Die Betriebe beklagen sich zum Beispiel über komplizierte Formulare bei den Krankenkassen. Verhandlungen der Bundesregierung – die dieses Problem aufgegriffen hat – mit den Krankenkassen haben dazu geführt, dass die Leistungsformulare vereinheitlicht worden sind, und derzeit wird in einem Modellprojekt der Einsatz neuer Technologien zwischen Arbeitgeber und Krankenkassen erprobt.
Ab Sommer 2000 können Unternehmen das Internet im Rahmen der Auskunftspflichten gegenüber dem Statistischen Bundesamt nutzen.
Das Informationsangebot wurde verbessert. Die Betriebe haben immer beklagt, dass sie über die genauen Rahmenbedingungen zu wenig Bescheid wüssten. Deswegen gibt es ab 2001 ein Info-Tool im Internet, wo alle für Existenzgründer wichtigen Regelungen zusammengefasst sind und abgerufen werden können.
(Abg. Bebber SPD: Langsamer, zum Mitschreiben für den Minister! – Zuruf von der CDU: Das ist al- les?)
Das stellt die Welt noch nicht auf den Kopf, aber diese Abteilung arbeitet erst seit einem Jahr, während der „Bürokra
tiekosten-TÜV“ des Wirtschaftsministers seit drei Jahren arbeitet. Auf ein entsprechendes „Listle“ warten wir noch.
(Beifall und Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grü- nen und bei der SPD – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen: Das „Listle“ ist im Internet ein- sehbar!)
Viertens: Befristung der Arbeitsverhältnisse. Das sei angeblich gegenüber dem Mittelstand der Knüppel aus dem Sack, wenn an dieser Regelung etwas geändert werde. Jetzt sage ich Ihnen einmal, was an Befristungen alles noch möglich sein wird: alle neu geschaffenen Stellen, alle Einstellungen frisch von der Universität oder der Ausbildung, alle Einstellungen von Beschäftigten über 58 Jahren, weiterhin alle bisher zulässigen betrieblichen Begründungen für Befristungen. Meine Damen und Herren, wer mehr will, will „hire and fire“, und das ist mit uns nicht zu haben.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Sehr gut!)
Fünftens: Mitbestimmungsregelung. Herr Schuhmacher, Sie haben gesagt: „Wir als Arbeitgeber wollen selbst bestimmen, was wir an Flexibilisierung brauchen.“
Wörtlich, ich habe es mir aufgeschrieben: Wir wollen als Arbeitgeber das Ausmaß der Flexibilisierung selbst bestimmen.
(Abg. Keitel CDU: Sie sollten den zweiten Satz hinzufügen, den er gesagt hat! – Weitere Zurufe von der CDU – Unruhe)
Das ist nicht das Modell Deutschland, das so erfolgreich war. Was erfolgreich ist, ist ein Ausgleich zwischen den Flexibilisierungsinteressen auf der einen Seite und den berechtigten Sicherheitsinteressen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der anderen Seite.
Frau Schlager, sind Sie mit mir der Meinung, dass man bei vielen Besuchen bei kleinen und mittleren Betrieben feststellen kann, dass das Miteinander zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat sehr häufig erklärtermaßen darin besteht und deshalb als gut bezeichnet wird, dass man die Dinge intern, ohne Einfluss von außen, regelt?
Das ist richtig. Das neue Betriebsverfassungsgesetz sieht überhaupt nicht vor, in diesen Fragen von außen einzugreifen, sondern es sieht vor, dass zum Beispiel in Fragen des betrieblichen Umweltschutzes der Betriebsrat gehört werden
sondern dass dort, wo es nicht selbstverständlich funktioniert – natürlich ist es selbstverständlich, dass eine Firma in diesen Fragen sowieso den Betriebsrat hört –, der Betriebsrat gehört werden muss. Das ist das Gegenteil von „von außen hineinregieren“. Die Kompetenz, die im Betrieb, die bei den Beschäftigten steckt, soll auch genutzt werden.
Abschließend möchte ich noch sagen: Das Land BadenWürttemberg möchte eine Bundesratsinitiative gegen dieses Mitbestimmungsgesetz machen. Nun kommen aber vom Arbeitnehmerflügel der CDU schon sehr viele positive Signale. Es könnte sein, der Ministerpräsident steht eines Morgens mit seiner Bundesratsinitiative wieder allein da; die anderen haben dann schon zugestimmt.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das wäre nicht das erste Mal!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe schon vorhin in meinem ersten Beitrag eindeutig gesagt, dass wir durchaus für die jetzige Form der Mitbestimmung sind und diese erhalten wollen. Ich möchte aber am geplanten Betriebsverfassungsgesetz doch in drei Punkten Kritik üben.
