Ein dritter Punkt: Lkw-Überholverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen. Meine Damen und Herren, wir haben eine hohe Verkehrssicherheit auf Autobahnen unter anderem dadurch erreicht, dass wir Lkw-Überholverbote ausgeweitet haben und dass wir dort Geschwindigkeitsbeschränkungen haben, wo sie erforderlich sind. Von den ca. 2 050 Kilometer Richtungsfahrbahnen sind 38 % mit Lkw-Überholverboten unterschiedlicher Ausprägung belegt. Für 565 Kilometer gilt das Lkw-Überholverbot derzeit von 6 bis 19 Uhr. Eine Ausweitung auf 22 Uhr wird derzeit geprüft. 30 % aller Richtungsfahrbahnen sind geschwindigkeitsbeschränkt für Pkws und Motorräder. Die Autobahnen unterliegen der permanenten Beobachtung durch Polizei und Straßenverkehrsbehörden.
Aber, meine Damen und Herren, es ist auch wichtig, dass man Geschwindigkeitsbeschränkungen von Zeit zu Zeit auf ihre Notwendigkeit hin überprüft. Verkehrssicherheit ist ein dynamischer, kein statischer Prozess. Wenn es auf einer Richtungsfahrbahn außerordentlich positive Entwicklungen hinsichtlich der Unfallzahlen gibt, dann halte ich es für logisch, dass man überprüft, ob die Geschwindigkeitsbeschränkung noch länger erhalten bleiben muss. Denn, meine Damen und Herren, Geschwindigkeitsbeschränkungen sollen dort gelten, wo sie sinnvoll und notwendig sind, aber freie Fahrt soll dort gelten, wo es möglich ist. Das ist unser Grundsatz. Diesen werden wir beibehalten.
Auf der A 5 haben wir die Geschwindigkeitsbeschränkung aufgehoben, weil dort ein völlig neuer Fahrbahnbelag aufgebracht wurde. Aufgrund der schlechten Fahrbahnsituation wurde zuvor die Geschwindigkeitsbeschränkung erlassen. Also ist es doch logisch, dass ich, wenn ich eine völlig neue Fahrbahn habe, überprüfe, ob die Geschwindigkeitsbeschränkung noch aktuell ist.
Immer ganz ruhig bleiben! Ich gehe jetzt gerade systematisch das durch, was Sie vorhin angerissen haben.
Auf der A 7 – soviel ich weiß, haben Sie die namentlich erwähnt – wurde in der Tat in einer Richtung die Geschwindigkeitsbeschränkung aufgehoben. Ich sage Ihnen auch, warum: weil man die Fahrbahn in der Gegenrichtung vor zwei Jahren von der Geschwindigkeitsbeschränkung befreit hatte und – siehe da! – keine Erhöhung der Unfallzahlen zu verzeichnen war. Wenn das der Fall ist, dann ist es eigentlich nicht ganz unlogisch, dass man sich einmal an die Frage wagt, ob das auf der anderen Seite der Straße vielleicht nicht genauso möglich ist. Genau das tun wir jetzt. Dort wird die Geschwindigkeitsbeschränkung aufgehoben. Klar ist aber auch, dass ein solcher Streckenabschnitt dauerhaft überwacht wird. Sollten sich die Unfallzahlen wieder verändern, werden wir reagieren.
Klar ist, dass folgendes Prinzip gelten muss: Geschwindigkeitsbeschränkungen dort, wo sie Sinn machen, und nicht prinzipiell. Deshalb sind wir auch gegen ein generelles Tempolimit, wie es speziell Ihre Partei bis zum heutigen Tag fordert.
Nein, da stimme ich Ihnen ausdrücklich nicht zu. Wenn das nämlich so wäre, wäre es auch logisch, dass man dem folgen würde. Man kann auch wissenschaftlich nachweisen, dass es nicht generell so ist.
Im Übrigen gibt es – um das der Vollständigkeit halber zu sagen – in Baden-Württemberg zwei Prinzipien, warum man Geschwindigkeitsbeschränkungen festlegt: Das eine ist das Thema Verkehrssicherheit – das haben wir gerade angesprochen –, das andere ist das Thema Lärmschutz. Sie wissen, dass wir entlang der A 8 – Stichwort Filder – zur Lärmreduktion eine Geschwindigkeitsbeschränkung eingeführt haben und diese Maßnahme auch an anderen Stellen prüfen.
