Protocol of the Session on December 15, 2010

Wir haben sämtliche Verträge vorgelegt. Wir haben sie, um eventuellen Vorwürfen zu begegnen, übersetzen lassen. Ich selbst habe im Finanzausschuss über anderthalb Stunden Re de und Antwort gestanden. Ich will nochmals ankündigen, dass wir auch die Maximalbeträge für die Aufwendungen im Rahmen des Übernahmeangebots veröffentlichen werden – genau so, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.

Meine Damen und Herren, warum machen wir ein faires Ge schäft? Den Schritt zur Übernahme der EdF-Anteile können wir nur machen, weil uns eine außergewöhnlich günstige Marktlage die Chance dazu gibt. Ansonsten wäre dies schlicht unmöglich gewesen. Denn ich war, bin und bleibe immer der Überzeugung, dass man hierfür keine Steuergelder verwen den kann.

Wir kaufen 45,01 % der Unternehmensanteile mit einem Vo lumen von 4,67 Milliarden €. Der Preis pro Aktie beträgt 41,50 € – inklusive des Zuschlags für die Dividende des Jah res 2010. Ohne diesen Zuschlag läge der Preis bei exakt 40,00 € je Aktie.

Sie fragen sich sicherlich, ob der Preis von 41,50 € je Aktie angemessen und fair ist. Meine Damen und Herren, der Preis ist fair. Wir haben ein gutes Geschäft gemacht. Die damalige Landesregierung hat im Jahr 2000 von der EdF 75 DM pro Aktie bekommen. Das entspricht 38,40 € je Aktie. Bereinigt man den damaligen Kaufpreis um die Inflation seit dem Jahr 2000, so ergibt sich in heutigen Preisen ein Betrag von 45,60 €. Mit anderen Worten: Wir kaufen die Anteile jetzt re al um 10 % günstiger zurück, als wir sie damals verkauft ha ben.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Und die Dividenden da zwischen? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Merkwür dige Rechnung!)

Wie wir wissen, hat die Aktie nach unserem Einstieg noch Luft nach oben: Anfang des Jahres 2008 notierten die EnBWPapiere bei über 60 €. Dabei erwerben wir Anteile an einem Unternehmen, das gänzlich anders ist, das inzwischen größer und deutlich ertragsstärker geworden ist.

Wir kaufen heute ein anderes, ein besseres und viel stärkeres Unternehmen zurück. Im Jahr 2000 lag das Ergebnis EBITDA der EnBW bei 869 Millionen €, der Jahresüberschuss bei 139 Millionen €. Für das Jahr 2010 wird das Ergebnis der EnBW auf mehr als 2,8 Milliarden € und der Jahresüberschuss auf rund 1 Milliarde € geschätzt. Hatte die EnBW vor elf Jah ren noch rund 12 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so sind es heute rund 21 200, also fast doppelt so viele. Lag der Umsatz des Unternehmens vor elf Jahren noch bei rund 4,2 Milliarden €, so sind es heute rund 15,6 Milliarden €, also fast viermal so viel. Wurden vor elf Jahren noch 49 TWh Strom produziert, so sind es heute 70 TWh. Wurden 1999 noch 2 TWh Gas verkauft, so sind es heute 66 TWh Gas – sage und schreibe 33-mal so viel.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen lassen sich sehen. Sie zeigen aber auch: Wir verwenden unser Geld für eine gut auf gestellte, gut geführte Firma mit einer hervorragenden Beleg schaft, die vor einer chancenreichen Zukunft steht.

Wir kaufen ein Unternehmen zurück, das ein Vielfaches der Leistung von damals bringt, und das Ganze zu um 10 % güns tigeren Preisen als vor zehn Jahren. Wenn das kein gutes Ge schäft ist, meine Damen und Herren,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Schnäppchen!)

dann weiß ich nicht mehr, was für Baden-Württemberg gut wäre.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Land zahlt einen günstigen Preis – auch bei einem Blick auf vergleichbare Transaktionen in der Energiebranche. Um Vergleiche ziehen zu können, wird bei solchen sogenannten Kontrollerwerbstransaktionen standardmäßig der Kaufpreis ins Verhältnis zum Jahresergebnis des Unternehmens gesetzt. Betrachtet man diesen Faktor, so lag er beim Einstieg der RWE beim holländischen Energieversorger Essent bei 9,6. Das Engagement von E.ON bei der spanischen Gesellschaft Enel Viesgo erfolgte zum Faktor 10,9. Bei unserer Überein kunft mit der EdF liegt der Faktor dagegen nur bei 6,0. Wir zahlen also einen besonders günstigen Preis für den Wert, den wir bekommen. Wir machen ein solides und vor allem ein re elles Geschäft – im besten badischen und schwäbischen Sinn.

Selbstverständlich brauchen wir viel Geld für den Ankauf. Aber die derzeitige Situation am Kapitalmarkt ist günstig. Sie ist durch besonders niedrige Zinsen gekennzeichnet. Deshalb werden die Kosten der Refinanzierung unter den Dividenden zahlungen der EnBW liegen.

