Protocol of the Session on October 15, 2009

Zehn Tage Verzug haben Sie nun als Haar in der Suppe gefunden – das finde ich spannend. Wir haben nicht bei allen öffentlichen Bauprojekten nur zehn Tage Verzug, und dass wir uns im Kostenplan bewegen, was Sie ja auch bemerkt haben, das ist ebenfalls nicht bei allen öffentlichen Bauprojekten der Fall – bei privaten übrigens auch nicht immer. Man sieht: Das Projekt läuft innerhalb der Planung – zeitlich, finanziell und auch politisch.

Die Verkehrsanbindung haben wir bereits mehrfach diskutiert, da gibt es einige Probleme, bei denen der Senat allerdings wenig machen kann, weil er auf Dritte, unter anderem den Vorhabensträger Deutsche Bahn, angewiesen ist. Hier ist es sicherlich richtig, die Bahn unter Druck zu setzen, die Planfeststellung auch insbesondere für die Dresdner Bahn nicht weiter dadurch zu verzögern, dass ständig die Planungsunterlagen ausgetauscht werden, sondern dass es dort endlich weitergeht. Wir haben einen hohen Anteil an ÖPNV und nur 33 Prozent Pkw in der Planung – das ist internationale Spitze, wenn das realisiert wird. Dafür sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, denn wir wollen ja einen nachhaltigen Flughafen, soweit man bei Flughäfen von Nachhaltigkeit sprechen kann. Alles, was dort machbar ist, soll dort gemacht werden.

Der Flughafen ist ein Musterbeispiel dafür, dass gemeinsames Handeln in der Region, gemeinsames Handeln von Berlin und Brandenburg auch zu guten Ergebnissen für die Region führt. Die neue Koalition in Brandenburg wird die Zusammenarbeit noch verbessern, auch im Verkehrsbereich.

Herr Gaebler!

Ich bin beim letzten Satz. – Die Linkspartei in Brandenburg wird nicht mehr aus Oppositionsräson gegen den Flughafenausbau sein, und deshalb lässt sich festhalten: Das größte Infrastrukturprojekt der Region ist bei Klaus Wowereit und Rot-Rot in guten Händen – vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gaebler! – Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Friederici das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man Herrn Gaebler so hört, hat man fast den Eindruck, er hat den Beruf verfehlt – Showmaster

[Dr. Martin Lindner (FDP): Ach nee!]

oder Märchenonkel wäre vielleicht noch besser. Bei dem, was Sie an Lobhudeleien auf den Senat ausgegossen haben,

[Uwe Doering (Linksfraktion): Berechtigt!]

vernebeln Sie völlig, dass Sie von der SPD-Fraktion es waren, die nach der deutschen Einheit, als wir die große Koalition gegründet haben, zunächst einmal von der CDU-Fraktion überzeugt werden mussten, dass wir einen Großflughafen in Berlin und Brandenburg brauchen – so viel zur Darstellung der Geschichte.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Wenn Sie vortragen, es gäbe nur zehn Tage Bauverzug, da sind Sie, Herr Gaebler, wie immer schlecht informiert. Nach Ende des letzten Winters waren es vier Wochen, und nun stehen wir kurz vor einem neuen Winter. Was ist, wenn ein ähnlicher „normaler“ Winter kommt – dann kommen wieder vier Wochen drauf, dann sind es schon sechs Wochen, und dann wird es leider nichts mit der Eröffnung am 1. November 2011.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Die Berliner CDU-Fraktion ist stolz auf das größte Infrastrukturprojekt in Deutschland. Berlin und Brandenburg erhalten voraussichtlich Ende Oktober/Anfang November, wenn alles glatt geht, den größten Flughafenneubau, den es in Deutschland vermutlich je noch geben wird. Die Entscheidung des vom damaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen geführten Senats, nach Schönefeld zu gehen – übrigens gegen erhebliche Widerstände aus der SPD, das muss man immer wieder mal sagen –, war mutig und richtig. Bauarbeiter, Architekten, Zulieferer, Baufirmen und Banken haben Großes geleistet; ebenso bedarf es noch großer Kraftanstrengung bis zur Eröffnung.

Die vorliegende Große Anfrage zeigt in der Beantwortung deutlich eine Vielzahl von Chancen, die in den letzten Monaten und Jahren vom Berliner Senat immer wieder verpasst wurden. Für dieses Leuchtturmprojekt für Berlin und Brandenburg wird beispielsweise international kaum geworben. Es gibt zum Beispiel auch keine Überlegungen, diese Baustelle als sogenannte Schaustelle zu präsentieren, wie wir es damals am Potsdamer Platz, an der Friedrichstraße und am Hauptbahnhof hatten. Das einzige, was existiert, ist ein Aussichtsturm, und den besteigen am

Tag 50 Leute – wenn dafür nicht geworben wird, ist das kein Wunder.

