Die öffentlichen Flächen, die wir haben, um Gesundheitsversorgung zu machen, sind so knapp, dass wir uns an der Stelle keine Abgabe von öffentlichen Flächen in die private Hand leisten können und leisten wollen. Und noch etwas können wir uns nicht leisten: Wir haben in der Bundesrepublik – und auch dafür steht das AVK wie ein Brennglas – eine Debatte über Bettenabbau. Wir haben in Berlin nicht zu viele Krankenhausbetten – jeder, der selber mal Patient im Krankenhaus ist, weiß das –; was wir zu wenig haben, ist Personal für diese Betten. Wir sollten uns darauf konzentrieren, gut Arbeitsbedingungen zu schaffen und das entsprechende Personal in die Häuser zu holen, anstatt dem Abbau von Betten das Wort zu reden.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wir müssen das Wachstum bei Vivantes in die Gänge bringen. Wir müssen gerade auch als öffentliche Hand dafür sorgen, dass Vivantes auf den richtigen Pfad kommt, dass die Häuser vielleicht auch arbeitsteilig arbeiten und sich spezialisieren, und dass nicht mehr jedes Haus alles machen will, sondern dass die Stationen sich aufteilen und dass man den Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung dort gewährt, wo sie angeboten werden kann.
Wir brauchen Vivantes natürlich auch im ambulanten Bereich. Wer sich mal anschaut, was da passiert; wie Privatinvestoren, Finanzinvestoren derzeit Arztsitze aufkaufen, um MVZ mit Augen- und Hautärztinnen, mit Spezialisten zu gründen, weil es einfach ein einträgliches Geschäft ist, der weiß, dass wir dem auch einen Riegel vorschieben müssen – das können wir nicht im Land Berlin machen, das müssen wir auf Bundesebene machen –, weil es eine Konzentration von Arztsitzen in Bereichen ist, in denen wir gar keine brauchen. Wir haben die Unterversorgung im Osten Berlins und zum Teil in Reinickendorf und Spandau. Dort müssen Arztsitze hin. Wir brauchen nicht die Konzentration in wenigen gewinnträchtigen privaten MVZ. Die Frage, wie man Arztversorgung in die unterversorgten Bereiche bekommt, müssen wir mit der KV Berlin und mit Vivantes zusammen beantworten. Mir ist es dreimal lieber, dass Vivantes ein solches Versorgungszentrum betreibt, das dann auch in Marzahn-Hellersdorf, in Hohenschönhausen oder vielleicht in Treptow-Köpenick steht, und dort endlich die Versorgung hinkommt, als dass wir eine weitere Konzentration haben.
Insofern: Ich sehe Vivantes da vor großen Herausforderungen. Wir werden als Land Vivantes auch weiter unterstützen. Wir werden die Entscheidung, die vor dem
Schöneberg zum Umbau des Wenckebach-Klinikums ansteht, die Vivantes dort gemeinsam mit dem Aufsichtsrat treffen muss, unterstützen. Ich bin dafür, das mit den Bürgerinnen und Bürgern sehr frühzeitig und richtig zu diskutieren und mehr Transparenz in den Prozess reinzubringen, denn sie müssen mitentscheiden bei dem, was dort vor Ort passiert, und sie sollten sagen, was sie dort wollen. Aber richtig ist: Wir müssen auch sehen, dass wir unsere vielen 100 Millionen Euro Krankenhausinvestitionen an die richtigen Stellen bringen. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Herr Schulze, Sie werden sich wundern: Bei dem, was Sie angesprochen haben, mit den ambulanten Ärzten, deren Praxen aufgekauft werden, bin ich total bei Ihnen. Ich bin mir auch ganz sicher, dass die Ampel auf Bundesebene dieses Problem auch erkannt hat und eine Lösung finden wird. Aber es macht es doch für die ambulanten Ärzte nicht einfacher, dass Sie, wenn die Strukturen gerade in eine Schieflage geraten, sagen: Dann setze ich als Staat oder als Senat auch noch mal ein Konkurrenzprodukt daneben. – Das macht es auf jeden Fall nicht besser; das ist Nummer eins.
Warum ich mich aber gemeldet habe: Was mich ärgert, ist diese Mär, die hier immer wieder berichtet wird – nach dem Motto: „Frech behauptet, ist halb bewiesen“ –,
dass die landeseigenen Betriebe in der Coronapandemie ja so viel gemacht haben, während die privaten und freigemeinnützigen sich zurückgezogen und das nicht getan haben. Das ist einfach falsch,
und ich sage Ihnen das jetzt auch mal an Zahlen. In der Hauptzeit der Pandemie vom Mai 2020 bis zum November 2021 sage ich Ihnen mal, wer in den Krankenhäusern wie viele Covidpatienten versorgt hat. Das waren in der Charité 13,4 Prozent, bei Vivantes 27,5 Prozent, und bei den freien und gemeinnützigen Trägern waren es 47,7 Prozent. Deshalb möchte ich hier auch mal Danke an die freien, gemeinnützigen Träger sagen, die immer wieder von Ihnen vernachlässigt werden. Diese Krankenhäuser sind ganz wichtig für diese Stadt, und ihnen gilt unser Dank. – Vielen Dank!
Nur noch ein Wort zur Frage der Konkurrenz zu privaten Ärztinnen und Ärzten: Die MVZs, die über Vivantes oder die KV gegründet werden, sollen natürlich gerade in Bereiche gehen, wo es keine ambulanten Ärztinnen und Ärzte, keine niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gibt – oder zu wenig. Das ist ja logisch. Wir setzen die natürlich nicht nach Steglitz-Zehlendorf oder nach CharlottenburgWilmersdorf und auch nicht nach Tempelhof, es sei denn als Ersatz für die Rettungsstelle im WenckebachKlinikum. Vielmehr müssen sie nach Hohenschönhausen, nach Pankow, nach Köpenick oder nach Rahnsdorf, dorthin, wo eben nichts ist.
Ich will auch mal sagen: Wir haben im Osten Berlins einen riesengroßen Bereich zwischen Karlshorst auf der einen Seite und Oberschöneweide auf der anderen Seite, wo überhaupt kein Krankenhausstandort ist. Dort gibt es eine dramatische ärztliche Unterversorgung, da finden Sie gar keine Fachärztinnen und Fachärzte. Dort müssen MVZs hin. Also keine Konkurrenz zu niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, sondern eine echte Entlastung für die Praxen, die in diesen Gebieten nämlich vollkommen überlastet sind!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. – Widerspruch hierzu höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Sitzung. Die nächste Sitzung findet am Donnerstag, den 9. Juni 2022, um 10.00 Uhr, statt. Damit ist die Sitzung geschlossen. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Heimweg.
Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:
Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens „Berlin 2030 klimaneutral“ (Änderung des Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetzes)
Effektive Wohnraumversorgung statt teurer Selbstbeschäftigung – Gesetz über die Auflösung der „Wohnraumversorgung Berlin – Anstalt öffentlichen Rechts“