Ein vierter Punkt ist wichtig, meine Damen und Herren, nämlich die Bekämpfung von Unfallhäufungsstellen. Das ist in Baden-Württemberg ein besonderer Schwerpunkt. Seit dem Jahre 2001 werden alle Mitarbeiter der Verkehrssicherheitskommissionen in Landkreisen und Gemeinden, also Verkehrsbehörde, Polizei, Straßenbaulastträger, in mehrtägigen Fortbildungsseminaren intensiv geschult. In der kommenden Woche wird die Reihe mit den letzten beiden Seminaren in der Akademie der Polizei in Freiburg abgeschlossen. Insgesamt gibt es elf Seminare mit mehr als 300 Teilnehmern, die vor Ort wertvolle Arbeit bei der Bekämpfung von Unfallschwerpunkten leisten.
Ein fünfter Punkt erscheint mir sehr wichtig, nämlich das Thema „Verkehrserziehung und –aufklärung“. Unter dem Dach des Innenministeriums gibt es die Aktion „Gib Acht im Verkehr“. Die Verkehrssicherheitsinitiative für BadenWürttemberg ist landesweit tätig und deckt mittlerweile alle Themengebiete ab – Kinder, Senioren, Drogen, Alkohol, Zweiradunfälle –, um nur einige Stichworte zu nennen. Die wichtigsten Verkehrssicherheitseinrichtungen und -institutionen wirken hierbei mit. Seit Jahresbeginn sind auch unser Haus und das Kultusministerium Partner dieser bundesweit einmaligen Initiative. Ich lade alle herzlich ein, die sich unmittelbar ein Bild über diese Aktion verschaffen wollen, am Landestag der Verkehrssicherheit am 10. Juli 2003 in Freudenstadt teilzunehmen. Übrigens können diejenigen, die gern im WWW – World Wide Web – unterwegs sind, unter www.gibachtimverkehr.de die ganze Aktion nachvollziehen.
Nun zu einem sechsten Punkt, der immer wieder für Diskussionen sorgt: Stichwort junge Fahrer. Die zweite Phase der Fahrausbildung kommt. Es gibt eine BMVBW-Verordnung über die freiwillige Fortbildung von Inhabern der Fahrerlaubnis auf Probe. Sie ist in Kraft. Sie richtet sich an die Fahranfänger, die sich noch innerhalb der Probezeit befinden.
Folgende Eckpunkte kennzeichnen das Modell: Es gibt freiwillige Fortbildungsseminare für Inhaber der Fahrerlaubnis auf Probe. Diese Seminare bestehen aus einer Kombination von Gruppensitzungen und einer Übungs- und Beobachtungsfahrt sowie praktischen Sicherheitsübungen. Wer an solchen Seminaren teilnimmt, verkürzt seine Probezeit um rund ein Jahr. Den Ländern ist die Teilnahme freigestellt. Das Umwelt- und Verkehrsministerium bereitet die Einführung in Abstimmung mit dem Fahrlehrerverband und den größten Anbietern von Sicherheitsübungen, also Landesverkehrswacht und ADAC, vor. Der Start ist für den Herbst angepeilt.
Nun ein weiterer Punkt, der vorhin angesprochen wurde: Stichwort „begleitetes Fahren“. Meine Damen und Herren, die Ergebnisse der entsprechenden Expertengruppe auf Bundesebene liegen bisher noch nicht vor. Das Thema stand auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar Ende Januar im Mittelpunkt. Es gibt dazu auch unter Experten sehr, sehr unterschiedliche Meinungen. Nach den bisher vorliegenden Informationen besteht Grund zur Skepsis, ob – so wie nach dem Modell der Expertengruppe vorgesehen – allein die Anwesenheit eines älteren Begleiters im Fahrzeug das besonders hohe Unfallrisiko bei einem jugendlichen Fahrer mindern kann.