Erstens: Die Mitbestimmung des Betriebsrats soll auf Änderungen der Arbeitsabläufe ausgedehnt werden. Ich bin der Meinung, dies gefährdet flexible Reaktionen der Betriebe und auch befristete Neueinstellungen, die der Betrieb versuchen muss. Er muss die Möglichkeit haben, wenn sich die Marktlage ändert, diese Befristung nicht weiter zu verlängern. Andererseits müssen unsere Betriebe – das haben wir auch in der Enquete gelernt – immer flexibler auf Marktänderungen reagieren. Wie sollen sie das machen, wenn auf der einen Seite die Möglichkeiten zur Flexibilisierung immer geringer werden und auf der anderen Seite der globalisierte Markt dies erzwingt? Darauf sind Sie von der SPD bisher die Antwort schuldig geblieben. Ist es eigentlich sinnvoll, dass künftig ein mittelständischer Betrieb Auswahlrichtlinien für Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen mit dem Betriebsrat vereinbaren muss? Wenn das ein Großbetrieb machen muss, habe ich nichts dagegen; aber wenn das ein kleiner, mittelständischer Betrieb machen soll, wie soll denn da die notwendige Flexibilisierung erreicht werden?
Zweiter Punkt: Ausdehnung der Mitbestimmung auf Umweltfragen und auf Weiterbildung. Wer soll denn eigentlich in Zukunft auch in kleinen und mittleren Betrieben entscheiden, wo der Mitarbeiter zur Qualifizierung hinkommt? Soll das nicht wie bisher vernünftigerweise der
Betriebsleiter nach Rücksprache mit dem Arbeitnehmer entscheiden, oder soll dies im Extremfall am Ende ein Arbeitsrichter als Vorsitzender einer Einigungsstelle entscheiden? Das kann doch nicht sein, meine Damen und Herren.
Ein dritter Punkt, der vielleicht noch weiter geht, ist die geplante Erweiterung auf die Kleinbetriebe durch Absenkung der Schwellenwerte. Meine Damen und Herren, dazu kann man ja nur eines sagen: Da erzeugen Sie mehr Bürokratie für den Mittelstand, was für uns nicht akzeptabel ist. Warum saßen wir denn hier in Baden-Württemberg auch mit Ihnen eineinhalb Jahre in der Enquete zusammen, und warum haben wir dort ein großes Kapitel „Abbau der Bürokratiebelastungen“ gehabt? Warum haben wir uns da so viel Mühe gemacht, wenn das jetzt alles mit diesem Gesetz wieder kaputtgemacht wird?
Ich komme zum Resümee: Das neue Betriebsverfassungsgesetz ist sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber vor allem im Mittelstand sehr problematisch. Das jetzige Betriebsverfassungsgesetz hat sich durchaus bewährt und sollte erhalten bleiben. Aber ich habe den Eindruck, dass das neue Betriebsverfassungsgesetz auch deshalb gemacht wurde, um die Interessen der Gewerkschaften als Organisation zu stärken. Aber – das müssen wir sehen – die Gewerkschaften haben als Organisation unter Umständen andere Interessen als die Arbeitnehmer vor Ort. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Dass Sie nun natürlich, nachdem Sie in Berlin nicht immer eine arbeitnehmerfreundliche Politik betrieben haben, zum Beispiel in der Rentenpolitik, den Gewerkschaften als Organisation einen Ausgleich bringen müssen, kann ich schon verstehen, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen. Aber dass Sie uns das jetzt hier als eine fortschrittliche Politik für unser Land verkaufen und dass Sie uns hier sagen, Sie wollten damit noch mehr Arbeitsplätze in unserem Land erreichen, das glaubt Ihnen von der informierten Bevölkerung doch niemand. Deswegen sage ich Ihnen: Genau an diesem Punkt werden Sie scheitern, und an diesem Punkt werden Sie unter Umständen auch den Wirtschaftsaufschwung kaputtmachen. Dafür werden Sie dann nachher auch von der Bevölkerung zur Rechenschaft gezogen werden.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Die Aktuelle Debatte ist damit beendet.
Wahl der Mitglieder des Stiftungsrats und des Kuratoriums der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg
Bereits in der gestrigen Plenarsitzung wurde darauf hingewiesen, dass nach den §§ 6 und 11 der Satzung der Stiftung dem Stiftungsrat der Akademie fünf und dem Kuratorium vier Vertreter des Landes angehören. Die vierjährigen Amtszeiten beider Gremien laufen zum Ende dieses Jahres aus, sodass der Landtag die Vertreter neu wählen muss.
Ihnen liegt der gemeinsame Wahlvorschlag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und der Fraktion der FDP/DVP auf gelbem Pa
pier sowohl für die Wahl der Mitglieder des Stiftungsrats als auch für die Mitglieder des Kuratoriums vor. (Anlage 2) Bitte verwenden Sie diesen Wahlvorschlag als Stimmzettel. Wenn Sie den Stimmzettel unverändert abgeben, haben Sie entsprechend dem Wahlvorschlag gewählt. Sie sind daran natürlich nicht gebunden. Sie können Namen streichen und andere dazusetzen.
Ich darf nun bitten, die Wahl vorzunehmen. Die Schriftführer bitte ich, die Stimmzettel einzusammeln.
Ist noch jemand im Saal, der abzustimmen wünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich den Wahlvorgang und darf bitten, das Ergebnis festzustellen. Der Wahlvorgang ist geschlossen.
Aktuelle Debatte – Die Selbstbedienungsmentalität der baden-württembergischen Landesregierung – beantragt von der Fraktion Die Republikaner
Es gilt die übliche Redezeit: 50 Minuten Gesamtdauer ohne Anrechnung der Redezeit der Regierung, je fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und je fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde. Ich möchte die Landesregierung bitten, sich ebenfalls an diesen vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.
Schließlich darf ich auf § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung hinweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.