Diesen Weg halten wir allerdings für falsch. Aber wir möchten, wie gesagt, dass wir hier sehr bald über den Staatsvertragsentwurf diskutieren und dann auch wirklich Nägel mit Köpfen machen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie eine gewisse Begeisterung zeigen, dass ich zum Abschluss des heutigen Tages noch einmal eine Rede halte.
Aber ganz so lustig ist das Thema, über das wir uns jetzt unterhalten, Frau Staatssekretärin, wahrlich nicht.
Bei allem, worüber wir hier diskutieren – unabhängig von der Frage, ob staatliches Monopol oder eine gewisse Liberalisierung –, muss man sagen – das hat eine Anhörung meiner Fraktion im Sommer dieses Jahres ergeben –: In den vergangenen Jahren wurde das Thema Spielsucht von allen vernachlässigt. Wenn dann in Jackpots 35, 37 oder wie viele Millionen Euro sind: Wenn das keine Förderung der Spielsucht ist, was dann?
Deswegen, meine Damen und Herren – auch wenn Sie abends oft nicht bereit sind, noch ernsthaft zu diskutieren –: Wir müssen uns diesem Thema stellen. Wenn es weiterhin ein Monopol gibt, müssen sich die staatlichen Toto-LottoGesellschaften dieses Themas stärker annehmen. Wir haben eine überproportionale Zunahme der Zahl von Leuten, die in die Beratungsstellen kommen. Das können wir nicht einfach vergessen. Wenn wir uns über die Frage „Staatsmonopol, ja oder nein?“ streiten, muss es zunächst unsere zentrale Aufgabe sein, zu hinterfragen – der Kollege hat es ja schon zitiert –, welche Folgen die Spielsucht für die Familien, die Betroffenen und die Gesellschaft haben kann. Deswegen muss diese Aufgabe ins Zentrum der Politik gerückt werden.
Selbstverständlich, meine Damen und Herren, haben wir große Sympathie für dieses Staatsmonopol. Denn die Gesellschaft profitiert davon in großem Maß, nicht jedoch von den privaten Anbietern. Sei es im sportlichen, im kulturellen oder im sozialen Bereich: Wir erhalten riesige Summen, die wir jedes Jahr verteilen können. Das ist ein großer Vorteil dieses Monopols. In diese Richtung zielt ja auch der vorliegende Entwurf, den die Ministerpräsidenten verabschieden wollen.
Die Frage, die sich uns aber stellt, ist: Können wir aufgrund der technischen Entwicklung, die sich in den letzten Jahren vollzogen hat, wirklich glaubhaft und ernsthaft verhindern, dass es im Internet Anbieter gibt, die wir gar nicht kontrollieren können? Wenn beispielsweise ein Anbieter von den Bahamas – –
Deswegen stellt sich die Frage, ob man nicht dem Schweizer Beispiel – das wird ja auch in der Stellungnahme der Landesregierung thematisiert – folgt und nicht eine Konzessionierung ermöglicht und dann eben die privaten Anbieter in die Pflicht nimmt,
(Beifall der Abg. Dr. Ulrich Noll und Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Das ist der Punkt! – Zurufe der Abg. Rein- hold Gall und Dr. Nils Schmid SPD)
Das, meine Damen und Herren, müssen wir, wenn wir ehrlich sind, vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung diskutieren.
Wenn Sie, Herr Kollege, uns genau zeigen, wie wir das staatliche Monopol erhalten können und wie dann teilweise eben auch im Sport damit geworben werden kann, ohne dass gleich wieder das Bundesverfassungsgericht damit befasst wird, und wenn Sie diese Alternative auch all den Vereinen aufzeigen, die jetzt in die Werbung mit anderen Anbietern gehen – da geht es nicht nur um Profivereine –, dann, meine Damen und Herren, sind wir gern bereit, darüber zu diskutieren. Aber Sie können jetzt doch nicht so tun, als ob es diese technischen Neuerungen nicht gegeben hätte – auch wenn Sie schauen, was die Digitalisierung ab 2010 auf dem Fernseh- und Radiomarkt mit sich bringen wird.
