Protocol of the Session on November 20, 2013

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Bernig. - Die Aussprache wird nunmehr fortgesetzt mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter Vogel erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hätte die Chance bestanden, ein modernes Beamtenrecht in Brandenburg zu schaffen und den öffentlichen Dienst im Lande konkurrenzfähiger zu gestalten. Leider ist man mit diesem Gesetzentwurf zu kurz gesprungen.

Zum Positiven ist anzumerken: Mit der Neugestaltung des Familienzuschlags wird jetzt das Besoldungsrecht endlich an die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse und die familiären Bedingungen angepasst. Der bisherige Ehegattenzuschlag wird abgeschafft. Bei der Familienförderung wird zukünftig an die Kinder angeknüpft und nicht mehr an die Heiratsurkunde. Das begrüßen wir ausdrücklich. Frau Geywitz hat auch die Begründung ausgeführt. Leider bleibt man hierbei stehen.

Der zweite wichtige Bereich, in dem man das Beamtenrecht wirklich hätte modernisieren und für die kommenden Anforderungen fit machen können, wäre die Stärkung des Leistungsprinzips gewesen. Herausgekommen ist aber weniger als ein Reförmchen.

Um das Besoldungsrecht EU-kompatibel zu machen und Altersdiskriminierung zu vermeiden, tritt anstelle des Lebensaltersprinzips jetzt eine Anknüpfung der Besoldung an eine in Jahren bemessene Berufserfahrung. Nicht das Alter, sondern die Länge der Dienstzeit ist maßgeblich. Gut, das ist schon einmal was. Aber von einer wirklichen Stärkung des Leistungsprinzips kann man hier noch nicht sprechen. Ganz im Gegenteil, wir müssen mehrfach die Durchbrechung des Leistungsprinzips in diesem Gesetz konstatieren. Ich nenne exemplarisch folgende Fälle:

Erstens: Leistungsprämien ohne zusätzliche Leistung. Bei den 2012 als Sparvariante eingeführten sogenannten W-Professuren

hatte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Besoldungshöhe als unzureichend kritisiert und Nachbesserungen gefordert. Statt die Grundbesoldung aufzustocken, führt Brandenburg die Neuerung einer nicht leistungsbezogenen Leistungsprämie ein. Jeder Professor mit einer W-Besoldung erhält nun unabhängig von seiner Leistung 675,17 Euro Leistungsprämie pro Monat. So kann man Begriffe ihres Inhalts entkleiden und sich selbst dabei lächerlich machen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Zweitens: Leistung ohne Leistungsprämie. Für die übrigen Beamten wird ein feinziseliertes Werk von möglichen Leistungsprämien eingeführt. Nur eine Pflicht zur Auskehr der hier zur Verfügung stehenden Mittel möchte man nicht einführen. Wörtliche Begründung: Das bisher in Brandenburg geltende Prinzip der dezentralen Vergabeentscheidung hat sich in der Vergangenheit bewährt.

(Dr. Bernig [DIE LINKE]: Sehr gut!)

Es ist praxisgerecht und vermeidet Konflikte mit Interessensvertretungen und Gewerkschaften, die Leistungsprämien und Leistungszulagen im Beamtenbereich zum Teil vehement ablehnen. - Was heißt das? Man führt eine Leistungsprämie ein, will aber gleichzeitig bei gezeigter Leistung nicht zahlen.

(Dr. Bernig [DIE LINKE]: Falsch! - Zuruf des Abgeord- neten Görke [DIE LINKE])

Auch so kann man Begriffe inhaltlich aushöhlen und ad absurdum führen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Drittens: Leistung ohne leistungsgerechte Bezahlung. Heutzutage müssen alle Lehrkräfte, egal ob Grundschule, Sekundarstufe I oder Sekundarstufe II, einen Hochschulabschluss vorweisen. Während aber im gesamten öffentlichen Dienst das Eingangsamt für Beamte des höheren Dienstes die A 13 ist, ist es für Lehrer auf A 12 bestimmt. Noch schlimmer, in dieser Vergütungsstufe bleiben die meisten Lehrer ihr Leben lang. Selbst ausgebildete Lehrer in der Sekundarstufe II, die überwiegend in der Sekundarstufe I unterrichten - das wird aufgrund der Absenkung des Abiturzugangs um ein Jahr zunehmend der Fall sein -, sollen in der Mehrzahl in der Besoldungsstufe A 12 verbleiben. Nur für 40 % dieser Lehrer sollen angemessene A-13-Stellen zur Verfügung gestellt werden. Der Ärger im Lehrerzimmer ist damit doch vorprogrammiert.