Die Dividendenrendite der EnBW liegt seit dem Jahr 2005 bei über 3 %, zuletzt bei 3,7 %. Wir können davon ausgehen, dass die Dividendenzahlungen stabil bleiben, denn die EnBW be rechnet die Ausschüttungsquote sehr konservativ. In den letz ten fünf Jahren wurden im Schnitt lediglich 40 % des Über schusses als Dividende ausbezahlt. Für die Refinanzierung müssen wir voraussichtlich Zinsen in der Größenordnung von 2,5 % bezahlen. Selbst im ungünstigsten Fall wird die EnBW nach unserem Einstieg immer eine Dividende zahlen, die in ihrer Summe über unseren Refinanzierungskosten liegt. Die Übernahme der EnBW-Anteile wird deshalb nicht zulasten der Steuerzahler im Land gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Läuft es gut, können wir damit sogar noch etwas Geld verdie nen. Die viel zitierte schwäbische Hausfrau wäre damit hoch zufrieden.

(Zurufe von der SPD und den Grünen, u. a. Abg. Ur sula Haußmann SPD: Oje! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Auch der schwäbische Hausmann! – Abg. Theresia Bauer GRÜNE, in Richtung CDU und FDP/DVP zeigend: Das glauben noch nicht einmal die!)

Der Kauf der EnBW-Anteile von der EdF selbst kostet nach unserer Vereinbarung insgesamt 4,67 Milliarden €. Nach dem Aktienrecht müssen wir auch allen anderen Anteilseignern der EnBW – hauptsächlich den Oberschwäbischen Elektrizitäts werken – ein Übernahmeangebot für ihre Aktienanteile unter breiten. Das haben wir schon am vorvergangenen Montag getan. Wir haben ein freiwilliges Übernahmeangebot von 41,50 € je Aktie gemacht. Die OEW hatten sich aber bereits im Vorhinein uns gegenüber vertraglich verpflichtet, ihre 45,01 % der EnBW-Anteile nicht zu verkaufen. Damit stehen die OEW weiter zur bewährten und erfolgreichen Partner schaft innerhalb der EnBW. Dies begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Da die OEW voll bei ihrem Engagement bleiben, bestehen hier keinerlei Unwägbarkeiten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass andere Aktionäre für insgesamt nur noch maximal 9,98 % der Anteile unser Übernahmeangebot wahrnehmen könnten. Gleichwohl müssen wir Vorsorge dafür treffen, dass wir auch diese Aktien erwerben und bezahlen können, falls sich einzelne Aktionäre dazu entschließen, unser Übernahme angebot anzunehmen. Auch das gehört zur Seriosität der Transaktion und ist eine direkte Folge aktienrechtlicher Vor schriften.

Deshalb muss das Land zusätzlich zum eigentlichen Kaufpreis für das Aktienpaket der EdF vorsorglich weitere Garantien in Höhe von gut 1 Milliarde € bereitstellen, da wir für eine kom plette Übernahme der EnBW – abzüglich des OEW-Anteils – kalkulieren müssen.

Ich stelle klar: Es geht dabei nicht um Kostensteigerungen, wie heute mehrfach fälschlicherweise berichtet wurde. Es han delt sich auch nicht um tatsächliche, real existierende Kosten, sondern um eine rechtlich und bilanziell notwendige und ge setzestechnisch vorgeschriebene Vorkehrung für einen un wahrscheinlichen Fall. Denn von den 9,98 % freien Anteilen sind die meisten heute in den Händen von Kommunen und Verbänden im Land. Es ist davon auszugehen, dass diese An teile nicht den Eigentümer wechseln; denn sie haben den Ei gentümer auch nicht gewechselt, als die Aktie über 60 € wert war.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Lediglich beim Streubesitz von weniger als 2 % der Aktien ist abzuwarten, ob wirklich ein Verkauf der Aktien stattfindet.

Für das Übernahmeangebot ergibt sich daraus also ein Betrag von rund 5,7 Milliarden €. 170 Millionen € werden für die Vorabzahlung der Dividende für das Jahr 2010 an die EdF fäl lig, wofür das Land garantiert. Dieser Betrag ist mit 1,50 € je Aktie bereits im Kaufpreis enthalten.

Bei dem anstehenden freiwilligen Übernahmeangebot muss jedoch den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend eine Fi nanzierungsbestätigung über das maximal mögliche Transak tionsvolumen ausgestellt werden, das heißt einschließlich der Dividende. Die Dividendenzahlung für die EdF ist folglich aus rechtlichen Gründen – notwendigerweise, rechtlich vor geschrieben – zweimal anzusetzen, obwohl sie nur einmal zahlungswirksam wird. De facto handelt es sich dabei also um einen rein rechtlich veranlassten rechnerischen Posten. Die

Gesamtgarantiesumme liegt damit inklusive Puffer für etwa ige weitere Kosten bei 5,9 Milliarden €.

