Protocol of the Session on January 25, 2018

Wenn Sie heutzutage große internationale Metropolen sehen, wird der Verkehr dort natürlich unter die Erde verlegt, wenn er leistungsfähig durch die Stadt geschleust werden muss. Da haben wir als Letztes nur noch die U 5 in Berlin. Wenn Ihre Antwort ist, in der Leipziger Straße – zumal von der Charlottenstraße bis zum Potsdamer Platz – oberirdisch eine Straßenbahn bauen zu wollen, in einer Straße, die heute schon überlastet ist, dann zeigt es nur, dass dieser FDP-Antrag heute genau richtig ist.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Es ist doch völliger Nonsens, was Sie in der Leipziger Straße planen. Wenn Sie das Beispiel der Invalidenstraße nehmen, wo Sie genau in gleicher Breite einer Straße bei nur der Hälfte der Fahrzeuge jeden Tag Stau erzeugen, dann wollen Sie in einer Straße, die genauso breit ist, 50 000 Fahrzeuge am Tag hat, das Gleiche noch einmal in der Leipziger Straße versuchen. Ideologischer kann man Verkehrspolitik nun wirklich nicht machen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Es geht Ihnen ja nicht einmal mehr darum, hier irgendwelchen öffentlichen Personennahverkehr zu beschleunigen, selbst das werden Sie dort nicht hinbekommen. Das bekommen Sie in Innenstadtlagen nur, wenn Sie in eigenen Gleisbetten arbeiten und wenn Sie die Straßenbahn so führen, dass sie von allen anderen Verkehrsarten behinderungsfrei in Hauptstraßen geführt wird. Das funktioniert teilweise rund um den Alexanderplatz. Das funktioniert beispielsweise – schauen Sie sich das an, weil das immer als beredtes Beispiel von den Grünen kommt – in Barcelona, da findet die Straßenbahnneubahnaktivität grundsätzlich nur statt, wenn sie in einem eigenen Bett läuft, auch in der Innenstadt. Aber das wollen Sie nicht. Sie wollen bewusst eine Straßenbahn in einer Hauptverkehrsstraße bauen, obwohl Sie wissen, dass es einen motorisierten Individualverkehr, den Lastwagenverkehr und auch den Busverkehr gibt. Sie wollen das mit der Tram nicht beschleunigen, Sie wollen auch nicht mehr Leute durchschieben. Sie wollen, dass alle langsamer fahren. Sie geben auch dem Fahrradverkehr keine große Bedeutung mehr, denn wenn Sie diese Straße ernsthaft mit einem weiteren Verkehrsmittel belegen wollen, dann verlangsamen Sie eben alles.

Wo ist der Sinn dieser Maßnahme, wenn wir Parallelverkehre sowieso heute schon haben? Wir haben die S 1, die S 2, die S 25, mit der Sie in kürzester Zeit vom Potsdamer Platz zum Alexanderplatz kommen. Sie kommen mit der U 2 in direkter Art und Weise parallel zu dieser geplanten Straßenbahn auf der Strecke zwischen Potsdamer Platz und Alexanderplatz genau auf der gleichen Bahn zum Ziel. Wo ist da der Vorteil? Ich vermag ihn nicht zu erkennen.

Und ich muss Ihnen für die CDU-Fraktion auch sagen: Dieses ist eines der entscheidenden Projekte für die CDU-Fraktion, wo wir Sie daran messen, wie Sie Verkehrspolitik in Berlin gestalten, weil Sie hier Politik gegen die Menschen machen. Sie wollen eine klare Ideologie.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Sie wollen die Menschen umerziehen. Sie wollen sie in den öffentlichen Nahverkehr und aufs Fahrrad zwingen. Dabei fahren Sie selbst Auto.

[Heiterkeit bei der CDU, der AfD und der FDP]

(Tino Schopf)

Ich finde, das ist unehrlich. Irgendwann wird es Zeit, dieses schwachsinnige Projekt der Straßenbahn in der Leipziger Straße endgültig zu beenden.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Bravo! von der CDU]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Abgeordnete Herr Wolf das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu den Rednern von FDP und CDU halten wir die Straßenbahn in der Leipziger Straße für ein ausgesprochen sinnvolles Projekt.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Holger Krestel (FDP): Den Sozialismus in seinem Lauf …!]

Das Projekt ist sinnvoll, weil bereits heute die Busse, z. B. der M 48, an ihre Kapazitätsgrenze gelangt sind. Auch die U 2 ist an ihre Kapazitätsgrenze gelangt. Mit anderen Worten: Eine Straßenbahn vom Alexanderplatz über die Leipziger Straße zum Kulturforum würde zu einer deutlichen Verbesserung der Verkehrssituation führen, weil sie eine Antwort auf die Überlastung des Busverkehrs und der U 2 ist.

[Georg Pazderski (AfD): Willkommen im 19. Jahrhundert! Pferdefuhrwerke und Rikschas!]

Ich sehe, die AfD hat viel Fantasie. Sie schlägt Pferdefuhrwerke und Rikschas vor. Das können Sie in Ihrem heimatlichen völkischen Idyll machen. Wir sind in einer Großstadt. Wir bauen die Straßenbahn.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Wir reden nach einer Untersuchung über ein Potenzial von ca. 150 000 zusätzlichen Fahrgästen, die diese Straßenbahn benutzen.

[Georg Pazderski (AfD): Mit der höchsten Unfallrate!]

Das ist auch wirtschaftlich ausgesprochen sinnvoll, weil die Straßenbahn im ÖPNV ein absolut wirtschaftliches Verkehrsmittel ist. Im Gegensatz zur U-Bahn ist sie betriebswirtschaftlich sinnvoll und schreibt schwarze Zahlen. Insofern sprechen sowohl verkehrliche als auch wirtschaftliche Entwicklungen für den Bau dieser Straßenbahn.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Georg Pazderski (AfD): Willkommen in der DDR!]