[Beifall bei der CDU]

Es entsteht fast der Eindruck, als würde sich die Linkspartei ein bisschen schämen – erst bürgerbewegte Partei, aufhetzende Partei der Protestler in Brandenburg und Berlin, und nun müssen sie das Projekt unterstützen, das ist natürlich ein Spagat, der schwer zu bewältigen ist.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Was machen Sie denn zur Zeit vor Ort? Wenn das nicht aufhetzend ist!]

Die Nichtwerbung für BBI und den Ausbau führt leider auch zu einem anderen Ergebnis. Im Umfeld des neuen Großflughafens gibt es leider kaum Gewerbeansiedlungen. Es gibt leider auch keinen Ansturm auf Grundstücke oder Projekte am Standort des BBI-Businesscenters, und das, obwohl dieses optimal mit Straßen und Schienen angebunden ist.

Nachdenklich stimmt auch die Antwort auf Frage 33, wie das Fernverkehrsnetz auf der Schiene BBI künftig erreichen wird. Der Senat will sich bei den zuständigen Stellen – hiermit ist wohl die Deutsche Bahn gemeint – lediglich dafür einsetzen, dass IC- und ICE-Verbindungen BBI erreichen werden. Das ist aber zu wenig, da muss man Chefgespräche führen, Herr Wowereit, so etwas machen Sie doch gerne. Bisher haben Sie das aber offensichtlich noch nicht als so wichtig empfunden, damit Geschäftsreisende wie auch Ferienreisende nach Berlin mit der Bahn kommen – aus Magdeburg, Rostock, aus Dresden und Leipzig. Die müssen wir abwerben, damit dieser Standort BBI ein Erfolg wird.

[Beifall bei der CDU – Bravo! von der CDU – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Wir ruhen uns eben nicht darauf aus, dass wir der drittgrößte Flughafen in Deutschland sein wollen. Unser Ziel muss München sein, München mit seiner internationalen Ausrichtung, seiner Vielzahl von Millionen an Umsteigepassagieren, das muss das Ziel für BBI sein und kein regionaler Flughafen nur für Ostdeutschland.

Dieses Leuchtturmprojekt BBI muss besser vermarktet werden. Die aktuelle Wahlperiode von SPD und Linkspartei wird leider in die Geschichte eingehen mit der Schließung des Flughafens Tempelhof und der danach eingetretenen Konzeptlosigkeit. Berlins und Brandenburgs Menschen haben es aber verdient, dass Sie, der Senat von Berlin, endlich die Stadt in die Zukunft führen. Deshalb fordert die CDU-Fraktion den Senat auf, dass Berlin mit diesem Flughafen vom Senat und von den ihn tragenden Parteien endlich unisono besser vermarktet, gewollt und gelebt wird. Es ist das einzige Zukunftsprojekt, das wir in Berlin und in den neuen Bundesländern für die Schaffung von Arbeitsplätzen in den nächsten Jahrzehnten haben werden.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Friederici! – Für die Linksfraktion hat nun Herr Abgeordneter Liebich das Wort. – Bitte sehr, Herr Liebich!

[Beifall bei der Linksfraktion – Bravo! von der Linksfraktion – Kurt Wansner (CDU): Da gibt es schon vorher Beifall! – Zuruf von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden über das größte Infrastrukturprojekt in Ostdeutschland. Beim Start von Rot-Rot im Jahr 2001 hat sich auch unsere Partei – mein Vorredner hat darauf hingewiesen – nach heftigen Debatten in unseren Reihen dafür entschieden, dass wir dieses Projekt umsetzen wollen. Mit der Schließung des Flughafens Tempelhof haben wir den Weg dafür frei gemacht, und die Berlinerinnen und Berliner haben dies durch Nichtzustimmung zum gegenteiligen Volksbegehren auch unterstützt. Die Finanzierung ist gesichert, wir sind im Zeitplan, die Eröffnung im Oktober 2011 ist ambitioniert, aber aus heutiger Sicht zu schaffen, und ich freue mich besonders, dass nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen im Land Brandenburg auch die dortige Linksfraktion zum Gelingen des Projektes beitragen wird.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Gestatten Sie mir, die Redezeit für ein paar Worte in eigener Sache zu verwenden. Ich habe dem Parlamentspräsidenten, Walter Momper, mitgeteilt, dass ich mit Ablauf dieses Monats mein Mandat als Mitglied des Abgeordnetenhauses niederlegen werde, da ich – Walter Momper hat darauf hingewiesen – am 27. September von den Pankowerinnen und Pankowern in den Deutschen Bundestag gewählt wurde.

