Protocol of the Session on December 7, 2006

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Braun.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Zurück zur Wahr- heit!)

Herr Minister, lieber Kollege Kluck, natürlich ist Integration ein zweiseitiger Prozess. Das ist doch eine banale Feststellung. Banaler geht es doch gar nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber wir sind doch hier im Landtag von Baden-Württemberg und gestalten Landespolitik. Also sprechen wir über die Aufgaben des Landes!

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP)

Das, was das Land zu tun hat und was es zu leisten hat, das sind die Aufgaben, über die wir hier sprechen werden.

Wenn Sie jetzt hier von einer „grotesken Verzerrung der Wirklichkeit“ sprechen, Herr Minister,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Dann hat er recht! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

dann würde ich mich an Ihrer Stelle einmal an das Statistische Landesamt wenden. Die Zahlen, die ich hier vorgetragen habe, sind die Zahlen des Statistischen Landesamts. Mit dem, was Sie gesagt haben, haben Sie ein vernichtendes Urteil über das Statistische Landesamt gesprochen. Denn demnach nimmt man die Realität einfach nicht zur Kenntnis.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP)

Wir sprechen hier von 36 % junger Migranten und von 43 % der Ausländer insgesamt, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es! – Abg. Hans Heinz CDU: Sie haben keine Ahnung! – Zu- ruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Das ist doch kein politischer Erfolg, den Sie hier haben, aber es ist Realität. Ich halte Ihnen entgegen: Sie haben versucht, hier darzustellen, wie sehr Sie in Integrationsfragen engagiert sind und wie glänzend Ihre Bilanz ist.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Nicht immer schlecht- reden! – Abg. Karl Zimmermann CDU meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Nein, ich ziehe das jetzt hier durch.

Ich halte Ihnen entgegen: Es geht hier um eine Gruppe, die mit fehlenden Sprachkenntnissen, fehlenden Schulabschlüssen, einer hohen Schulabbruchquote, hoher Jugendarbeitslosigkeit und manchmal mangelndem Bildungsbewusstsein der Eltern identifiziert wird. Das sind die Erhebungen des Statistischen Landesamts. Sie sprechen eine ganz klare Sprache. Das ist der Befund!

Unsere Überzeugung ist: Auf den Anfang kommt es an. Was wir hier investieren, verzinst sich doppelt. Daraus ergeben sich Handlungsfelder.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Also fangen wir dort an, wo Kinder mit Migrationshintergrund unter Umständen das erste Mal mit deutscher Sprache in Berührung kommen, nämlich in den Kindertagesstätten.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das machen wir doch!)

Wo sind denn das viel diskutierte verpflichtende Kindergartenjahr, kostenfreier Kindergartenbesuch, die Sprachtests im Vorschulalter?

(Unruhe)

Welche konkreten Pläne haben Sie hier? Wie wollen Sie sie finanzieren?

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sprachtests ma- chen wir doch!)

Sie sprechen vom Orientierungsplan 2009/2010. Worauf warten Sie denn eigentlich noch?

(Beifall bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es! – Zuruf des Abg. Werner Pfisterer CDU)

Ihre Zögerlichkeit hat doch zu dem Problem beigetragen. Glauben Sie denn jetzt ernsthaft, dass Ihre Zögerlichkeit dazu beiträgt, diese Probleme wieder zu lösen? Andere Bundesländer sind da schneller. Schauen Sie nach Nordrhein-Westfalen.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Fahren Sie doch einmal nach Berlin! Sie wissen gar nicht, wo- von Sie reden! Das ist ja unglaublich!)

Dort gibt es bereits ab dem nächsten Jahr Sprachstandsfeststellungen, und zwar verpflichtend für jedes Kind. Sie hinken hinterher!

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Fahren Sie einmal ins Ruhrgebiet!)

Die Ausbildung von Erzieherinnen orientiert sich noch immer rein am deutschsprachigen Kind. Eine Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen etwa der Sprachförderung und der Sensibilisierung für bilinguale Lebenssituationen verweigern Sie noch immer.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das stimmt doch gar nicht! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP: Das ist doch nicht wahr! – Zuruf des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Doch. – Das rächt sich doppelt. Ihnen fehlt ein schlüssiges Konzept für die Sprachförderung an Kindergärten. Das, was Sie hier mit der Landesstiftung machen, reicht doch nicht aus.

Im Übrigen warten die Träger darauf, zu erfahren, wie es weitergehen soll. Kollege Wölfle hat das angesprochen. Wo ist denn eine Aussage dazu, wie es weitergehen soll, wenn die Modellphase abgeschlossen ist? Sie hängen hinterher.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Und wo ist Ihr Beitrag zur Elternarbeit, etwa zur Sprachförderung vor allem von Müttern? Wie wollen Sie dies verstetigen, wie wollen Sie dies ausweiten? Was ist Ihrer Ansicht nach der Part des Landes und was der der Kommunen? Dreh- und Angelpunkt bleiben eben die Frühförderung von Sprache und interkulturelle Erziehung.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wird doch gemacht!)

Was Sie hierbei nicht schwerpunktmäßig an Maßnahmen durchführen, müssen Sie schließlich für Nachbesserungen ausgeben.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wie der Blinde vom Licht!)

Die Kommunen haben Ihnen zur Sprachförderung längst eigene Vorschläge gemacht, die über die Finanzierung durch die Landesstiftung hinausgehen. Aber wie verhalten Sie sich dazu? Sie haben nichts dazu gesagt.

Lassen Sie mich zum Schluss aus dem Buch „Migration und Integration: Testfall für unsere Gesellschaft“ zitieren. Es stammt von Rita Süssmuth und lohnt sich zu lesen. Sie nennt folgende Schwerpunkte: intensiver Ausbau der vorschulischen Sprachförderung und Sprachstandstests von Kindern im Alter von vier und fünf Jahren,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Da sind wir uns einig!)

die Defizite ausgleichen, Intensivierung der Elternarbeit, Ausbau der Ganztagsschulen, interkulturelle Kompetenzen in der Lehrerausbildung

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wird auch ge- macht!)

systematisch und verpflichtend verankern, mehr pädagogische Fachkräfte mit Migrationshintergrund in allen Bildungseinrichtungen,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wird auch gemacht!)

zusätzlichen Förderunterricht für Schülerinnen und Schüler mit unzureichenden Deutschkenntnissen einrichten.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)