Lassen Sie uns, wenn der Staatsvertragsentwurf vorliegt, darüber reden, wie wir all die Interessen der verschiedenen Verbände, der Vereine und des Staates, der gewisse Einnahmen erzielen muss – auch vor dem Hintergrund der begrenzten Möglichkeiten, die die öffentliche Hand noch hat –, miteinander vereinbaren können. Wir müssen offen und ehrlich darüber diskutieren, wie es in der Frage der Wetten und der Sportwetten weitergeht.
Ich will es abschließend noch einmal betonen: Für uns steht die Frage der Spielsucht im Mittelpunkt. Diese Frage muss das staatliche Toto-Lotto wirklich ehrlich beantworten. Alle, die dort in den entsprechenden Gremien sitzen, fordere ich auf: Setzen Sie eine Grenze für die Jackpots, damit es nicht zu so hohen Summen kommt, wie wir sie bisher hatten. Denn durch solch hohe Jackpots fördern Sie die Spielsucht mehr als mit vielen anderen Dingen.
(Beifall der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ein Schmarren! Das ist doch Unfug!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute haben wir am Ende eines langen parlamentarischen Tages ein spannendes Thema, bei dem es um wichtige Ziele geht: Es geht um Spiel- und Wettsucht, wie sie durch die Politik möglichst eingedämmt, kanalisiert werden kann. Es geht aber unter anderem auch darum – das ist noch nicht angesprochen worden –, die Beseitigung von Manipulationsgefahren im Auge zu haben, und zwar nicht nur im Bereich des Fußballs, wo wir in Europa einschlägige Beispiele haben, sondern gerade auch im
Lotteriewesen. Das ist ein Gesichtspunkt, der sehr deutlich gesehen werden muss. Aber es handelt jeder nicht korrekt, wenn er nicht auch darüber spricht, dass es da bei uns in Baden-Württemberg und in Deutschland um viel Geld geht.
Ich möchte ausdrücklich betonen – da gebe ich insbesondere Ihnen, Herr Groh, und Ihnen, Herr Walter, recht –: Im Vordergrund aller unserer Bemühungen muss stehen, dass die Politik die Spiel- und die Wettsucht möglichst optimal im Lichte des Bundesverfassungsgerichtsurteils in den Griff nimmt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März dieses Jahres hat klare Vorgaben gemacht. Es hat gesagt, dass die jetzige Ausgestaltung rechtlich und tatsächlich gegen Artikel 12 des Grundgesetzes verstößt, dass hier den nötigen Anforderungen nicht Rechnung getragen wird. Allein schon deshalb ist es erforderlich, dass hier durch einen Staatsvertrag – das ist die einzig denkbare Rechtsform – dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen wird.
Wie ist hier die Entwicklung gewesen? Ich darf noch einmal kurz reminiszieren. Wir haben zunächst von Bayern und Niedersachsen einen Entwurf vorgelegt bekommen, der ordnungsrechtlich derartig stringent ausgerichtet war, dass nach unserer Auffassung, aber auch nach Auffassung von Gutachtern, die wir beauftragt haben, festzustellen ist: Wenn dieser Entwurf so durchgehen würde, würde Artikel 12 des Grundgesetzes verletzt.
Es war das Land Baden-Württemberg – das darf ohne unzulässiges Schulterklopfen erwähnt werden –, das deswegen gesagt hat: Wir greifen die differenzierende Betrachtungsweise des Bundesverfassungsgerichts auf, indem wir entsprechend abschichten, was im Wettbereich an Suchtgefahren besteht und wie sich diese unterschiedlich zueinander verhalten, da hier nicht alles über einen Leisten gezogen werden kann.
