Danke schön, Herr Kollege Nolte! – Es folgt die CDU. Das Wort hat der Kollege Herr Dietmann. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einige Vorbemerkungen machen. Zuerst, Herr Wolf, noch einmal ganz deutlich: Wir setzen uns heute gemeinsam für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Samsung ein. Dabei unterstützt auch die CDU-Fraktion die Bemühungen des Berliner Senats. Ihren untauglichen Versuch, etwas anderes zu suggerieren, finde ich unredlich. Wenn Sie am Montag, dem 26. September 2005, im Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie anwesend gewesen wären oder es sich zumindest hätten erzählen lassen, dann hätten Sie mitbekommen, dass wir das auch am Montag bereits gesagt haben und Ihr eigener Staatssekretär es ausdrücklich begrüßt hat, dass wir uns an Ihre Seite und an die der Arbeitnehmer stellen. Vielleicht hätten Sie sich ein Beispiel an ihm nehmen sollen, statt uns hier und heute etwas zu unterstellen.
Eine zweite Vorbemerkung möchte ich machen, die sich auf den Termin, der kritisch diskutiert wurde, bezieht. – Wenn es ein rein kultureller Aspekt war, den der Konzernchef verfolgte, dann würde ich gern den kulturpolitischen Aspekt eines Gespräches mit Herrn Stimmann, welches am 21. August 2004 stattfand, erfahren wollen. Sie haben es eben nicht geschafft, einen Gesprächstermin mit dem Regierenden Bürgermeister oder einen mit dem Wirtschaftssenator zu realisieren, sondern Sie haben Herrn Stimmann hingesandt, der in dieser Stadt eher dafür bekannt ist, Wirtschaftsansiedelungen zu verhindern, und nicht, sie zu fördern.
Lassen Sie mich etwas zu dem populistischen Gehabe, das Sie hier soeben an den Tag gelegt haben, sagen. – Als Herr Sarrazin im Hauptausschuss über die Wohnungsbaugesellschaft Mitte gesprochen hat, hat er gesagt, die einzi
ge Möglichkeit zur Rettung des Unternehmens sei, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Ihren Aufschrei und Ihre Demonstration vor der Verwaltung von Herr Sarrazin habe ich bis heute nicht erlebt. Aber vielleicht erfolgt er ja in der nächsten Woche.
Wir haben sehr viel davon gesprochen, was in dieser Stadt in diesen Tagen passiert, in denen Arbeitsplätze verloren gehen. Herr Krug hat vorhin die Frage gestellt, ob sich Berlin in einer Wirtschaftskrise befinde. Er ist zu einer anderen Antwort gekommen als ich, denn die Zahlen sprechen eine traurige und eindeutige Sprache. Wir verlieren jedes Jahr 10 000 industrielle Arbeitsplätze; 310 000 Menschen Berlins sind arbeitslos, das sind 17 000 mehr als im vergangenen Jahr. Die Liste ließe sich fortführen.
Aus unserer Sicht stellt sich die Frage, welche Rahmenbedingungen der Senat verbessert hat, um Arbeitsplätze in Berlin anzusiedeln. Die Antwort ist deprimierend und schlicht: nichts!
Rot-Rot hat an dieser Stelle komplett versagt. Harald Wolf verwaltet, aber er gestaltet nicht, er macht keine Wirtschaftspolitik, sondern er bleibt ein visionsloser Bürokrat mit zweifelhafter Wirtschaftskompetenz.
Sicher liegt auch viel an der unsäglichen Wirtschaftspolitik von Rot-Grün im Bund, an einer verfehlten Steuer- und Arbeitsmarktpolitik. Aber der Senat hat natürlich Handlungsspielräume, die er an dieser Stelle nirgendwo nutzt.
Wenn Sie mir dann vorwerfen werden – und deshalb liste ich erst gar nicht auf, was alles an Versäumnissen da ist –, dass alles, was ich sage, pure Oppositionsrhetorik sei,
dann können Sie es nachlesen im BCG-Gutachten zur Förderpolitik in Berlin, das zu verheerenden und vernichtenden Urteilen kommt. Lesen Sie in verschiedenen Länder-Rankings nach, in denen Berlin stets auf den hinteren Plätzen landet! Schauen Sie sich das Gutachten der Bertelsmann-Stiftung des Jahres 2005 an, wo klare und eindeutige Worte gefunden wurden, die ich Ihnen leider aus Zeitmangel vorenthalten muss.
[Frau Michels (Linkspartei.PDS): Schade, dass Sie die Rede geschrieben habe, bevor der Senator seine gehalten hat!]