Wenn man sich die Erfahrungen aus anderen Ländern mit dem begleiteten Fahren und dem Führerschein mit 17 – etwa in Frankreich und Schweden, um nur zwei Beispiele zu nennen – anschaut, stellt man fest, dass es völlig unterschiedliche Erfahrungen gibt, unter anderem wahrscheinlich auch wegen einer völlig unterschiedlichen Verkehrsdichte. In Frankreich sind – abgesehen davon, dass nur rund 17 % aller, die es machen können, es auch tatsächlich machen – die Erfolge, um es sehr zurückhaltend auszudrücken, sehr bescheiden. Damit bleibt die Frage nach einem möglichen Sicherheitsgewinn letztlich noch unbeantwortet, und im Übrigen ist derzeit noch völlig offen, ob die Idee auf Bundes
ebene überhaupt weiterverfolgt wird. Erst wenn diese Frage einmal entschieden ist, wird sich die Entscheidung über eine Einführung des Modells in Baden-Württemberg stellen. Das heißt, auch der Bund scheint das Ganze mit einer gewissen Skepsis zu betrachten.
Diese Meinung, Herr Kollege, bezieht sich unter anderem auf die Erfahrung von Experten, und deshalb habe ich auch ausgeführt, dass sich die Experten überhaupt nicht einig sind. Aber klar ist auch – deshalb habe ich das, glaube ich, auch relativ deutlich gesagt –: Ich bin sehr skeptisch gegenüber diesem Projekt. Ich glaube nicht, dass man damit entsprechende Erfolge erzielen kann. Ich sagte es ja: Erfahrungen in anderen Länder belegen dies. Frankreich ist ein Beispiel. In Schweden ist das Modell etwas erfolgreicher, allerdings bei einer sehr viel geringeren Verkehrsdichte. Das sind ja auch Fragen, die man berücksichtigen muss. Weil wir aber in Deutschland mit die höchste Verkehrsdichte überhaupt haben, bin ich sehr skeptisch, ob der Führerschein mit 17 bei begleitetem Fahren bei uns Sinn macht.
Aber, wie gesagt, wir warten das Expertenhearing noch ab und werden in Baden-Württemberg sicher keine Insellösung präferieren. Wenn andere der Meinung sind, dass man das Modell unbedingt einführen muss, dann sind wir diesem Thema gegenüber nicht verschlossen.
Meine Damen und Herren, die Unfallzahlen in BadenWürttemberg bestätigen unseren Kurs, fordern uns aber auch täglich neu heraus. Deshalb möchte ich bei dieser Gelegenheit auch allen danken, die an dem wichtigen Thema Verkehrssicherheit mitwirken, insbesondere der Polizei, aber auch den Fachverwaltungen, Straßenverkehrsbehörden, Baubehörden und anderen mehr.
Es gibt auch – um auch das einmal zu sagen – für mich persönlich ein ermutigendes Signal: In keinem anderem Bundesland sind Kinder unter 15 Jahren so sicher wie in BadenWürttemberg. In diesem Alterssegment haben wir die geringsten Unfallzahlen, sowohl was Tötungen als auch was schwere Verletzungen angeht. Jeder Unfall, bei dem ein Kind verunglückt, ist ein Unfall zu viel; aber immerhin scheint sich die Arbeit zu bestätigen, und zwar durch die niedrigste Verunglückungsquote in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Deshalb möchte ich auch allen starken Partnern Dank sagen, mit denen zusammengearbeitet wird, namentlich den Verkehrswachten, dem ADAC und im Übrigen all jenen, die im Ehrenamt sehr, sehr viel für diesen Bereich tun. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg und werden in den nächsten Jahren noch viel daran arbeiten.
Vielleicht, weil es angesprochen wurde, zum Schluss noch etwas dazu, warum die Verkehrsbeeinflussungsanlagen zum Teil erst 2006 entstehen: Das hängt schlicht und ergreifend damit zusammen, dass wir den erforderlichen Verkehrsleitrechner in Ludwigsburg noch nicht haben. Das Projekt wird in diesem Jahr beim Bund angemeldet und umgesetzt, und ab dem Moment, zu dem es funktioniert, können wir die
Also, unter dem Strich: Ich glaube, wir sind auch hier auf dem richtigen Weg, aber es wird auch in der Zukunft viel zu tun geben.
