Dieter Schiffmann
Appearances
Last Statements
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im
Ausschuss haben wir diesen Gesetzentwurf einvernehmlich beraten und ihn mit den Änderungen einvernehmlich über
alle Fraktionen hinweg so beschlossen.
Mit dieser Änderung des Wahlgesetzes, mit Ergänzungen und einigen Änderungen, vollziehen wir das nach, was wir im Rahmen der großen Verfassungsreform im vergangenen Jahr, als diese Reform am 18. Mai in Kraft getreten ist, in un
serer Landesverfassung ergänzt ha~en: Wir haben. nämlich die Instrumente unmittelbarer, direkter Mitwirkung der Bürger ausgeweitet, indem wir ein neues Instrument in die Landesverfassung eingeführt haben, die so genannte Volksinitiative, und indem wir bei den bereits in der alten Landesverfassung vorhandenen Instrumenten Volksbegehren und Volks
entscheid die Quoren abgesenkt haben.
Das Kriterium, an dem wir den v~n der Landesregierung in -. Umsetzung des Auftrags dieser Verfassungsänderung vorge
legten Konkn~tisierung für das _Wahlgesetz zu bewerten hat
ten, war die Frage, ob die Grundintention, einen erleichterten Zugang zu -diesen Instrumenten zu ermöglichen, umgesetzt ~vird. Wir sind der Meinung, dass das, was die Landesregierung an Verfa-hrensvorschlägen mit dem Gesetzentwurf vorgelegt hat, eine b~rgerfreundliche Ausgestaltung dieser Grundintenfion des Verfasslmgsgesetzgebers darste-llt. Wirräumen den Bürgern die Möglichkeit ein, mit dem lnstrume_nt der Volksinitiative mit 30 000 Unterschriften den Landtag zu zwingen, sich mit -einem gewissen Thema --das kann auch ein Gesetzentwurf sein.- zu befassen. Es werden daruber hinaus mit dem um die Hälfte abgesenkten Quorum - 300 000 Stirn-~ men für ein erfolgreiches Volksbegehren- die bisher vorhan
denen Hürdenabgesenkt.
Herr Kollege Schneiders hat demgegenüber aus der Sicht der CDU einige kritische Anmerkungen gemacht und eher auf die restriktiven Elemente hingewiesen. Wir haben mit der Verfassungsänderung meiner Meinung nach aber einen vernünftigen Kompromiss erzielt, indem wir a_uch der Beliebigkeit der Inanspruchnahme dieses Instruments entgegengewirkt haben; denn auch 300 000 bejahende Wählerinnen und Wäh-ler für ein erfolgreiches Volksbegehren sind eine hohe Sc_hwelle. Das sind ungefähr 10 % der Wahlberechtigten i~ Rheinland-Pfalz.
Herr Kollege Schneiders, Sie haben davon 'gesprochen, dass Minderheiten die Mehrheit manipulieren könnten. Wir köQnen allerdings nicht denBlick davor-verschließen, dass auch die repräsentative Demokratie gegenwärtig vor gewissen
Problemen steht. Die Parteiendemokratie ·hat Legitimationsprobleme. Die Wahlbeteiligung- ungefähr 70% waren es bei
•
•
der vergangenen Landtagswahl - bedeutet, wenn man das umrechnet, dass sich auch die Parlamentsmehrheitnicht auf eine absolute Mehrheit der Wa~lberechtigten stützen kann. Dieses Kriterium muss man also sehr sorgfältig abwägen.
Das andere Element, das Sie angesprochen haben, ist das, inwieweit die Gesamtverantwortung für die Politikdurc~ diese punktuelle ·Minvirkung des Volkes auch im Rahmen der Gesetzgebung verloren geht. Dieser Einwand geht meines Erachtens deshalb ins Leere, weil es ·immer nur um eine punktuelle Mjnvirkung geht, die auch das andere Argumen.t, das oft eingebracht wird, ein Stück weit entkräftet. Das andere Ar
gu~ent ist das, dass die politischen Sachverhalte so komplex
· sind, dass man sie nicht auf eine einfache Frage, die mit Ja oder Nein beant\oiortet werden kann, zurückführen kann,·
-wie sie.dem Volksbegehren Ul1d dem Volksentscheid zugrunde liegen. Allerdings sollte man dann auch nicht den Blick davor verschließen, dass viele Fragen, die wir im Parlament entscheiden, letztlich, zumindest wenn wir im-Plenum zusammenkommen und.die Detailberatungen abgeschlossen sind, dann auch auf die schlichte Frage von Ja oder Nein reduziert
· werden.
