Protocol of the Session on October 5, 2000

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde heute nur zum Zusatzauftrag der Enquetekommission sprechen und werde meine sonstigen Ausführungen in die Diskussion über den Abschlussbericht der Enquetekommission einbringen.

(Abg. Zeller SPD: Herr Kollege, wo ist denn der Wirtschaftsminister?)

Endlich können wir das Thema Vergabeordnung abschließen.

(Abg. Zeller SPD: Ohne Wirtschaftsminister?)

Ich bin froh, dass wir unter dieses Thema einen Schlussstrich ziehen können.

(Abg. Zeller SPD: Vermissen Sie den Wirtschafts- minister?)

Besonders erfreulich ist, dass wir in der Mittelstandsenquete in vielen Punkten ein Einvernehmen zwischen den Fraktionen erreichen konnten.

(Abg. Bebber SPD: Auch ohne Wirtschaftsminis- ter!)

Dies hat viel Arbeit, vor allem Überzeugungsarbeit, hauptsächlich beim Koalitionspartner, gekostet.

(Heiterkeit – Zuruf der Abg. Dr. Carmina Brenner CDU – Weitere Zurufe)

Wenn es nur nach uns gegangen wäre, hätten wir das Ergebnis schon ein halbes Jahr früher haben können.

(Beifall bei der FDP/DVP – Heiterkeit)

Manchmal braucht Demokratie vor allem innerhalb einer Fraktion aber sehr viel Zeit.

(Abg. Bebber SPD: Geduld!)

Ich möchte feststellen, dass die Verhandlungen innerhalb der Enquetekommission harmonisch verlaufen sind, Herr Capezzuto, und ich möchte Ihnen ganz klar sagen: Betreiben Sie hier bitte keine Legendenbildung über Vorgänge, an denen Sie nicht beteiligt waren. Sie waren in unserer Kommission ja ein „Spätberufener“.

(Beifall bei der FDP/DVP – Heiterkeit – Abg. Pfis- ter FDP/DVP: Er war solange in Saudi-Arabien! – Abg. Capezzuto SPD: Seit ich dabei bin, ist es har- monisch! Das ist richtig!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal zum Ausgangspunkt der heutigen Debatte zurückkommen. Als vor gut einem Jahr im Juni 1999 die Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts auf der Tagesordnung stand, haben sich die Handwerkerverbände zu Recht geäußert und sind Sturm gelaufen. Wir haben die Konsequenzen daraus gezogen.

(Abg. Capezzuto SPD: Auf Druck der SPD!)

Damals haben wir einen Entschließungsantrag verabschiedet. Dieser Antrag besagte, dass im Zusammenhang mit dem Mittelstandsförderungsgesetz eine befriedigende Ge

samtregelung des Vergaberechts und der Vergabepraxis für den Mittelstand anzustreben ist. Hierzu gehört auch, dass die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand eingegrenzt wird. Der Staat soll nur dort wirtschaftlich tätig werden, wo er effizienter als private Unternehmen ist. Wir waren und sind davon überzeugt, dass der Mittelstand auf faire, transparente und mittelstandsgerechte Bedingungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge angewiesen ist.

Ich finde, die Mittelstandsenquete hat ganze Arbeit geleistet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der Entwurf des neuen Mittelstandsförderungsgesetzes ist entsprechend den Empfehlungen der Enquetekommission in die Anhörung gegangen, Herr Zeller.

(Abg. Zeller SPD unterhält sich mit Abg. Birzele SPD.)

Hören Sie, Herr Zeller! Sie haben vorhin gefragt, wo der Wirtschaftsminister ist. Der Wirtschaftsminister hat die Anregungen schon in den Entwurf für das neue Mittelstandsförderungsgesetz aufgenommen,

(Abg. Zeller SPD: Das glaube ich nicht!)

und dieser befindet sich bereits in der Anhörung. Sie müssen sich halt mal um Informationen darüber bemühen, was hier läuft; dann brauchen Sie keine solchen Zwischenrufe zu machen.

(Abg. Kluck FDP/DVP: Sehr richtig!)

Denn die Enquetekommission ist eine Sache des Parlaments und keine Sache der Regierung.

(Abg. Capezzuto SPD: Es ist eine Missachtung des Parlaments, dass der Minister nicht da ist!)

Bloß dass das auch klar ist. Der Minister hat das optimal aufgenommen, genau in dem Wortlaut, in dem wir es wollten.

(Abg. Capezzuto SPD: Aber er fehlt heute!)

Die Neuordnung der Vergabe ist konsequent mittelstandsund handwerkerfreundlich gestaltet worden. So schreibt die VOB die Aufteilung größerer Aufträge in Fachlose vor, sodass sich auch kleinere Unternehmen bewerben können.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kluck FDP/ DVP: Sehr gut!)

Zukünftig müssen auch öffentliche Unternehmen in privater Rechtsform Aufträge ausschreiben. Dadurch wird verhindert, dass sie durch eine Änderung der Rechtsform den öffentlichen Vergabebestimmungen ausweichen können. Der funktionale Auftraggeberbegriff gilt nun in den meisten Fällen über und unter den EU-Schwellenwerten. Durch eine Untergrenze von 30 000 Euro, unter der nicht ausgeschrieben wird, werden wir den Wünschen sowohl der Kommunen als auch des Handwerks gerecht.

Eine Berücksichtigung von zusätzlichen Kriterien, wie sie von der SPD und den Grünen gefordert werden, ist aus unserer Sicht nicht möglich. Man sollte die Vergabe von öffentlichen Aufträgen nicht mit sozial- und gesellschaftspolitischen Aufgaben überfrachten.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Capezzuto SPD: Was?)

Eine Ausweitung der Kriterien würde zu einer unnötigen Zunahme von Bürokratie führen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Inwieweit das Ergebnis gerecht ist, könnte niemand mehr nachprüfen.

Die Anträge, die zum Teil von der SPD und den Grünen gestellt wurden,

(Abg. Capezzuto SPD: Gute Anträge!)

sehen Sie vielleicht als gute Anträge an. Wenn sie aber nicht rechtskonform sind, nützen die besten gut gemeinten Anträge von Ihnen überhaupt nichts.

(Abg. Capezzuto SPD: Das stimmt nicht immer!)

Dies ist nämlich der Fall, und deswegen sind Ihre Anträge nicht verwertbar gewesen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Capezzuto SPD: Das ist Ihre Beurteilung!)

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat sich immer gegen die so genannten vergabefremden Kriterien ausgesprochen. Daran hat sich nichts geändert und wird sich nichts ändern. Die FDP/DVP-Fraktion freut sich schon auf die nächste Plenarrunde, bei der Sie alle dem neuen Mittelstandsförderungsgesetz zustimmen können.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Deuschle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Zwischenbericht der Enquetekommission zur künftigen Gestaltung des Vergabewesens in Baden-Württemberg. Ziel ist und war, eine faire Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen an der öffentlichen Auftragsvergabe sicherzustellen.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die Kommission in vielen Punkten Einigkeit erzielen konnte und dass es eine kollegiale Zusammenarbeit über alle Fraktionen hinweg gab. Deshalb habe ich – Herr Pfister, könnten Sie sich bitte umdrehen; ich möchte Ihnen nämlich etwas sagen – für das heute Morgen für die Medien inszenierte Theater keinerlei Verständnis, Herr Pfister.

(Beifall bei den Republikanern)

Das spiegelt nicht die normale Parlamentsarbeit in den Ausschüssen und in den Kommissionen wider, und deswegen war das schofel, um es einmal ganz deutlich zu sagen.