beitrag seitens der Beamtenschaft erfolgen.

Die CDU-Fraktion geht davon aus, dass der Fonds künftig so gespeist wird und sich so entwickeln kann, dass im Jahre 2017, wenn die Alterszeit von 67 Jahren vollständig greift, die se Rücklage nicht nur zur Abdeckung der steigenden Versorgungsleistungen reicht, sondern auch der nachhaltigen Entlas tung des Landesetats dienen kann.

Allerdings ist es besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass am eingeschlagenen Kurs zur Haushaltskonsolidierung konsequent festgehalten und die Zielrichtung konsequent fortgeführt wird. Ich denke, da sind wir uns einig, Herr Metzger. Am Ziel der Nullnettoneuverschuldung ab 2011 muss also auch nach Einrichtung des Pensionsfonds festgehalten werden.

Ich weise für die CDU-Fraktion hierauf besonders hin. Wir halten nämlich die Einrichtung eines Pensionsfonds für eine noch stärkere, eine zielgerichtete Absicherung projekt- oder, wenn Sie so wollen, objektbezogener Zukunftsrisiken und künftiger Verpflichtungen. Die CDU-Fraktion begrüßt dies, und wir sehen in dieser Rücklagenbildung gleichermaßen eine Vorsorgeregelung wie einen ersten spürbaren strukturellen Lösungsansatz, um die steigenden Pensionsausgaben in den Griff zu bekommen, allerdings nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz, wie Sie es immer wieder einfordern.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist aber ein gutes Vorbild!)

Wir mögen es vielmehr solide und seriös, indem wir gleichzeitig die Rückführung der Nettoneuverschuldung verfolgen. Das möchte ich deutlich zum Ausdruck bringen.

(Beifall bei der CDU)

Die Neuverschuldung pro Kopf beträgt in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr 245 €; in Baden-Württemberg sind es 93 €. Unsere Landesregierung sorgt dafür, dass 2011 keine neuen Schulden mehr gemacht werden. Wir beginnen also, Altschulden abzutragen. Wir beginnen mit der Tilgung.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ministerpräsident Kurt Beck hingegen regiert sein Land immer tiefer in die roten Zahlen hinein.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Weil die SPD dort al- leine regiert!)

2011 wird die Pro-Kopf-Verschuldung in Rheinland-Pfalz um weitere 217 € zunehmen – nachzulesen in der mittelfristigen Finanzplanung. Da hilft auch kein Pensionsfonds weiter. Da hilft es auch nicht, die Schulden des Geberlandes BadenWürttemberg mit den Pensionsverpflichtungen hochzurechnen, um damit gelegentlich suggerieren zu können, BadenWürttemberg als Geberland im Länderfinanzausgleich wirtschafte schlechter als das Nehmerland Rheinland-Pfalz. Da hilft es auch nicht, mit dem Barwert der Pensionslasten einen Scheinwert aufzubauen. Warum nennen Sie denn eigentlich

nicht gleichzeitig auch die Barwerte der SPD-regierten Länder, beispielsweise Rheinland-Pfalz oder noch besser Berlin?

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Noch etwas will ich an Ihre Adresse gerichtet sagen.

(Unruhe)

Ja, ja. Lesen Sie einmal richtig nach. – Wie finanziert Rheinland-Pfalz denn diesen Pensionsfonds? Da werden eigene Schuldscheindarlehen des Landes gekauft – von der linken Tasche in die rechte Tasche. Dies wurde übrigens vom dortigen Rechnungshof aufgegriffen, der feststellte, dass die Berechnungsbeispiele des Landes Rheinland-Pfalz im Hinblick auf die durch den Pensionsfonds angestrebten Haushaltsentlastungen gerade nicht überzeugen.

Im Übrigen möchte ich an dieser Stelle auch nicht unerwähnt lassen, dass Nehmerländern wie Rheinland-Pfalz durch die zu versteuernden Pensionen des Landes Baden-Württemberg ganz beträchtliche Steuereinnahmen zufließen. Diese liegen jährlich in einem beachtlichen dreistelligen Millionenbereich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Konzept der Grünen, durch massive Kürzungen bei den Versorgungsempfängern eine nachhaltige Finanzierung der Versorgungsausgaben zu erreichen, lehnen wir entschieden ab. Es ist schlicht und ergreifend unsozial, wenn Sonderzahlungen bei den Pensionären auf null gefahren werden sollen, während gleichzeitig drastische Kürzungen bei den Beihilfeleistungen propagiert werden. Unsere Pensionäre haben ihren Beitrag, ihre Lebensarbeit erbracht. Das Land hat ihnen viel zu verdanken. Auch haben sie bereits ihre Beiträge zur Haushaltskonsolidierung erbracht. Ich erinnere an die Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes von 75 % auf 71,75 % und an die massiven Kürzungen bei der Sonderzuwendung, oftmals abgekoppelt von den linearen Gehaltssteigerungen.

Mir stellt sich die Frage: Was wollen die Grünen eigentlich mit einer Pensionen-Steuer-Quote – wie sie es nennen – gesellschaftspolitisch zum Ausdruck bringen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zusammenfassen: Die Regierung hat mit der Einrichtung eines Pensionsfonds einen großen und entscheidenden Schritt im Hinblick auf die künftige haushaltsmäßige Absicherung der Versorgungsleistungen vollzogen: mehr Transparenz bei den Zukunftsbelastungen und ihrer Finanzierung sowie eine Rücklagenbildung ohne Kreditfinanzierung.

Gleichzeitig beweist die Landesregierung Augenmaß, da trotz der Einrichtung eines Pensionsfonds beginnend mit einer namhaften Kapitalausstattung das Ziel der Nullnettoneuverschuldung ab 2011 überhaupt nicht infrage gestellt wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abg. Dr. Schmid.