Mit dem vernünftigen Kompromiss; der breit in diesem Haus getragen worden ist,
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit· der heutigen ersten Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Wahlgesetzes vollziehen wir zumindest auf gesetzgeberischer Ebene den letzten Schritt zur Umsetzung der umfassenden Verfassungsreform, die am 18. Mai in Kraft getreten ist. Aufgrund dieser Verfassungsänderung erfolgt neben der Einführung einer ganzen Reihe neuer Staatszielbestim
mungen, neuer in die Verfa~sung aufgenommener Rechte des Landtags und der Abgeordneten sowie der Verpflichtungen der Landesregierung, die wir im letzten Plenum mit der Abstimmung über die Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung, nun auch verkündet im Gesetzesund Verordnungsblatt. in Kraft gesetzt haben, nun.de·r näch
ste Schritt: die Umsetzung der Bestimmungen, die die Instru
mente direkter Demokratie in unserem Land etwas handhabbarer und bezüglich ihrer Hürden für die Bürger leichter erkllmmbar machen sollen.
Herr Kollege Berg, im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, liegen wir mit dem Gesetzentwurf zur Neuregelung der Volksinitiative sowie über die Quoren beim Volksbegehren und beim Volksentscheid durchaus an vorderer Position der Bundesländer. So ist mir beispie)sweise durch Nachfragen bekanntgeworden, dass in Nordrhein-Westfalen erst jetzt ein· Gesetzentwurf zu dieser Thematik eingebracht wurde.
Mit den Regelungen, die in den Artikeln 108 a, 109 und 115 der Landesverfassung neu gefasst ~urden, haben wir zum einen das Instrument der Volksinitiative geschaffen, die es ermöglicht, dass sich der Landtag bei einer entsprechenden Unterschriftenzahl von 30 000 Unterschriften mit einem Gegenstand, beispielsweise mit einem Gesetzentwurf, der im Rah
men dieses Instruments an ihn herangetragen wird, befassen muss. ln d.en anderen Regelungen haben wir die Quoren für das ~rfolgreiche Volksbegehren auf 300 000 abgesenkt. Dies sind 10 % der wahlberechtigten Bevölkerung in Rheinland
llfalz.
Mit den vorgelegten Umsetzungen im Landeswahlgesetz werden die wahltechnischen Konsequenzen aus dieser Verfassungsänderung gezogen. Wir werden im Rahmen der Ausschussberatung noch Gelegenheit haben, über die Details zu sprechen.
Wichtig erscheint mir- darin stimme ich dem Kollegen Berg zu -, dass zunächst einmal die Initiatoren die Kosten zu tragen haben. Die Kosten, die dadurch entstehen, dass die Listen erstellt werden und. den Gemeinden zugestellt werden müssen, werden h~diglich bei einem Erfolg des Volksbegehrens erstattet, wenn dadurch die nötige Ernsthaftigkeit des ge
samten Unterfangens nachgewiesen ist.·Dies dient dazu, den Missbrauch dieses Instruments von vornherein zu verhindern.
Ein wichtiger Punkt, über den wir zusätzlich sprechen müs
sen:wird die Frage sein, die in diesem Gesetz sehr ausführlich geregelt ist, wer über die Zu Iässigkeit einer Volksinitiative, ei
nes Volksbegehrens oder eines Volksentscheids entscheiden wird. Es ist also die Frage, ob dies der Landtagspräsident als Institution oder der Landtag ist oder·, wie dies als Alternative vorgeschlagen wird, ·ob der Landtagspräsident in Rückkopplung mit dem Landesverfassungsgericht über diese Frage entscheiden soll. Wir werden wahrscheinlich eine andere Lösung vorschlagen, dass nämlich der Landtag als solcher über die Zulässigkeit derVolksinitiative zu entscheiden hat. Das halten wir vom ganzen Verfahren her für sinnvoll und ange
bracht.
Ich möchte einen letzten Punkt ansprechen. Das, was in dem Gesetzentwurf zur Regelung nach Artil
Wir werden Gelegenheit haben, im Ausschuss über die Details, insbesondere die Frage der Kostener~tattung und die Frage der Prüfung der Zulässigkeit, ausführlich beraten zu können.
Vielen Dank.
Herr. Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ernst, wenn ich das jetzt einmal so abwäge, ~vas Sie hier moniert und an Kritik vorgetragen haben, dann lief ein Teil natürlich auf der hier üblichen Melodie der CDU nach dem Motto ,.Mehr Geld" ab.
Sie haben aber nicht deutlich gemacht, wo dieses Mehr an Geld herkommen soll.
Sie haben zweitens Dinge angesprochen, die bei der Wahrung der Autonomie des Sports in Rheinland-Pfa]z und auch. bei diesem Stück Subsidiarität gegenüber den Kommunen ei
gentlich Gegenstand zwischen den Sportvereinen sowie·den Sportringen auf der lokalen Ebene und den Kommunen sein müssen.
Als dritten Bereich haben Sie den Schulsport angesprochen. Natürlich ist das ein großes Sorgenkind.
Keiner ist mit dem Zustand glücklich, wie er jetzt ist; Aber wenn Sie den Sportbericht aufmerksam verfolgen- Sie haben auch einige Zahlen vorgetragen -, dann werden Sie _sehen, dass die Anstrengungen, die die Landesregierung, das Bildungsministerium, in diesem Bereich unternommen hat, inzwischen Früchte tragen.
Ich glaube, wirsind auf einem guten Weg.·
Ich habe eine letzte Vorbemerkung·. Sie haben insbesondere auch den Bereich der berufsbildenden Schulen angesprochen. Herr Kollege Ernst, dann würde ich einmal Parteifreun-__ den von Ihnen raten, sich etwas mit Versprechungen gegen
. über der Handwerkskammer und anderen Einrichtungen zurückzuhalten, sich dafür einzusetzen, dass der Schulsport in den berufsbildenden Schulen nicht ausgeweitet wird.
~einesehrverehiten Damen und Herren, der Sport hat ~inen hohen Stellenwert in der rheinland-pfälzischen Politik. Das zeigt der Blick in den Landeshaushalt, das zeigt vor allem aber auch ein Blick in die umfassende Bilanzierung der Sport-förderung in Rheinland-Pfalz in dem von der Landesregie-rung vorgelegten Sportbericht.
Die Sp6rtpolitik hat aber auch deshalb einen besonderen Stellenwert, weil die Fraktionen und Parteien in diesem -Hause im Bereich des Sports- sieht man von kleinen Scharmützeln wie heute dem Beitrag des Kollegen Ernst ab - an einem Strang ziehen, und zwar für den Sport in Rh-einfand-Pfalz. So haben wir auch vor wenigen Monaten die Förderung des SportS als Staatsziel durch das Land und die Kommunen in die Landesverfassung aufgenommen. Eine jahrzehntelange Forderung des rheinland-pfälzischen Sports ist damit in Erfüllung gegangen.
Die Regierungserklärung ist zu Recht bei allen Herausforderungen der Zukunft- eine Erfo!gsbilanz. Ein Mitglfederzu-
wachs in den rheinland-pfälzischen Sportvereinen von rund 15 % und weit über 600 Millionen DM an staatlichen Mitteln für den Sport und die Sportstätten in Rheinland-Pfalz in den letzten zehn Jahren sind nur zwei herausragende Zahlen dieser Erfolgsbilan·z, zu der auch noch die 300.000 bis 400 000
unorganisierten Freizeit- und Trendsportler in unserem Land gehören.
Diese Erfolgsbilanz kann man auch mit den Erfolgen der rheinland-pfälzischen Spitzensportlerinnen und Spitzen
sportler bei den Olympischen Spielen in Sydney ergänzen._ Landessportbund, Sporthilfe und der Landesausschuss haben _ hervorragende Arbeit geleistet, die derri Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saarland und den angeschlossenen Leistungszentren und Stützpunkten viele Medaillen und gute Platzierungen gebracht haben, zu einem Gutteil mit"Eigengewächsen, die für die hervorragende Nachwuchsarbeit in unserem Land Zeugnis ablegen.
Im Ergebnis -.dies halte ich für ganz wichtig - werden diese Erfolge dazu führen, ·dass unser Olympiastützpunkt bei dem gestern von DSB-Präsident von Richthofen angesagten Großreinemachen im Spitzensportbereich - die Rede ist von der Schließung von etwa sechs Olympiastützpunkten - wahrscheinlich eine gute, eine h-ervorragende Zukunftsperspektive haben wird.
rv1eine sehr verehrten Da-men und Herren, jeder, der den Sport in Rheinland-Pfalz aufmerksam beobachtet, weiß, mft welch großem Engagement unse~ Sportminister Walter Zu
-ber diesen Auftrag wahrnimmt, der in der Bezeichnung des Ministeriums als das Ministerium des lnnern und für Sport vorgegeben ist.
