Protocol of the Session on February 10, 2000

Sie haben gesagt, die Nettoneuverschuldung des Jahres 1992 sei mit 1,95 Milliarden DM genauso hoch gewesen wie die geplante des Jahres 2000 mit 1,9 Milliarden DM. Sie haben aber nicht gesagt, dass es sich bei der genannten Neuverschuldung 1992 um das Haushalts-Istergebnis gehandelt hat. Das Haushaltssoll waren damals noch 2,5 Milliarden DM. Das heißt, im ersten Haushalt, den Ministerpräsident Teufel zu verantworten hatte, wurde bereits gespart.

Im Übrigen ist es, schon im Hinblick auf die Inflation, nicht seriös, die Zahlen des Jahres 1992 mit denen des Jahres 2000 zu vergleichen. Seriös wäre es aber gewesen, Herr Kollege Kuhn, wenn Sie die Kreditfinanzierungsquote der beiden Jahre verglichen hätten. Dann hätten Sie festgestellt, dass der Haushalt des Jahres 1992 noch mit 4,0 % über Kredit finanziert wurde, der Haushalt des Jahres 2000 dagegen nur mit 3,2 % über Kredit finanziert wird. Wir liegen also deutlich darunter: Es wird um 25 % weniger über Kredit finanziert. Das ist eindeutig ein seriöses Zeichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will zum Schluss kommen. Wir von der CDU-Fraktion begrüßen diesen Haushalt. Wir halten ihn für ausgewogen und für gut. Wir begrüßen die getroffenen Entscheidungen.

Ich darf Sie noch auf einen Änderungsantrag der CDUFraktion hinweisen, dessen Begründung Sie dem Antrag selbst entnehmen können. Es geht um die vollständige Einzahlung des Stiftungskapitals der Denkmalstiftung. Das wird in den Jahren 2000/01 jeweils mit 1 Million DM über die Erhöhung des Wettmittelfonds gedeckt. Ich darf Sie um Zustimmung bitten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Puchta.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Doppelhaushalt 2000/01 scheint mir in diesem Hause deswegen besonders umstritten zu sein, weil er der Haushalt ist, der finanzpolitisch das neue Jahrtausend eröffnet. Deshalb ist seine Weichenstellung von besonderer Bedeutung. Bei dieser grundsätzlichen Weichenstellung geht es um die Frage, wie wir mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger, das wir verwalten, zukünftig umgehen.

Während die Datumsumstellung zum 1. Januar 2000 noch relativ gut gelungen ist und auch die vorhergesagten Computerpannen zum Großteil zum Glück ausgeblieben sind, können wir von der SPD-Fraktion dem Doppelhaushalt 2000/01 auch und gerade nach den Beratungen im Finanzausschuss keine Millenniumstauglichkeit bescheinigen.

Der Landtagspräsident und in der zweiten Lesung auch Herr Oettinger hat gerügt, dass ich als Ausschussvorsitzender bei der Bewertung dieses Haushaltsplans das gebotene Maß an Neutralität und Zurückhaltung hätte vermissen lassen.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr wahr!)

Meine Damen und Herren, sicherlich kann man über die eine oder andere Wortwahl unterschiedlicher Meinung sein, doch wollte ich bewusst Aufmerksamkeit erregen, und dies scheint mir auch gelungen zu sein.

(Abg. Kiel FDP/DVP: Ja!)

Mir ging es um Aufmerksamkeit nicht um der Aufmerksamkeit willen,

(Abg. Kiel FDP/DVP: Sondern?)

sondern aus der tiefen Sorge heraus, dass der Sparkurs der Neunzigerjahre nun wieder verlassen wird und ein Rückfall in die alte Späth’sche unsolide Haushaltspolitik zu befürchten ist. Nicht nur, dass hinter vorgehaltener Hand auch CDU-Finanzpolitiker sagen, sie wären bei diesen Haushaltsberatungen lieber Mitglied der Oppositionsfraktionen.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Bitte schön!)

Ich brauche hier denunziatorisch überhaupt keine Namen zu nennen,

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Namen!)

denn der ehemalige Finanzminister Mayer-Vorfelder kam in den „Stuttgarter Nachrichten“ zu genau dem gleichen Ergebnis wie ich: Dies ist kein Sparhaushalt.

Die Frage der „Stuttgarter Nachrichten“ lautete:

Ihnen wird zur heutigen Finanzpolitik der Satz zugeschrieben: „Dieser Haushalt ist kein Sparhaushalt.“

Mayer-Vorfelder wörtlich:

Stimmt. Das habe ich in der Fraktion gesagt. Das sage ich auch öffentlich. Man könnte den Sparkurs konsequenter fortsetzen.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Aha!)