Wir wissen auch, dass die Grundschulzeit aufgewertet werden muss. Dort und in der Kita passieren die entscheidenden Weichenstellungen für die Bildungsbiografien der Kinder. Zudem wissen wir, dass wir in den nächsten Jahren vor allem Lehrkräfte für die Grundschulen brauchen. Die in dieser Neuregelung fortbestehende Schlechterstellung der Lehrkräfte im Primarbereich wird daher ebenfalls von uns nach wie vor abgelehnt.

Was ist der Grund für diese Schlechterstellung? Die Qualität und die Länge der Ausbildung sind es jedenfalls nicht. Die Ausbildung ist inzwischen mit der Lehrerausbildung für die Sekundarstufe I völlig vergleichbar. Machen Sie endlich Schluss mit der Ungleichbehandlung im Lehrerzimmer und

machen Sie den Beruf der Grundschullehrerinnen und -lehrer endlich attraktiver! Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf so nicht zu, sondern stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu.

(Beifall B90/GRÜNE)

Zu schlechter Letzt. Es gilt hier der Leitsatz: „Wenn wir selbst schon nicht die Leistung gerecht vergüten wollen, sollen das auch die anderen nicht können. Um wenigstens in den Kommunen attraktive Angebote für Führungskräfte unterbreiten zu können, hat der Städte- und Gemeindebund vorgeschlagen, die vorgesehene Begrenzung von Leistungsprämien und Leistungszulagen für das Personal der Kommunen zu streichen. Auch das wurde von Ihnen abgelehnt.

Wir denken: So geht das nicht. Statt sich als Wettbewerber auf dem Arbeitsmarkt zu verstehen, der mit attraktiven Angeboten um die besten Köpfe wirbt, der einen Wechsel zwischen Wirtschaft und öffentlichem Dienst als Bereicherung empfindet und offensiv bewirbt, versucht man zu verhindern, dass Mitarbeiter, die einmal im öffentlichen Dienst gelandet sind, den Weg in die Außenwelt finden. Das hatte Herr Burkardt ausgeführt. So kann und so wird das hier nichts werden mit einem zukunftsfähigen öffentlichen Dienst und einem zukunftstauglichen Beamtenbild.

So können wir dem Gesetz nicht zustimmen. Unsere Bewertung ist: Dieses Gesetz ist eine Minderleistung. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Abgeordnete Vogel. - Wir setzen die Beratung mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Dr. Markov, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon manchmal abenteuerlich. Herr Goetz hat vollkommen Recht: Man hätte dieses Gesetz seit 2006 in Angriff nehmen können. Die vorhergehende - schwarz-rote Regierung hatte ja nicht einmal den Ansatz eines Versuches unternommen; das hat Rot-Rot gemacht.

Dann sagt Herr Burkardt, dass die brandenburgischen Beamten in der Besoldung immer noch ziemlich weit hinten bzw. am Ende stehen. Das ist so, das bestreite ich gar nicht. Aber worin liegt die Ursache? Die Ursache ist, dass Schwarz-Rot in Brandenburg eine Nullrunde für die Beamten durchgesetzt hat. Wenn Sie eine Nullrunde machen, bleibt alles unten. Und wenn Sie dann das umsetzen, was Rot-Rot bei der ersten Runde im Jahr 2011 gemacht hat, 1:1 zeit- und wirkungsgleiche Übernahme, dann sacken sie bei der Besoldung natürlich erst einmal in den Keller. Das sollte man doch wenigstens nicht vergessen. Alle anderen vergessen das auch nicht.

(Beifall DIE LINKE - Senftleben [CDU]: Vergesslichkeit - kennen wir!)

Aber so sind Sie, das wissen wir, und das werden wir auch nicht mehr ändern können. Da kann man nichts machen.

(Zuruf von der CDU)

- Ja, was für Sie unangenehm ist, wird weggeschoben, und so wird Politik immer sehr einseitig dargestellt.

Mit diesem Gesetz nehmen wir die Möglichkeit wahr, erstmals in der Geschichte unseres Landes ein eigenes - brandenburgisches Gesetz - zu dieser Thematik zu haben. Bisher war dies nur ein Bundesgesetz. Und wir haben eine ganze Menge verändert. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Wünsche gibt, es noch besser zu machen. Die gibt es immer.