Es gehört neben den vielen eingefahrenen Ritualen zu den erfreulichen Gepflogenheiten von Tagungen der Sportorganisationen in unserem Land, den Minister als großen Freund des rheinland-pfälzischen Sports zu begrüßen. Die sportpolitische Bilanz im Sportbericht und in der Regierungserklärung ist deshalb zu Recht auch von diesem großen persönlichen Engagement bestimmt.
•
ln unseren Dank möchte ich auch die Sportabteilung im
·Ministerium, Herrn Dr. Kernper und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ausdrücklich mit einbeziehen.
Meine sehr vereh-rten Damen und Herren, es gibt nur vvenig~ andere Dinge, die wie der Sport das alltägliche Leben, die Kommunikation unter den Menschen und den Medienkonsum der Menschen i_n unserer Gesellschaft beherrschen, eben
dort, wo diese Gesellschaft sich als Freizeit- und Medienge
sel~schaft präsentiert: Es war von daher vor einiger Zeit eine wichtige medi"enpoiitische Aufgabe in der EU-Fernsehrichtlinie, das Recht auf die nationalen Listen all derjenigen Sportgroßereignisse zu verankern, die auch in Zukunft für alle frei empfangbar im.,Free-TV" bleiben müssen.
Wenn jetzt in den Vorschlägen des Verbandes Privater Rundfunk- und Fernsehveranstalter - VPRT - zu einer ·neuen Medienordung in Deutschland und Europa unter anderem gerade die Abschaffung dieser Listen gefordert wird, kommt das nicht von ungefähr, genauso wie der ursprüngliche Vorschlag des-früheren EU-Wettbewerbskommissars van Miert,
·den öffentlich-rechtlichen Sendern den massenattraktiven Sport aus dem Programm streiche_n zu wollen; denn wer den Sport hat, hat das Massenpublikum, hat einen fvlassenmarkt. Deswegen gehört auch dieser Teil der Medienpolitik- dies ist Landespolitikper se-zur Sportpolitik. Deswegen muss unsere Medienpolitik darauf ausgerichtet sein, diesen Bestrebungen eine Absage zu erteilen.
· (Beifall bei der SPD)
Was aber auch in den öffentlich-rechtlichen Medien kaum stattfindet, ist der Sport als die breiteste gesellschaftliche MitmachbewegLing, der Sport als die breiteste Ehrenamtsbewegung, der Sportals lntegrationsbewegung, die Jung und Alt, behindert und nicht behindert, deutsch und zugewandert im Sport zusammenführt. Der Sport als charakterbilden- de Einrichtung, der Sport und die körperliche Betätigung als Weg-zur Selbsttindung und Selbstverwirklichung. All das und noch viel mehr - Minister Zuber hat es dargestellt - gehört auch zum Phänomen Sport in unserer Gesellschaft.
Sport und sportliche Großereignisse sind heutzutage zusammen mit dem kulturellen Angebot so genannte weiche Standortfaktoren von nicht zu unterschätzender.Bedeutung. Nicht von ungefähr messen auch viele mobile Menschen in unserem Land die Lebens- und Freizeitqualitäten eines Standorts an der Qualität seiner sportlichen Einrichtungen," Angebote und seiner sportlichen Events. Gerade ah diesem Aspekt wird deutlich, dass es Unsinn wäre, den Sport und die Kuitur, beides Staatsziele mit Verfassungsrang, und die staatlichen Mittel, die jeweils dafür bereitgestellt werden, gegeneinander aufzurechnen, also beispielsweise die Zuschüsse für Staatstheater und die Staatsphilharmonie gegen die Zuschüsse für die Unterhaltung vereinseigener Sportanlagen. Beii:les gehört untrennbar zu unserem gesellschaftlichen Leben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren; wir begrüßen als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ausdrücklich die
Aussage von Minister Zuber, dass das Land alle Anstrengungen unternehmen wird, das Fritz-Walter-Stadion zum Austragungsort von Spielen der Fussballweltmeisterschaft 2006 zu machen.