Es geht schnell. – Herr Klenk, Sie haben das Klima auf unseren Straßen angesprochen. Es ist allerdings nicht erst heute so. Ich erinnere mich sehr genau an eine Begebenheit: In den Fünfzigerjahren ging beim Fahrzeug meiner Mutter in Heilbronn mitten auf einer Kreuzung der Motor kaputt.
Der Nachfolgende hat natürlich – Stichwort „Frau am Steuer“ – sofort auf die Hupe gedrückt. Sie hat dann so reagiert, dass sie den Schlüssel abgezogen hat, ausgestiegen ist, ihm diesen Schlüssel angeboten hat, ihn gebeten hat, zu versuchen, das Fahrzeug wegzubekommen, und erklärt hat, sie würde so lange für ihn hupen.
Ich hatte eigentlich gedacht, dass das Klima bei uns heute besser wäre und ich bei allen applaudieren könnte, doch dann kam die Stelle, bei der Boris Palmer wieder einmal erläutert hat, was er für liberal hält. Sie liegen da gewaltig falsch. Vielleicht wird das dadurch deutlich, dass ich Ihnen sage, dass das Ziel, die Zahl der Verkehrstoten auf null zu reduzieren, auch ein Projekt der FDP-Bundestagsfraktion ist.
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist leicht gesagt! Wenn es um Konflikte geht, wird es interessant! Sind Sie auch für null Promille im Straßenverkehr? Das interessiert mich! – Abg. Seimetz CDU: Boris Palmer ist ein freudloser Mensch!)
Wir haben uns mitnichten gegen alle Regelungen gewandt, sondern – hören Sie mal richtig zu! – ich habe im ersten Teil schon ausgeführt, dass wir bestimmte Regeln ganz dringend brauchen. Wir wollen zum Beispiel auch, dass die Überprüfungen verstärkt werden, und meinen, dass man eigentlich sogar einen zweiten Prüfbus einführen müsste. Wir regen auch an, dass man einmal bezüglich der Kleinlaster überlegt, ob nicht alle Leute, die solche Fahrzeuge mit einem Pkw-Führerschein führen dürfen, ein bisschen darauf aufmerksam gemacht werden sollten – –
(Abg. Walter GRÜNE, auf die leeren Abgeordne- tenplätze der FDP/DVP-Fraktion deutend: Ist Ihre Fraktion schon heimgegangen? – Minister Dr. Dö- ring begibt sich von der Regierungsbank auf einen Abgeordnetenplatz. – Beifall – Heiterkeit)
Es wurde schon gesagt: Jeder Verkehrstote ist ein ausgelöschtes Leben zu viel, und auch an Verletzungen tragen Betroffene oft ein Leben lang. Das belastet unter anderem auch unsere Sozialversicherung gewaltig. Wir sind deshalb nicht einverstanden mit der oft vertretenen These, mehr Verkehr bedeute auch mehr Unfälle. Das ist erstens nicht logisch zwingend und kann zweitens in dieser Banalität nicht akzeptiert werden. Auf Besonderheiten, die zum Teil schon angesprochen wurden, bei den Risikogruppen Kinder und Radfahrer sowie im Bereich des motorisierten Zweiradverkehrs werden wir bei der Beratung unserer entsprechenden Anträge in der nächsten Woche im Ausschuss noch eingehen.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Jede Anstrengung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit lohnt sich. Deshalb gilt unser Dank und unsere Unterstützung für die Weiterführung der bisherigen guten Arbeit dem Ministerium, der Polizei und allen anderen Institutionen, die sich in unserem Land um die Verkehrssicherheit verdient machen, von den Automobilklubs über die Verkehrswacht bis hin zu vielseitigen lokalen Aktionen und ehrenamtlichem Bürgerengagement.
(Beifall des Abg. Dr. Döring FDP/DVP und bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Döring FDP/ DVP: Lang anhaltender Beifall bei der FDP/DVP! – Heiterkeit – Abg. Drexler SPD: Einzelner Beifall bei der FDP/DVP-Fraktion!)
Meine Damen und Herren, durch die Aussprache ist die Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/1173, erledigt.