Herr Vogel hat darauf hingewiesen, dass es uns trotz allem gelungen ist, die Stärkung des Leistungsprinzips durchzusetzen, weil wir den Wegfall des bisherigen Besoldungsdienstalters vorgenommen haben - nicht nur, weil das EU-Recht ist, und nicht nur, weil das gegen das Gleichbehandlungsprinzip verstößt, sondern auch, weil es politischer Wille von Rot-Rot war. Wir wollen Erfahrungsstufen als Grundlage für die Bezahlung des Beamtentums einführen - und das machen wir mit diesem Gesetz. Das ist ein sehr großer Fortschritt.

(Beifall DIE LINKE)

Dann ist über die verfassungskonforme Professorenbesoldung debattiert worden. Da habe ich auch wieder gestaunt: Wo hat denn welches Verfassungsgericht welcher Regierung bestätigt, dass es die Professoren nicht verfassungskonform bezahlt? In Hessen! Wer ist denn da in der Regierung gewesen? - Nicht die Dunkelroten! Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir bisher da in der Regierung waren. Das war die CDU! Also, Herr Burkardt, Sie sehen, Ihr Verständnis ist wirklich sehr einseitig.

Was haben wir gemacht? Wir haben natürlich in der Begründung des Verfassungsgerichtsurteils nachgelesen, was wir machen können. Wir haben jetzt eine Regelung gefunden, die, so denke ich, gut ist, weil wir einen Teil der Leistungsbezüge denjenigen, die bisher keine hatten, zur Verfügung stellen. Damit werden wir dem sozialen Anspruch, ordnungsgemäß zu bezahlen, ausreichend gerecht.

Ja, wir haben den Familienzuschlag vollkommen verändert. Das wollten wir. Das war Schwerpunkt von Rot-Rot. Wir haben uns schon öfter darüber unterhalten, dass wir das Ehegattensplitting so, wie es gegenwärtig ist, nicht akzeptieren, weil es nichts mit Kinderfreundlichkeit bzw. Kinderunfreundlichkeit zu tun hat, sondern ausschließlich an dem althergebrachten, längst überholten Familienbild - der Mann als Ernährer und die Frau, die zu Hause sitzt und wartet - festhält. Nein, wir wollten eine zielgenaue und verstärkte Förderung von Familien mit Kindern. Deswegen ist der Verheiratetenzuschlag weggefallen, deswegen haben wir das Kindergeld erhöht. Und das betrifft immerhin 21 000 bezugsberechtigte Kinder in diesem Land Brandenburg.

Ich halte es für eine außerordentliche Leistung, dass sich das Land Brandenburg zu seinen Beamten bekennt und die Beamten, die durch die Kinder auch mehr belastet sind, zusätzlich fördert. Ich halte es für richtig.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir haben die Grundgehälter, das hat Herr Dr. Bernig schon gesagt, um die Hälfte des Verheiratetenzuschlags erhöht. Beträgt er gegenwärtig bei der Besoldungsgruppe A 9 rund 57 Euro, wird er künftig unter Berücksichtigung der Stufen des

Inkrafttretens dieses Gesetzes auf 60 Euro erhöht. Wir haben dauerhafte Ausgleichszahlungen initiiert und keine Abschmelzungen vorgenommen. Ich denke, das ist finanzpolitisch eine enorme Leistung, da es uns ab 2015 - wenn das so in Kraft tritt - 14 Millionen Euro mehr kostet.

(Beifall DIE LINKE)

Das zeigt: Wir sparen nicht an unseren Beamten. Nein, wir stellen mehr Geld aus dem Haushalt für sie zur Verfügung.

Im Beamtenversorgungsrecht haben wir auch ein paar Veränderungen veranlasst. Es gibt insbesondere Verbesserungen für Teilzeitbeschäftigte, es gibt Verbesserungen für kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen. Ja, wir haben auch privilegierende Regelungen beim Hinzuverdienst wegfallen lassen.

Wir haben noch einige kleinere Änderungen vorgenommen, die ich mir aber jetzt sparen werde, weil mir die Lampe das Ende meiner Redezeit anzeigt. - Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Herr Minister Markov, die Redezeit der Landesregierung ist unendlich, aber wir geben immer ein kleines Signal, wann sie denn zu Ende wäre.

Wir kommen nun zur Abstimmung. Es liegt Ihnen erstens der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/8214, zur Änderung von Artikel 1 Anlage 1 Besoldungsordnung A vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? Stimmenthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Änderungsantrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen nun zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 5/8152. Es geht um die Neuregelung des brandenburgischen Besoldungsrechts und des brandenburgischen Beamtenversorgungsrechts. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Bei wiederum einigen Enthaltungen ist dieser Beschlussempfehlung mit Mehrheit Folge geleistet worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Brandenburgisches Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen