Der ständige Kleinkrieg gegen das duale Rundfunksystem ist offensichtlich aber auch nur eine Spezialität der badenwürttembergischen Sozialdemokraten, denn in einem Positionspapier der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – den Namen habe ich noch gar nicht so oft in den Mund genommen – wird zum Standort der Medienwirtschaft als Ziel genannt,
für den privaten Rundfunk die verfassungsrechtlich geforderte Informations- und Meinungsfreiheit zu gewährleisten und die inhaltliche und organisatorische Vielfalt zu sichern.
Er hat sich bewährt und wird im Ausland als beispielhaft angesehen. Seine Staatsferne ist zu verteidigen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle haben irgendwie den Eindruck, dass der Antrag der SPD einfach nicht mehr so ganz in die Zeit passt. Ich kann mich nur dem anschließen, was der Kollege gerade vorgetragen hat. Es ist einfach nicht mehr die Zeit, in der man dem Zuschauer und dem Zuhörer vorschreiben kann, welchen Knopf er zu bedienen hat, oder wo man ihm vielleicht noch den Finger zum Knopf führt.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Warum? Kabel Ba- den-Württemberg hat doch dafür gesorgt, dass man nicht mehr auf den Knopf von HR 3 drücken kann!)
Ein bisschen mehr Vertrauen in die Eigenverantwortung der Menschen ist doch angesagt, gerade in der Medienlandschaft.
Ich kann der SPD nur sagen: Der Vorsitzende der Rundfunkkommission ist Kurt Beck, der gegenüber der SPD Baden-Württemberg geradezu ein Gipfelstürmer in Sachen Medienpolitik ist.
Heute geht es darum: Anstatt dass wir uns jetzt über die Frage unterhalten, wie man das analoge Netz noch belegen kann, sollten wir uns darüber unterhalten, wie wir mit der Digitalisierung zurande kommen.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wenn Sie gleich so anfangen, provozieren Sie das ja! – Zuruf: Er soll seine Frage noch einmal überlegen!)
Also, Kollege Walter, Sie hören vielleicht gut zu. Wenn Sie dann etwas nicht verstanden haben, ist eine Frage erlaubt.
(Heiterkeit – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist klar! Aber dann darf es nicht so wolkig bleiben, dann muss es konkret werden!)
Aber noch einmal zu der Geschichte mit der Herausnahme von Hessen 3 aus dem analogen Kabel. Kabel BW hat in seinem digitalen Kabel alle dritten Programme der ARD drin. Wir wissen, dass man alle ohne zusätzliches Entgelt empfangen kann. Kollege Walter hat richtig gesagt: Wenn ich natürlich die ganze Vielfalt möchte, dann müsste ich vielleicht einmal in die Tasche greifen und das mit einer entsprechenden Digitalbox, die unter 100 € kostet, so ausweiten, dass mir 24 Stunden am Tag nicht mehr ausreichen werden.
Aber ich glaube, die Diskussion über Vorschriften zur analogen Belegung ist irgendwo schon im letzten Abschnitt angelangt. Ich habe den Eindruck, dass die im Landesmediengesetz geregelte Belegung des analogen Kabels völlig ausreichend ist, und zwar im Blick auf die Rechtssituation und auch im Blick auf die praktische Umsetzung.
Der Must-carry-Bereich, der in § 21 geregelt ist, sichert die Grundversorgung. Daran gibt es doch keine Zweifel.
Bei den Belegungsentscheidungen – die LfK wird nach § 22 des Landesmediengesetzes gehört – überprüft man, ob nach Gesichtspunkten der Vielfalt und entsprechend der Anbietersituation belegt wird. Insofern sind diese Entscheidungen auch richtig getroffen worden. Die Kabelbelegungsentscheidungen werden der LfK angezeigt. Es gibt überhaupt keinen Grund, eine Rechtswidrigkeit anzunehmen. Dass man in der Sache anders votieren kann, ist keine Frage. Aber wer Freiheit gibt und geben will, der muss sich auf Rechtskontrolle beschränken.