Vor diesem Hintergrund wollte ich eigentlich Herrn Oettinger, wenn er anwesend gewesen wäre, auch persönlich ausdrücklich Recht geben, denn das finanzpolitische Benchmarking der Jahre 1991 bis 1998 kann sich sehen lassen. In schwierigsten Zeiten sinkender Steuereinnahmen haben wir über eine weite Strecke gemeinsam dafür gesorgt, dass der Landeshaushalt finanzpolitisch nicht aus dem Ruder lief. Umso mehr schmerzt es nun, dass die CDU-FDP/DVP-Regierung in Zeiten wieder steigender Steuereinnahmen die tatsächliche Nettokreditaufnahme nahezu verdoppelt.

Herr Kollege Dr. Scheffold, Sie haben vorhin das untere Ende Ihrer Spreizung der mittelfristigen Finanzplanung genannt. Wenn man aber Ihre dort ebenfalls erwähnten Zahlen genau anschaut, dann haben Sie zwar im Jahr 1999 rund 1 Milliarde DM zusätzliche Schulden gemacht, aber Ihre Planzahlen lauten für das Jahr 2000 1,9 Milliar

den DM neue Schulden – übrigens ohne die Einlage bei der Landesbank –, für 2001 1,83 Milliarden DM, für 2002 bis zu 2,33 Milliarden DM und für das Jahr 2003 bis zu 2,03 Milliarden DM. Dies bedeutet: Ihre Sollzahlen der Neuverschuldung für die nächsten vier Jahre liegen im Schnitt mehr als doppelt so hoch wie die Istzahlen des vergangenen Jahres. Spätestens an dieser Stelle muss jeder neutrale Beobachter zu dem Ergebnis kommen: Hier kann von Haushaltskonsolidierung keinerlei Rede sein.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Kuhn Bünd- nis 90/Die Grünen)

Das Fatale an dieser Situation ist: Sie haben allein im vergangenen Jahr rund 1 Milliarde DM mehr an Steuern eingenommen, weil die Bundesregierung endlich die Steuerschlupflöcher geschlossen hat, die die FDP für ihre Klientel über Jahrzehnte hinweg mit Zähnen und Klauen verteidigt hatte. Wir hatten einen Landtagsbeschluss, wonach zusätzliche Steuereinnahmen zur Verringerung der Nettokreditaufnahme verwendet werden müssen. Sie halten sich nicht einmal an Ihre eigenen Beschlüsse! So Ernst ist es Ihnen mit Ihrer Sparpolitik.

(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Nun ein persönliches Wort zu Ihnen, Herr Finanzminister:

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Aha!)

Nachdem die CDU über viele Jahre hinweg keine Steuerreform hingebracht hatte,

(Widerspruch bei der CDU – Abg. Haasis CDU: Was? Der Bundestag hatte doch eine Steuerreform beschlossen!)

ziehen Sie durch das Land und beklagen, die von Eichel beabsichtigte größte Steuerreform aller Zeiten mit einer Entlastung um 44 Milliarden DM sei noch zu wenig.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Das ist eine Geschichtsklitterei! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Unglaublich! Unglaublich, was Sie da sa- gen!)

Wenn Sie in dieser Frage nach der Entwicklung in der Vergangenheit nur ein bisschen Glaubwürdigkeit – –

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Unglaublich, was Sie da sagen!)

Herr Scheffold, bitte! Sie können sich ja mit einer Zwischenfrage zu Wort melden. Aber dieses Hineinblöken bringt wirklich nicht viel.

(Unruhe – Abg. Hehn CDU: Wenn Sie so einen Käs daherschwätzen!)

Also, Herr Finanzminister, wenn Sie in der Frage der Steuerreform, des Steuersenkens, nur ein bisschen Glaubwürdigkeit demonstrieren wollen, dann fordere ich Sie auf: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, und sagen Sie, welche Landessteuern Sie verringern wollen oder ganz abschaffen wollen.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Puchta, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Scheffold?

Ja. Es freut mich, dass sie sofort kommt.

Bitte schön, Herr Scheffold.

Nachdem Sie eine Zwischenfrage angefordert haben, Herr Kollege Puchta: Wollen Sie bestreiten, dass der Bundestag seinerzeit mit der Mehrheit von CDU/CSU und FDP eine Steuerreform beschlossen hat?

Ich kann mich noch daran erinnern, dass damals das Wehklagen in allen Ländern sehr groß war, weil die Gegenfinanzierung in keiner Weise gesichert war. Das ist der wesentliche Unterschied zu dieser Steuerreform.

(Beifall bei der SPD)

Nach dem Konzept der Bundesregierung werden auch die Bürgerinnen und Bürger jährlich pro Kopf um durchschnittlich 3 000 DM entlastet.

(Unruhe – Abg. Hehn CDU: Und wie ist die Gegenfinanzierung? – Abg. Haasis CDU: Thema verfehlt! – Weitere Zurufe)