Die Bedeutung und die vielfältigen Wirkungen, die weltweite Resonanz von Wivl-Spielen in unserem Land können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden,
Aber wir unterstützen den Minister auch in seiner Aussage,
·dass diese finanzielle Anstrengu-ng für den Spitzensport mit -einer besonderen parallelen Anstrengung für den Breitensport in Rheinland-Pfalzverbunden werden muss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die staatliche Sportpoiitik kann nur Rahmenbedingungen für die Sportinfrastruktur schaffen, also dafür sorgen, dass ausreichend ordentliche Sportstätten vorhanden sind, die Qualifizierung~ und die Finanzierung von genügend Übungsleitern gesichert' ist und die Funktionsfähigkeit der ehrenamtlich organisier
ten, auf Freiwilligkeit qeruhenden Vereinen gewährleistet wird. Der Staat, das Land, kann und will den Vereinen nicht die Arbeit abnehmen. Das gilt auch für die notwendige Öffnung der Vereine für die boomenden Trendsportarten. Hier sind die Vereine und die Verbände gefordert, neue Formen zu finden.
Der Staat muss aber alles dafurtun, dass die Arbeit der Verei- ne und ihrer Ehrenamtlichen erleichtert wird. Deswegen unterstützen wir auch -nachdrücklich die Vorstöße unseres Sportministers, dort, wo das ansonsten vernünftige 630-DMGesetz für die Vereine steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Probleme geschaffen hat, rasch zu tragfähigen entbürokratisierenden Lösungen zu kommen. Der Bundeskanzler hat es zugesagt, und über die Arbeit der EnqueteKommission.,Ehrenamt" des Deutschen Bundestags wird das auch bald realisiert werden.
fviit -der Anhebung der steuelireien Übungsleiterpauschale auf 3 600 DM hat die rotgrüne Bundesregierung schon einen ganz wichtig-en Schritt getan.
Wir haben auf der Landesebene der Sportjugend und den Jugendverbänden zugesagt, dass wir das Sonderurlaubsgesetz für Jugendleiter mit-dem Ziel überarbeiten werden, dass die
1_2 Tage, die bisher gelten, auch auf 24 halbe Tage verteilt werden können und die Entschädigungsregelung verbessert wird. (Vereinzelt Beifall bei der SPDPörksen, SPD: Sehr vernünftig!}
Meine sehrverehrten Damen und Herren, die Vereine klagen vielfach über Belastung und bürokratische Erschwernisse auf der kommunalen Ebene. Ich denke, die Sportkreise und die Sportbünde sind gefordert, einen Dialog zwischen den Vereinen und der Kommunalverwaltung zu organisieren. iviit entsprechendem Goodwill können die Kommunen, auch ohne _dass ihnen das vom land gleich vorgeschrieben wird, die vorhandenen Spielräume zugunsten derVereine anwenden.
Vl!as von oben nur angestoßen, aber vor Ort umgesetzt werden muss, ist die Verzahnung der Arbeit der Sportvereine.im Bereich der Kinder und Jugendlichen mit der Arbeit der J·u
gendverbände, der Jugendämter, der Kirchen, der Volkshochschulen, der lokalen Präventionsräte und der Schul
sozialarbeit. ln diesen Netzwerken, ·wie sie Herr Minister Zuber genannt hat, müssen die Angebote koordiniert sowie die Qualifikationen und Ressouren aller Beteiligten zusammengeführt werden.
Meine Damen und Herren, wir haben die Mittel des Landes für den Sporttrotz aller finanziellen Engpässe des Landes in den vergangen Jahren auf einem hohen Niveau gehalten und stabilisiert. Im laufenden Haushalt werden jährlich über 61 Millionen DM bereitgestellt. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht von uns, dass wir auf eine effektive und sparsame Verwendung dieser Mittel achten. Das heißt, wir müssen auch vom Landessportbund, den_ Sportbünden und den Sportverbänden erwarten, dass nicht erhebliche Teile dieser Mittel in unwirtschaftliChen Oganisationsstrukturen versickern. Das hat auch der Rechnungshof in seinem Bericht für das Jahr.1999 deutlich angemahnt.
Deshalb werden wir sehr sorgfältig beobachten, ob die begonnene Organisationsreform des rheinland-pfälzischen Sports mit zählbaren Ergebnissen f:Jrtgeführt wird, die erwarteten Struktureffekte eintreten und tiefgreifendere Veränderungen notvvendig sind. Im Sinne der Autonomie des Sports bleiben zunächst der Landessportbund und die drei Sportbünde, aber auch die Fachverbände gefordert. Wir werden in absehbarer Zeit eine Evaluierung der Strukturen des Sports in Rheinland-Pfalz einfordern.