Wir sehen keine Veranlassung – wir haben das ja in der Stellungnahme deutlich gemacht – dafür, dass man den Must-carry-Bereich ausweiten sollte. Das ist einfach der falsche Weg. Es gibt ja auch noch etwas anderes als das Kabel. Es gibt die Möglichkeit des Satellitenempfangs. Es gibt vielseitige Angebote im terrestrischen Bereich, digitalisiert ab 2008. Das heißt also, es gibt eine Vielzahl von Angeboten; sie alle treten in Konkurrenz zueinander. Das sollte man dabei bedenken.
Wir müssen wissen, dass Beschränkungen des Must-carryBereichs natürlich Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit
berühren. Die Kollegen haben das zum Teil angesprochen. Das wird beanstandet. Wenn wir jetzt sehen, welche Verfahren gegen verschiedene Bundesländer laufen, dann ist es nicht vorauseilender Gehorsam gegenüber der Kommission, sondern wir nehmen da einfach ein Stück Wirklichkeit auf, die da heißt: Du kannst nicht beliebig etwas im Must-carryBereich verordnen. Wirtschaftlichkeit hat mit Einkommen, mit Eigentum und mit Berufs- und unternehmerischer Freiheit zu tun. Das ist Sache des Grundgesetzes. Das gilt es dabei zu beachten.
Liebe, verehrte Frau Kipfer: Im ersten Workshop im Staatsministerium haben wir ja die Diskussion geführt. Wir können derzeit noch nicht alle technischen Möglichkeiten und wirtschaftlichen Entwicklungen abschätzen. Deswegen bringt es im Moment auch wenig, dass wir Einzelaspekte herausgreifen wie eben beispielsweise die Forderung, dass alle öffentlichen Programme auffindbar und ohne zusätzliche Kosten ins Kabelnetz aufzunehmen sind. Das ist ein Teilaspekt, der herausgegriffen wird aus einer Diskussion, die in der ganzen Breite noch nicht abschließend geführt werden kann.
Wir wissen, dass wir die Plattformen der Kabelnetze im Mittelpunkt der Diskussion sehen müssen, weil sie natürlich eine entscheidende Mittlerfunktion zwischen den Inhalteanbietern und den Endnutzern haben. Das Erfordernis einer Regulierung von Plattformen ist vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung sorgfältig zu prüfen. Das heißt also, wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Inhalteanbieter die gleiche Chance haben, an ihre Endkunden zu kommen, dass hier keine Monopole entstehen. All das sind Dinge, die wir im Rahmen der Diskussion um das Digitalfernsehen beraten und zu einem Ergebnis bringen müssen.
Der Fortbestand der Must-carry-Regelung wird sogar irgendwann möglicherweise auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Denn wenn ein unendliches Angebot besteht, dann ist wirklich die Frage, ob es notwendig ist, das Begrenzungsgebot oder Festlegungsgebot im Must-carry-Bereich überhaupt noch aufrechtzuerhalten.
Darüber muss man diskutieren. Deswegen schlage ich vor, dass wir diesen Bericht, den wir jetzt gegeben haben, der Diskussion zugrunde legen.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Die Frage des Kol- legen Walter ist auch zugelassen! Sehr gut! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ist das so, dass der be- stimmt?)
Herr Minister, Sie haben gesagt: „Wir sind so liberal, dass wir den Leuten nicht vorschreiben, auf welchen Knopf sie drücken.“ Das wollen wir ja auch nicht. Nur: Wenn ein Kabelbetreiber den Leuten sozusagen Sender wegsperrt, können sie eben auf den bestimmten Knopf nicht mehr drücken. Ist das in Ihrem Sinne liberal?
Die Bedürfnisse des Kunden wird ein jeder beachten, der sich am Markt bewegt. Das gilt vornehmlich für Kabelbetreiber, die wirtschaftlich rechnen können bzw. rechnen müssen. Die Nachfrage am Markt ist das eine. Auf der anderen Seite kann ich natürlich nicht regulierend in diesen Markt eingreifen und gleichzeitig den Tod des Unternehmens herbeiführen.