Protocol of the Session on June 30, 2005

Also, wenn die Liebe zum Kind nichts ist, dann taugen die Grünen überhaupt gar nichts. Entschuldigung! Wenn eine solche unmenschliche Aussage kommt, dann ist das ja jenseits von gut und böse.

Jetzt, Kollege Wintruff.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Sollen wir uns mit diesen allgemeinen Spruchweisheiten zufrieden ge- ben?)

Wenn Sie das im Hirn verarbeiten und dann politisch umsetzen, ist das keine allgemeine Weisheit. Das ist das A und das O, der Anfang und das Ende, das Alpha und das Omega, wie es schon in der Heiligen Schrift steht.

(Abg. Fischer SPD: Der Pfarrer hat gesprochen! – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Kleinmann, darf jetzt bitte Herr Abg. Wintruff seine Frage an Sie richten?

Herr Abg. Wintruff.

Wenn sich alle beruhigt haben.

Lieber Herr Kollege, da es doch im Wesentlichen um die Akzeptanz der Hauptschule geht, …

Ja, richtig.

… möchte ich Sie gern fragen, wie Sie es sich erklären können, dass von allen Landtagsabgeordneten hier im Saal kein einziger und keine einzige ihr Kind oder ihre Kinder freiwillig in die weiterführende Hauptschule geschickt haben.

(Abg. Döpper CDU: Was?)

Warum eigentlich?

(Abg. Döpper CDU: Woher wissen Sie das, Herr Wintruff?)

Keiner. Oder kennen Sie jemanden? Ich kenne niemanden.

(Abg. Döpper CDU: Also, mein Sohn war auf der Hauptschule!)

Vielleicht ein Jahr lang.

Kollege Wintruff, die Antwort ist schnell gegeben.

(Abg. Döpper CDU zu Abg. Wintruff SPD: So ein Quatsch! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Darf ich jetzt reden?

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Abg. Kleinmann.

(Abg. Wintruff SPD: Dann revidiere ich mich da- hin gehend, dass Herr Döpper vielleicht die große Ausnahme bildet! Ansonsten ist das in 20 Jahren nicht anders gewesen, als ich es jetzt geschildert habe! Alles andere wäre, jetzt ganz ernsthaft, eine Verdrehung der Tatsachen, auch wenn Sie, lieber Herr Kollege, wirklich die einzige Ausnahme dar- stellen! Ich werde das überprüfen!)

Kollege Wintruff, ich kann Ihnen darauf nur sagen: Als Pfarrer habe ich mit vielen Menschen zu tun, auch mit Eltern, die ihre Kinder auf weiterführende Schulen, auch auf die Hauptschule, schicken. Ich kann Ihnen überhaupt nicht zustimmen.

Ich finde es wirklich diskriminierend – das muss man auch einmal sagen –, die Hauptschule ständig derart in den Dreck zu ziehen, als ob sie nichts taugen würde. Das ist doch jenseits von gut und böse.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Fischer SPD: Das stimmt doch gar nicht! – Abg. Wintruff SPD: Warum haben Sie denn Ihre Kinder nicht in die Hauptschule ge- schickt? – Abg. Schmiedel SPD: Immer die Haupt- schule beklatschen und die eigenen Kinder nicht hinschicken! – Abg. Wintruff SPD: Die Hauptschu- le ist nur für die anderen da! – Glocke der Präsi- dentin)

Herr Abg. Wintruff, ich habe Ihnen das Wort nicht erteilt.

Das Wort erteile ich Frau Abg. Rastätter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kultusministerin Schavan und Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, lassen keine Gelegenheit aus, zu betonen, dass die Hauptschule als eigenständige Schulart in Baden-Württemberg erhalten bleiben muss.

(Abg. Röhm CDU: Richtig!)

Die Hauptschule muss gerettet werden, koste es, was es wolle,

(Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

auch wenn aufgrund der demografischen Entwicklung bereits heute 700 von 1 200 Hauptschulen einzügig geworden sind und wenn von diesen 700 einzügigen Hauptschulen bereits 200 weniger als 60 Schülerinnen und Schüler haben – 60, wohlgemerkt, für fünf Klassen.

(Abg. Seimetz CDU: Ich dachte, Sie wollen die wohnortnahe Schule haben!)

Es will immer noch nicht in Ihre Köpfe, dass wir uns künftig aufgrund der demografischen Entwicklung überhaupt kein solches zersplittertes Schulsystem mehr leisten können, wenn wir auch weiterhin ein qualitativ gutes, wohnortnahes Angebot für alle Schülerinnen und Schüler haben wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen und Frau Ministerin, Sie glauben immer noch, man könne durch eine bessere Sortierung von Schülerinnen und Schülern bessere Leistungen erreichen. Es will auch nicht in Ihre Köpfe, dass dies kein modernes System ist. Ein modernes Schulsystem besteht dann, wenn es gelingt, durch eine individuelle Förderung, durch einen besseren Umgang mit der Heterogenität von Kindern jedes Kind gut zu fördern

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Richtig! Das machen wir auch!)

und damit gleichzeitig sozial zu integrieren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist schon angeklungen, aber ich muss es trotzdem sagen: Für diejenigen, die sich immer

am stärksten für die Rettung der Hauptschule einsetzen, bricht die Welt zusammen, wenn die Gefahr droht, dass das eigene Kind eine verpflichtende Hauptschulempfehlung bekommen soll.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Warum denn?)

Dann werden sofort Nachhilfeinstitute aufgesucht, dann wird Nachhilfe eingeschaltet,

(Abg. Döpper CDU: Wem suggerieren Sie das denn?)

und dann wird jeder erdenkliche Einfluss und Druck auf die Schule ausgeübt, damit ja keine Hauptschulempfehlung erteilt wird.

(Abg. Seimetz CDU: Das ist das Ergebnis eures Geredes!)

Was ist das Ergebnis dieser Entwicklung, Herr Seimetz?

(Abg. Seimetz CDU: So habt ihr die Hauptschule kaputtgeredet!)

Nein, nein, nein. Das ist eine Abstimmung mit den Füßen, die in Baden-Württemberg erfolgt ist.