Herr General! Brüllen Sie doch nicht! Wir sind nicht auf dem Kasernenhof. Bleiben Sie mal ganz ruhig und entspannt!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Er ist nur Oberst!]

Wir haben jetzt die Argumente gehört mit der Engstrecke zwischen Charlottenstraße und Leipziger Platz. Das ist in der Tat eine kritische Situation, denn auf den anderen Streckenabschnitten ist es kein Problem, die Straßenbahn auf einem gesonderten Gleisbett fahren zu lassen. Sie haben zu Recht das Beispiel Invalidenstraße angesprochen, wo durch eine intelligente Ampelschaltung und Ampelführung das Problem gelöst werden kann und damit sowohl Straßenbahn- als auch Autoverkehr fließen können.

[Beifall von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Dann kommen wir zu dem grundsätzlichen Punkt: Ihr Argument stellt die Sachverhalte auf den Kopf. Sie sagen, die Straßenbahn blockiere den Verkehr. Ich sage: Umgekehrt wird ein Schuh daraus.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die Autos blockieren den Verkehr. Um es der AfD noch einmal zu sagen – Sie empören sich zwar jedes Mal, wenn ich dieses Beispiel bringe, aber vielleicht machen Sie sich mal Gedanken dazu –: Wenn ich 200 Menschen von A nach B befördern will, und ich nutze eine Straßenbahn – –

[Sebastian Czaja (FDP): Sie wiederholen sich! – Katalin Gennburg (LINKE): Sie sich auch!]

Ich wiederhole mich. Das ist ein elementares Mittel der Pädagogik bei uneinsichtigen Zuhörern und uneinsichtigen Kindern. Man gibt ja die Hoffnung nicht auf.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Stellen Sie es sich einfach mal bildlich vor! Nehmen Sie Ihre Lastwagen, die Sie als Straßenbahnen verkleiden. Versuchen Sie damit mal, 200 Menschen zu transportieren. Nehmen Sie das Beispiel mal mit Pkws. Jeder Pkw fährt im Durchschnitt mit 1,3 Personen. Eine Straßenbahn transportiert 200 Personen. Überlegen Sie sich, wie viel Straßenraum die Pkws in Anspruch nehmen und wie viel die Straßenbahn! Damit ist das Rätsel gelöst, wer den Straßenraum blockiert und wer den Straßenraum in großem Umfang beansprucht. Es sind die Pkws und nicht die Straßenbahn. Deshalb bauen wir die Straßenbahn.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

(Oliver Friederici)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abgeordnete Herr Lindemann das Wort. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen! Liebe Gäste! Liebe Kollegen von der FDP! Schön, dass Sie sich entschlossen haben, aus der Tram auszusteigen. Die AfDFraktion lehnt den Bau weiterer Straßenbahnlinien in der Berliner Innenstadt schon seit geraumer Zeit ab.

[Torsten Schneider (SPD): Genau!]

Wie man am Beispiel der Tramstecke NordbahnhofHauptbahnhof täglich sehen kann, steht die Straßenbahn dort auch nur im Stau und behindert zusätzlich den Individualverkehr. Jetzt will Rot-Rot-Grün eine Tramlinie vom Alexanderplatz bis zum Potsdamer Platz bauen. Diese geplante Strecke läuft parallel zur seit 1913 auf diesem Streckenabschnitt bestehenden U-Bahnlinie 2. Anstatt die Taktdichte der U 2 auf mindestens drei Minuten im Berufsverkehr zu erhöhen und neue Fahrzeuge dafür anzuschaffen,

[Marc Urbatsch (GRÜNE): Tun wir ja!]

verplempert die Koalition lieber Millionen von Euros dafür, den Verkehr auf der Leipziger Straße komplett zum Erliegen zu bringen.

[Beifall bei der AfD]

Entlang der geplanten Strecke sind sehr wahrscheinlich zwei Brücken, nämlich die Mühlendammbrücke und die Gertraudenbrücke, neu zu bauen, was alleine schon eine millionenschwere Investition bedeuten würde. Der Nutzen hingegen ist fraglich und steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den zu erwartenden Kosten. Noch abenteuerlicher scheint die Option, die Straßenbahn teilweise unterirdisch fahren zu lassen und den am Potsdamer Platz vorgehaltenen U-Bahnhof einzubeziehen. Berlin hat jetzt schon zwei verschiedene unterirdische U-Bahnsysteme. Da brauchen wir kein drittes, liebe Kollegen von der FDP.

[Beifall bei der AfD]

Welchen vernünftigen Grund kann es geben, eine Straßenbahn durch die ohnehin schon völlig überlastete Leipziger Straße zu führen, während parallel eine U-Bahn fährt?

[Anne Helm (LINKE): Entlastung!]

Geht es hier um verantwortungsvolle Verkehrsplanung oder doch eher um ideologische Luftschlösser mit dem Ziel, den Individualverkehr völlig kollabieren zu lassen? Wir bleiben dabei: In der Berliner Innenstadt gibt es keine vernünftige Alternative zur Stärkung und zum Ausbau des U- und S-Bahnverkehrs. Eine Straßenbahn ist allenfalls in den östlichen Bezirken sinnvoll, wo bereits zu DDR-Zeiten eine eigene Trasse angelegt wurde. Alles andere ist ein verkehrspolitischer Kamikazeakt, der letzt

lich nur zu einem Zusammenbruch des motorisierten Individualverkehrs und des ÖPNV führt.

[Beifall bei der AfD]