Wir müssen Schwerpunkte setzen und aufpassen, dass wir uns auf wesentliche Dinge konzentrieren. Das bedeutet Konzentration auf die Anforderungen des Mittelstan
des. Selbstverständlich reden wir heute über Samsung, aber der größte Arbeitgeber in dieser Stadt ist nun einmal der Mittelstand. Den haben wir seit Jahren sträflich vernachlässigt. Wir müssen eine wirtschaftliche Verwertung der einzigartigen Forschungslandschaft erreichen – da sind wir mit Ihnen einer Meinung; der Weg dahin ist möglicherweise noch strittig. Wir müssen die Staatsquote senken, und wir müssen Entbürokratisierung und Deregulierung endlich voran treiben. Ebenso müssen wir ein investorenfreundliches Klima in dieser Stadt schaffen, das eine Sogwirkung entfaltet und Arbeitsplätze entstehen lässt.
Am letzten Punkt schließt sich der Kreis wieder zur Diskussion um Samsung. Senator Wolfs Einsatz für einzelne Frauenprojekte in Friedrichshain-Kreuzberg ist bemerkenswert,
aber eine Präsentation der Stadt vor ausländischen Investoren wäre im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung Berlins sinnvoller und besser. Herr Wolf demonstriert auch lieber gegen deutsche Unternehmen wie z. B. bei Lidl, ein unsäglicher Vorgang, den es bei keinem anderen Wirtschaftssenator gegeben hätte. Oder er kämpft mit Gewerkschaften um Arbeitsplätze, wenn der Stellenabbau schon längst beschlossen ist, anstelle vorher in Gesprächen Vertrauen herzustellen und für die Stadt zu begeistern. Sie müssen mit den Unternehmen reden, Herr Wolf, die Arbeitsplätze schaffen, sie nicht anprangern! Der Weg, den Sie beschreiten, ist der definitiv falsche.
Harald Wolf müsste sich engagiert als nationales und internationales Aushängeschild für Berlin verstehen, als ersten Werber für Berlin, als Ansprechpartner für jeden, der Arbeitsplätze in der Stadt schaffen kann und möchte. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, Herr Wolf, aber Sie sollten die ersten Schritte jetzt gehen, denn am Ende zählt nur das Eine: Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen; Zukunftsperspektiven für die Berlinerinnen und Berliner zu entwickeln; Familien in dieser Stadt wieder Zutrauen in die Zukunft geben. Daran werden wir Sie, daran werden Sie die Menschen in Oberschöneweide oder anderswo in der Stadt spätestens bei den nächsten Wahlen messen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Dietmann! – Für die Linkspartei.PDS hat nun der Herr Kollege Pewestorff das Wort. – Bitte sehr! Es ist wenig Zeit übrig, wie Sie gleich feststellen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, was die Besucher auf der Besuchertribüne heute von uns erwartet haben. Ich hoffe zumindest, dass sie nicht mit weniger Hoffnung aus diesem Haus gehen, als sie hineingekommen sind, weil sie Hoffnung für ihren Kampf, ihre Auseinandersetzung, mehr als
alles andere benötigen. Ich bin mir nicht sicher, ob jeder Beitrag, der hier gehalten worden ist, dazu beigetragen hat.
Der Ausschuss für Arbeitsausschuss hat sich von der Situation in Oberschöneweide einen Eindruck verschafft. Er hat vor Ort getagt. Frau Dr. Klotz und Frau Blum müssten sich daran noch erinnern können: Es war der 26. Juni 1991. Wir haben im TRO Kulturhaus, 1160 Berlin, Weißkopfstrasse 18 getagt. Das TRO gibt es nicht mehr, das Kulturhaus gibt es nicht mehr, und die Postleitzahl auch nicht mehr.
Damals hat man uns vor Ort berichtet, dass 1989 im WF 9 400 Menschen gearbeitet haben. Das Ziel für Ende 1991 wäre es, bei 2 172 Beschäftigten anzukommen. 1 000 Mitarbeitern der Forschung und Entwicklung hätte man schon die Kündigung überreicht. Es gäbe Hoffnung, dass japanische oder koreanische Investoren das Werk mit der importierten Toshiba-Technik übernehmen würden. – Das ist dann am Ende passiert. Jetzt sind 800 Menschen in Lohn und Brot. Samsung, ein Weltkonzern, hat 2004 55 Milliarden US-Dollar Umsatz und einen Nettogewinn von 10 Milliarden US-Dollar gemacht, auch mit Umsatz in Deutschland.