Ich wiederhole noch einmal: Die Garantie deckt die theoreti schen Zahlungsverpflichtungen ab. Der tatsächliche Kauf der EnBW-Aktien von der EdF kostet 4,67 Milliarden €. Dabei bleibt es.

Lassen Sie mich deshalb noch ein Wort zu dem sagen, was ich heute verschiedentlich hören und lesen konnte. Ich kann nicht erwarten, dass jeder Bürger in diesem Land Aktienexperte ist und diese Zahlen quasi automatisch durchblicken kann. Aber ich möchte von jenen, die über uns berichten, erwarten, dass sie das, was wir bereits in der letzten Woche gesagt haben, auch „1 : 1“ übernehmen.

(Lachen bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ja, langsam.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Tho mas Knapp SPD: Berlusconi des Landes! – Unruhe)

Ja, Herr Schmiedel, da gibt es nichts zu lachen. Wenn es um die Wahrheit geht, Herr Schmiedel, erwarte ich, dass korrekt berichtet wird.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Deshalb möchte ich aus der Pressemitteilung des Staatsminis teriums von der letzten Woche zitieren:

Baden-Württemberg wird allen Aktionären der EnBW AG ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot unterbrei ten, dessen Höhe dem Preis entspricht, der an die EdF gezahlt wird. Die Veröffentlichung der Angebotsunterla ge und weiterer das Angebot betreffender Informationen erfolgt unter...

Dann folgt die Internetadresse von Neckarpri.

Nachdem die Information vom Staatsministerium in der letz ten Woche so herausgegeben wurde, ist es nicht in Ordnung, gestern und heute von Kostensteigerungen zu reden – um das einmal klipp und klar zu sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Das ist wie in Italien!)

Nun zu der Frage: Warum bleibt der Verkauf der EnBW-An teile an die EdF im Jahr 1999 trotzdem richtig? Sehr geehrte Damen und Herren, untrennbar verbunden mit dem Ankauf der EnBW-Anteile, über den wir heute reden, ist der Verkauf der EnBW-Anteile durch die Landesregierung im Jahr 1999. Dieser Verkauf war auch aus heutiger Sicht absolut richtig. Das Ziel des Verkaufs war damals, die Chancen des frisch li beralisierten Energiemarkts zu nutzen. Die Deregulierung der deutschen Stromwirtschaft führte zu einem drastischen Preis druck, ähnlich wie im Kommunikationsbereich. Absehbar war, dass sich die Zahl der Energieversorgungsunternehmen deut lich reduzieren wird.

Wir wollten verhindern, dass die EnBW in diesem Zusam menhang ihre Eigenständigkeit verliert. Es ging, wie Minis

terpräsident Erwin Teufel in der damaligen Regierungserklä rung richtig formuliert hat, um – ich zitiere –

eine europaweit wettbewerbsfähige baden-württembergi sche Energiewirtschaft, ein strategischer und standortpo litischer Nutzen für unser Land und seine Arbeitsplätze...

Die Strategie für damals überzeugt auch noch aus heutiger Sicht: Eine europäische Ausrichtung der EnBW durch den Einstieg der EdF war im Sinne des europäischen Integrations prozesses. Die Energiepolitik stand schon immer im Mittel punkt der europäischen Entwicklung.

Eine grenzüberschreitende Lösung ermöglichte es, die beson deren Wachstums- und Marktsynergien in Deutschland zu nut zen. So konnten wir Wertschöpfung und Beschäftigung im Land halten. Innerdeutsche Lösungen hätten nur Kostensyner gien zur Folge gehabt, die Arbeitsplätze gefährdet hätten.

Und – darauf hatte ich schon hingewiesen –: Die EdF strebte 1999 nur eine Minderheitsbeteiligung an. Dadurch konnte die Selbstständigkeit der EnBW auf damals absehbare Zeit gesi chert werden. Die EnBW konnte im Kern ein baden-württem bergisches Unternehmen bleiben.

Der damalige Verkauf an die EdF hat für Baden-Württemberg und seine Bürger einen bleibenden Nutzen geschaffen. Wir haben aus den Verkaufserlösen die heutige Baden-Württem berg Stiftung gegründet. Durch die Einrichtung der damali gen Landesstiftung konnten wir einen Großteil des Kapitals aus dem Verkauf der EnBW-Anteile zugunsten der Menschen in Baden-Württemberg erhalten.

In den vergangenen zehn Jahren konnten für die Menschen in Baden-Württemberg Projekte mit einem Volumen von rund 600 Millionen € auf den Weg gebracht werden. Ohne die Ba den-Württemberg Stiftung wäre unser Land heute ärmer und kälter.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Wer regiert denn?)

Deshalb erteile ich allen Forderungen nach einer Auflösung der Stiftung am heutigen Tag eine klare Absage, meine Da men und Herren.