[Oliver Scholz (CDU) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Nein, ich lasse keine Zwischenfragen zu. – Dieses Vertrauen hat mich sehr gefreut, und man darf in Deutschland zwar in mehreren Parlamenten sitzen, im Bundestag und im Landtag, und Politiker verschiedener Parteien probieren das auch aus, für mich ist das aber kein Weg.

Deshalb ist heute – und ich bin nicht der Melancholiker, aber ich will es trotzdem sagen – die Stunde des Abschieds nach 14 spannenden Jahren. Ich habe mich im Herbst 1995 hier auf einem dieser beiden Plätze neben dem Alterspräsidenten, Herrn Franke, befunden. Benjamin Hoff und ich saßen dort oben und durften die verantwortungsvolle Aufgabe wahrnehmen, die Namen der neu gewählten Abgeordneten vorzulesen. Ich kann Ihnen sagen, dass ich damals unheimlich aufgeregt war, diese schwierige Aufgabe hier zu bewältigen. Ich durfte dann berufsbildungspolitischer Sprecher unserer Fraktion werden. Das war auch ein ganz wichtiges Amt, wo ich um

jede Presseerklärung gekämpft habe, die dann trotzdem kein Medium abgedruckt hat.

Ich habe dann mit Michaele Schreyer, Harald Wolf und Klaus Wowereit im Hauptausschuss in endlosen Nachtsitzungen die Senatoren gequält und am Tag nach meiner Wahl zum Landesvorsitzenden der PDS im Dezember 2001 einen Anruf von Peter Strieder erhalten, dass Verhandlungen zu Rot-Gelb-Grün gescheitert seien und wir uns einmal treffen sollten, um Koalitionsverhandlungen für Rot-Rot zu beginnen. Diese Koalitionsverhandlungen gingen zügig – Sie erinnern sich –: Peter Strieder, Gregor Gysi, Harald Wolf, Michael Müller und Klaus Wowereit saßen in einer kleinen Runde Nacht für Nacht für Nacht zusammen. Wir haben das zügig abgeschlossen. Deshalb war ich dann noch sieben Jahre lang Mitglied einer Regierungsfraktion, davon fünf Jahre an vorderster Front.

Dass wir die Ergebnisse dieser Politik naturgemäß unterschiedlich bewerten, liegt auf der Hand, aber dass Berlin im Jahr 2009 eine ganz andere Stadt ist als 1995, wird niemand abstreiten. Ich bin vor allem meiner eigenen Fraktion und meiner Partei sehr dankbar, dass ich daran mitarbeiten durfte.

[Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von Andreas Gram (CDU)]

Ich möchte Ihnen allen, den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen, recht herzlich für die gute Zusammenarbeit in den letzten 14 Jahren danken. Ich habe in allen Fraktionen Kollegen kennengelernt, die aus tiefer innerer Überzeugung und ihrer politischen Überzeugung für das Wohl ihrer Heimatstadt gearbeitet haben und dies auch weiter tun. Im Bundestag werde ich – das wird die Kollegen der CDU und der FDP nicht erfreuen – dafür arbeiten, dass Schwarz-Gelb eine kurze Episode wird und möglichst bald durch eine rot-rot-grüne Bundesregierung abgelöst wird.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Dafür haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und ja – auch meine eigene Partei – noch eine Menge zu tun,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Die Grünen auch!]

aber ich bin mir sicher, bis zum Jahr 2013 kriegen wir das hin.

Ihnen allen möchte ich sagen, dass ich weiter für unsere Stadt Berlin kämpfen werde, künftig nicht mehr im Abgeordnetenhaus von Berlin, sondern ein paar Hundert Meter weiter im Deutschen Bundestag. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und für die letzten 14 Jahre!

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Liebich! Auch wenn ein Teil der Rede nicht ganz zum Thema passte, wünschen wir ihnen im Namen des Präsidiums auf Ihrem künftigen

Weg alles, alles Gute und gratulieren auch noch einmal den anderen neu gewählten Abgeordneten, die uns dann vielleicht demnächst auch verlassen werden, und wünschen Ihnen alles Gute für ihre Arbeit im Deutschen Bundestag.

Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Hämmerling das Wort zum Thema Flughafen BerlinBrandenburg International. – Bitte sehr!

Immer noch! Schönen Dank! – Meine Damen und Herren! – Stefan Liebich! Viel Glück und schön, dass Du schneller bist als Deine Vorgängerin mit dem Platzwechsel und nicht beide Sitze hier in Anspruch nimmst.