Ich bin nicht der Überzeugung, dass unüberlegte Boykottaufrufe zielführend sind. Ein solches weltweit agierendes Unternehmen mit 113 000 Beschäftigten in 90 Niederlassungen in 48 Ländern der Erde muss ein substantielles Interesse haben. Wir sollten sie darin bestärken, mit guten Meldungen in der Presse zu sein, mit innovativen Produkten, mit hervorragenden Leistungen, so, wie sie sich auch selbst gern darstellen, übrigens mit einem kerngesunden Aktienkurs.
Wenn die Wohnungsbaugesellschaft Mitte so viel Nettogewinn machen würde wie Samsung, bräuchte man über Entlassungen bei der Wohnungsbaugesellschaft auch nicht einmal im Ansatz nachzudenken. So viel möchte ich nur zu Ihren Überlegungen anfügen.
Ich möchte auch noch einmal eine Selbstdarstellung von Samsung vortragen, weil wir sie darin bestärken sollten. Dahin sollte auch das, was das Land Berlin, was der Senat und das, was wir als Parlament den Beschäftigten an Begleitung anbieten, gehen.
Heute ist Samsung Electronics Co. Ltd mit Sitz in Seoul eines der größten Elektronikunternehmen der Welt mit einer einzigartigen Anzahl von Patenten mit Spitzentechnologien, die weltweit höchste Anerkennung finden. Eine Schar von hochqualifizierten Entwicklern in 15 Forschungszentren im In- und Ausland haben technologische Innovation zu ihrem höchsten Ziel erklärt.
Wenn das so bleibt, sollte auch Produktion und nicht nur Konsumtion am Standort Berlin und Deutschland möglich und auch für Samsung erstrebenswert sein.
Danke, Herr Kollege Pewestorff! – Die letzte Redezeit, die übrig ist, geht an Herrn Dr. Lindner. Sie ist winzig klein. Er hat das Wort.
Sie geben mir bitte so viel Überziehungszeit wie dem Kollegen Dietmann; dann bin ich schon zufrieden. – Ich möchte auf drei Dinge, die vor allem der Wirtschaftssenator erwähnt hat, noch einmal kurz eingehen: Die FDP ist selbstverständlich auch gegen die Schließung des Standorts. Es kann keine Rede davon sein, dass wir diesen Vorgang anders bewerten. Wir nehmen nur nicht an Ihrem kleinen, läppischen Antrag teil, der nichts anderes enthält als einseitige Schuldzuweisung, nichts von Analyse der Problematik und Weiteres. Wie Sie den Beschäftigten helfen wollen, geht aus dem Antrag nicht hervor. Solchen Schaufensterkrimskrams machen wir nicht mit!
Wir sind, Herr Kollege Wolf, selbstverständlich für starke Betriebsräte. Mit den Gewerkschaften sieht es anders aus. Wir wenden uns gegen Tarifkartelle von den Verbänden mit den Gewerkschaften. Wir sind aber entschieden für betriebliche Bündnisse. Das erfordert gute Betriebsräte, die dort mit den Betriebsleitungen die Dinge, die für die Unternehmen und für die Mitarbeiter richtig sind, aushandeln können.
Die dritte und letzte Bemerkung gilt den niedrigen Löhnen. Herr Senator Wolf, von niedrigen Löhnen war und wird bei mir niemals die Rede sein. Das Beispiel, das der Kollege von Lüdeke genannt hat, war Beispiel dafür, dass in einem Land wie der Slowakei, die noch vor ein paar Jahren einen riesigen Lohnabstand zu Deutschland hatte, inzwischen modernste Fertigung mit einem Lohn von 5 € pro Stunde erfolgt. Dies hier arrogant damit abzutun, da könne man gleich nach Indien gehen, ist die Arroganz, die es verhindert, dass sich hier Unternehmen wohl fühlen und nach Berlin kommen!
Die FDP ist für niedrigere Steuern – übrigens hat die Slowakei mittlerweile eine Flat-Tax –, weniger Bürokratie, Liberalisierung des Arbeitsrechts und vor allem auch weniger Lohnzusatzkosten. Dann sind wir in der Lage und schulden es den Mitarbeitern, hohe, gute Löhne für harte Arbeit zu zahlen. Dafür steht die Freie Demokratische Partei in Berlin und in Deutschland! – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Dr. Lindner! – Nach Schluss der Redeliste erhält die Frau Kollegin Paus Gelegenheit zu einer persönlichen Bemerkung!