Protocol of the Session on November 26, 2003

Meine Damen und Herren, ich bedauere ausdrücklich, dass einige SPD-geführte Länder diese Rollback-Strategie im Tierschutz ebenfalls betreiben.

(Abg. Stickelberger SPD: Unmöglich!)

Meine Damen und Herren, gerade unser Bundesland Baden-Württemberg hat allen Grund, sich im Bundesrat für die Durchsetzung des Verbots der Käfighaltung zu engagieren. Wir wissen: Über 80 % der Bevölkerung lehnen die Käfighaltung ab.

(Abg. Alfred Haas CDU: Und kaufen Eier aus dem Osten!)

In Baden-Württemberg ist der Anteil an Eiern aus Bodenund Freilandhaltung seit 1990 von 4 % auf fast 20 % gestiegen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wo kommen die übrigen 80 % her?)

Unsere landwirtschaftliche Struktur in Baden-Württemberg ist geprägt von bäuerlichen Familienbetrieben. Darauf sind Sie doch insgesamt auch sehr stolz.

(Zuruf des Abg. Röhm CDU – Abg. Alfred Haas CDU: Die Realität ist doch ganz anders! Sie sind blind!)

Gerade weil wir keine großindustrielle landwirtschaftliche Struktur haben, spielt ein Verbot der Käfighaltung bei uns in Baden-Württemberg überhaupt keine Rolle. Dieses Verbot ist für unsere Betriebe eine große Chance. Die neue

Verordnung von Ministerin Künast macht nämlich die Hennenhaltung für viele Betriebe wieder interessant, vor allem auch in der Direktvermarktung.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, Sie haben es vermutlich verfolgt: Endlich schwenkt – was wir lange gefordert haben – der Handel um. Hier findet ein Umdenkungsprozess statt. Aldi Nord hat vor wenigen Monaten den Anfang gemacht und öffentlich erklärt, von Anfang 2006 an nur noch Eier aus Freilandhaltung und Bodenhaltung zu verkaufen.

(Abg. Röhm CDU: Das ist ein Unterschied!)

Weitere Handelsriesen werden folgen, und das wird dem Absatz von Eiern aus Boden- und Freilandhaltung einen enormen Schub geben.

Meine Damen und Herren, jetzt kommen wir zu dem, was wir hier fraktionsübergreifend beschlossen haben: BadenWürttemberg hat als eines der ersten Bundesländer den Tierschutz fraktionsübergreifend in die Landesverfassung aufgenommen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Europaweit!)

Dabei geht es nicht nur um Symbolik, sondern es geht um den Auftrag, konkrete und klare Verbesserungen im Tierschutz zu erreichen. Ihre Glaubwürdigkeit als Landesregierung wird davon abhängen, ob Sie sich am kommenden Freitag für die Beibehaltung des Käfighaltungsverbots für Legehennen ab 2006 einsetzen.

(Beifall bei den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Rastätter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Röhm?

Selbstverständlich, Herr Kollege Röhm.

Bitte schön.

Frau Kollegin Rastätter, Sie haben eben Boden- und Freilandhaltung in einem Atemzug erwähnt. Ich bin mir sicher, weil Sie echte Tierschützerin sind, dass Sie das nicht so gemeint haben. Können Sie einmal erklären, was Sie unter Bodenhaltung und was Sie unter Freilandhaltung verstehen? Für mich sind das zwei Paar Stiefel. Bitte klären Sie mich auf. Ich wäre sonst von Ihrer Einstellung enttäuscht.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Herr Röhm, ich bin sehr gerne bereit, Ihnen das in fachlicher Hinsicht bilateral in einem Gespräch zu erläutern. Sie werden Verständnis haben, dass ich in fünf Minuten keine differenzierte Fachdebatte führen kann.

(Abg. Capezzuto SPD zu Abg. Röhm CDU: Steht in der Drucksache! Drucksachen lesen, Herr Kolle- ge!)