Meine Damen und Herren, \"llir n~hmen den Verfassungsauftrag zur Förderung des Sports ernst und werden ein engagierter Partner der über 6 100 Sportvereine, der über 1,5 Millionen· Mitglieder und der über 100 000 ehrenamtlichen und qualifizierten hauptamtlichen ivlita~beiterinnen und MitarbeiterderVereine und Sportbünde bleiben.
Vielen Dank.
Viz~präsident Schuler:
Ich erteile der Abgeordneten Frau Grützmacher das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Was George Orwell für das Jahr 1984 als literarische HorrorVision beschrieb oder der Film.. The Truman-Show" als CineVision, wird ab dem 1. März täglich für 30 Minuten auf RTL II zur TeleVision:.,Sig Brother istwatehing you".
.. You" das sind in diesem Fall zehn junge Leute in einem als Wohncontainer getarnten Testlabor, freiwillig gegen Geld für hundert Tage eingesperrt, rund um die Uhr durch 55 einseitig durchsichtige Fenster von 28 Kameras und 60 Mikrophonen und zehn Körpermikrophonen beobachtet und belauscht und völlig abgeschnitten von der Außenwelt.
Zu den täglichen 30 TV-Sendeminuten des.best of the day" kommen noch der Internetauftritt und die kontinuierlich sen
denden WebCams hinzu.
Zur Beförderung der Gruppendynamik und damit den täglichen Voyeuren am Bildschirm etwas geboten werden kann, werden gezielt mit Psychetricks von außen Impulse gesetzt und die Gruppe nach und nach durch die durch Publikumsabstimmung verfügte Abwahl, die Eliminierung einzelner Teilnehmer, reduziert, bis der Letzte übrig bleibt und als Gewinner eines großen Geldbetrags feststeht.
Klar ist für alle, keiner der Teilnehmer wird so herauskommen, wie er in dieses Experiment hineingegangen ist. Keiner der Teilnehmer hat eine Pri1,1atsphäre, nicht einmal eine ln·
timsph~re, die den elej
Was bleibt da nach allgemeinem Verständnis noch von Menschenwürde?- Der Mensch wird hier als eine bessere Experimentierratte behandelt.
Nach Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ist die Würde des Menschen unantastbar. Nach dem alten§ 3 Abs. 1 Nr. 6 beziehungsweise dem neuen § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Rundfunkstaatsvertrags sind Sendungen unzulässig und als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, die - Zitat -.Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen und ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, ohne dass ein überwiegendes berechtigtes öffentliches Interes
se gerade an dieser Form der Berichterstattung vorliegt."
Eine Einwilligung ist dabei für die Tatsache der Ordnungswidrigkeit unbeachtlich. Nach dem neuen § 3 Abs. 1 Nr. 5 des Rundfunkstaatsvertrags sind darüber hinaus auch Sendungen unzulässig, die die Menschenwürde in sonstiger Weise verlet
zen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Doetz von Sat.1 bzw. vom VPRT hat unter Berufung auf Artikel 5 des Grundgesetzes formal Recht. Es kann zunächst einmal, wie er es formuliert hat,.,jeder Mist gesendet werden". Es gibt keine Zensur- Gott sei Dank.
Die Kontrollinstrumente greifen zurzeit erst im Nachhinein, und eine rechtliche Verpflichtung zum Qualitätsfernsehen gibt es auch nicht. Aber soll alles möglich sein?