Wir haben deswegen auch erreicht, dass der erste Entwurf des Staatsvertrags, der ein Totalverbot des Vertriebs oder der Vermittlung über das Internet sowie das Verbot des Mailings vorgesehen hat und weit über das Ziel hinausgeschossen ist, entsprechend modifiziert wurde.
Der jetzt von der Ministerpräsidentenkonferenz freigegebene Entwurf verfolgt nach wie vor – mit unserer vollen Unterstützung und mit den auch von uns gewählten Vorgaben – einen strikt ordnungsmäßigen Ansatz. Zukünftig soll Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen, über das Telefon und über sonstige interaktive Medien verboten werden. Die noch zulässige Werbung hat sich im Übrigen auf Information und Aufklärung über das Spieleangebot zu beschränken, wobei es natürlich – das muss der Ehrlichkeit halber auch gesagt werden – immer überlappende Tatbestände geben wird. Zum Spielerschutz wird ein über Spielbanken und Lottogesellschaften übergreifendes Sperrsystem geschaffen. Damit soll z. B. sichergestellt werden, dass gesperrte Spieler weder in Spielbanken spielen dürfen noch an Wetten, schnell laufenden Lotterien mit täglicher Ziehung oder an Spielangeboten über das Internet teilnehmen können. Speziell für die Sportwetten gelten verschärfte Vorschriften wie weiter gehende Einschränkungen der Werbung und Ausschluss von Wetten während laufender Sportereignisse.
Wenn vorhin erwähnt wurde – ich glaube, Sie waren das, verehrte Frau Queitsch –, dass sich Lotterievermittler in einem Brief an eine Landtagsfraktion gewandt haben, dann sollten wir alle zusammen auch darauf hinweisen, dass das, was wir jetzt wegen der Differenziertheit erreicht haben, auch deren Interessen so weit berücksichtigt, wie das geltende Recht dies überhaupt zulässt.
Die mit dem Staatsvertrag konsequent fortgeführte Ausrichtung des Monopols am Ziel der Bekämpfung der Spielsucht ist auch die Voraussetzung – das ist ganz wichtig – für eine wirksame ordnungsrechtliche Bekämpfung illegaler Glücksspielangebote. Dabei geht es nicht nur um die Schließung der Wettannahmestellen für Sportwetten, sondern vor allem um die Lotterien, Wetten und Kasinospiele, die über das Internet vermittelt werden. In den Ländern wurden inzwischen zahlreiche Untersagungsverfügungen mit Sofortvollzug erlassen, die zwar zunächst von den Verwaltungsgerichten – auch in unserem Land – unterschiedlich beurteilt wurden, dann aber in ganz Deutschland in der nächsten Instanz, den Verwaltungsgerichtshöfen und den Oberverwaltungsgerichten, bestätigt worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Staatsvertrag soll zunächst für vier Jahre gelten. Innerhalb von drei Jahren sollen die Auswirkungen des Staatsvertrags evaluiert werden. Lässt sich das Monopol rechtlich und faktisch durchsetzen und sollte das Monopol nicht höherrangig von der EU – egal, von wem dort – angegangen werden, wird kein Anlass bestehen, hiervon abzurücken. Aber nur für den Fall, dass dies nicht gelingen sollte, ist es notwendig, entsprechende Alternativen zu entwickeln.
Das ist auch die erste Antwort auf die vorhin gestellte Frage: Wie verhält es sich mit der Protokollnotiz, die auch unser Ministerpräsident abgegeben hat? Es verhält sich genau in dieser Reihenfolge und in dieser Stufung. Es ist nur ein Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein – und vor allem auch ein Anerkenntnis, wie Herr Walter vorhin völlig richtig gesagt hat, der sich rapide entwickelt habenden Kommunikationsmöglichkeiten bei uns, die man nicht einfach wegwischen kann –, dass man hier rechtzeitig auch Alternativszenarien entwickelt,