Ich kann Ihnen aber sagen, eine Boden- und Freilandhaltung beinhaltet eine Volierenhaltung der Hühner mit Freilauf. Das ist damit gemeint.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

In die Details können wir mit Sicherheit noch einsteigen.

Ich bitte Sie, Herr Landwirtschaftsminister Stächele, sich im Bundesrat entsprechend zu verhalten.

(Abg. Alfred Haas CDU: Haben Sie schon einmal Hühner in Freilandhaltung gesehen?)

Ich möchte mich aber auch noch zu dem Antrag der Regierungsfraktionen äußern. In Ziffer 1 bekennen Sie sich grundsätzlich zum Auslaufen der Legehennenhaltung in konventionellen Käfigen.

(Zuruf von der SPD: Grundsätzlich!)

Dieser Antrag macht aber nur Sinn, wenn Sie ihn mit einer zeitlichen Begrenzung verknüpfen. Wenn Sie nicht sagen, bis wann, kann es noch tausend Jahre gehen.

(Abg. Teßmer SPD: So ist es ja auch gedacht!)

In Ziffer 2 sprechen Sie von offensichtlichen Problemen der Legehennenhaltung in Boden- und Freilandhaltung. Es gibt selbstverständlich Probleme bei schlechter Bodenhaltung und bei schlechter Freilandhaltung. Aber diese Probleme können gelöst werden und sind in der Schweiz, in Österreich, in vielen anderen Ländern und in den Ökobetrieben in Deutschland längst gelöst.

(Abg. Alfred Haas CDU: Nein!)

Aber die Käfighaltung ist nicht verbesserungsfähig, sondern führt dauerhaft zu Tierquälerei. Deshalb muss sie abgeschafft werden. Wir lehnen die strukturierten Käfige, die Sie Kleingruppenhaltung nennen und einfordern, ebenfalls ab.

(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Das ist aber schade!)

Denn Käfig bleibt Käfig, und ein Huhn gehört nicht in einen Käfig.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, in Ziffer 3 fordern Sie, dass die wichtigsten Tierschutzaspekte europaweit umgesetzt werden müssen. Selbstverständlich wollen wir das. Dafür setzt sich unsere Ministerin ein. Aber Europa legt nur Mindeststandards fest. Wenn einzelne Länder nicht gelegentlich über diese Standards hinausgehen, wie das übrigens die Niederlande, Schweden und auch Dänemark in vielen Bereichen machen, gibt es keinen Fortschritt auf EU-Ebene. Deshalb müssen wir im Bereich der Legehennenhaltung eine Vorreiterrolle in Europa übernehmen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Alfred Haas CDU: Augen zu und durch!)

Wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab und fordern Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen, denn immerhin bestand über die Abschaffung der Käfighaltung von Legehennen 2001 im Bundesrat Konsens.

Abschließend möchte ich Sie bitten, sich einmal anzuschauen, wie diese Käfighaltung aussieht, deren Duldung nach dem Willen der Landesregierung jetzt noch weitere drei Jahre verlängert werden soll. Ich bitte Sie, einen Blick auf diesen Käfig zu werfen, damit Sie sehen, wie die Hennen in Deutschland noch bis zum Jahr 2006 gehalten werden.

(Abg. Boris Palmer und Abg. Walter GRÜNE tra- gen einen Käfig mit Attrappen von Hennen herein.)

Dies wollen wir nicht. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Rastätter, einen Moment bitte. – Herr Kollege Palmer, Herr Kollege Walter, dies ist nicht den Sitten dieses Parlaments entsprechend. Wir argumentieren mit Worten und nicht mit Käfigen. Ich rüge dieses Verhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte dazu abschließend noch ein Wort sagen, Herr Präsident. Es ist auch mit den Sitten einer humanen Gesellschaft nicht vereinbar,

(Abg. Alfred Haas CDU: Sie sind blind auf beiden Augen!)