Es hat sich glücklicherweise, angestoßen und wesentlich bestimmt durch die Initiative von Ministerpräsident Kurt Beck, eine ganz breite und heftige öffentliche Debatte mit einem ganz breiten und systemübergreifenden Grundkonsens von Kurt Beck über Bernd Neumann von der CDU zu Erwin Huber von der CSU und von Norbert Schneider und Wolfgang Thaenert von den Landesmedienanstalten bis hin zu Peter
Voss als Vorsitzender der ARD darüber entwickelt, dass nach dem Schmuddei-TV der Nachmittags-Talkshows mit ,.Big Brother" ein Einfallstor für ein Spanner-TV, also fOr Pro
grammformate eröffnet werden soll, die den Einzelnen zum bloßen Objekt von Voyeurismus machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hierwerden mit einem ganz gezielten Tabubruch nur mit Blick auf Einschaltquoten und bewusst kalkuliert Grenzen verletzt, die die Allgemeinheit zum Schutz der Würde des Menschen bewusst gezogen hat. Mit einer intensiven Debatte müssen wir klären, mit welchen rechtlichen Instrumentarien solchen Fehlentwicklungen entgegen gesteuert werden kann, wenn sich zeigt, dass weder der freiwillig vereinbarte "code of con
duct" der privaten Fernsehanbieter noch die den Landesmedienanstalten, wie beispielsweise in diesem Fall der
LPR Hessen, durch den Rundfunkstaatsvertrag in die Hand gegebenen rechtlichen Instrumente ausreichen.
Wenn der Rundfunkstaatsvertrag sich in diesem Fall mit sei
nen gegenwärtigen Formulierungen als zahnloser Tiger erweist, muss eben eine Präzisierung und Verschärfung der Rechtsinstrumente bei der nächsten Änderung ganz oben auf der Agenda steh~n;
denn Artikel 1 des Grundgesetzes sagt auch, dass es Verpflichtung aller staatlichen Gewalt ist, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, unter Umständen auch vor dem Individuum selbst.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der ersten Lesung des Gesetzentwurfs voR SPD, CDU und F.D.P. zur- Reform der Landesverfassung haben wlr sehr aus
führlich die einzelnen Teile dieses Reformpakets besprochen: die Gr!Jndrechte, die Staatszielbestimmungen, die stärkeren Elemente direkter Demokratie, die Stärkung der Kompetenzen des Land~ags und die Veränderungen im Verhältnis von Exekutive und Legislative sowie die neuen Regelungen über die Verfassungsbeschwerde und den Verfassungsgerichtshof. Ich möchte deshalb heute nur noch· auf einige wenige weitere Aspekte eingehen, die uns im Hinblick auf eine Revitalisierung des Landesverfassungslebens wichtig erscheinen.
Gestatten Sie mir vorab aber einige Bemerkungen zu dem nach derersten Lesungeingebrachten Änderungspaket der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Nach den Abstimmungsergebnissen von zwei Enquete-Kommissionen - Frau Kollegin Grützmacher hat darauf liingeWiesen- und dem Diskussionsprozess der letzten Jahre hätte es nahe gelegen, sich auf wenige Essentials zu beschränken.
Wir hatten unsere ·Bereitschaft erklärt, in einem _solchen Fall
in weitere Gesprache mit dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einzutreten, um ernsthaft auszuloten, ob es nicht_ doch m~glich wäre, die Zustimmung aller Fraktionen in diesem Haus zur Reform der Landesverfassung zu erreichen.
Die Grünen haben dann sehr.spät einen umfangreichen Kata- _
lbg von Änderungs- und Erweiterungsvorschlägen vorgelegt, auf den sich gesprächsweise einzulassen bedeutet hätte, den Ber?tungsprozess von acht Jahren mit dem absehbaren Ergebnis noch einmal von vorn aufzurollen, dass sich im Hin
blick auf die notwendige Zweidrittelmehrheit im Landtag nahezu gar nichts als sinnvoll verhandelbar herausgestellt hät
te.
Bis auf einige-Punkte, über die man aus unserer Sicht durch
aus hätte sprechen können, haben die GRÜNEN einen Katalog vorgelegt, der nicht auf den notwendigen Konsens,
sondern unter Umständen innerparteilich motiviert auf rei
nes politisches Flagge-zeigen ausgerichtet war. Das ist aus vielen Gründen, auch verfassungspolitischen Gründen, zu bedauern.
Meine sehr vereh:ten Damen-und Herren, mit dem jetzt zu verabschiedenden Reformwerk bringenwir eine ganze Reihe
von bereits vorhandenen Staatszielen in eine sprachliche und begriffliche Form, die dem rechtlichen und sozialen Verständnis der Bürgerinnen und Bürger am Beginn des 21. Jahrhunderts entspricht. Das sagt nichts über die·unbestrittenen.Qualitäten der Fo~mulierung der Verfassungsväter und Verfas
sungsmütter von 1946/1947 aus, die damals versuchten, nach den fürchterlichen Erfahrungen des [IJ_ationalsozialismus dem neugebildeten Staatswesen eine neue rechtliche, ethische und moralische Begründung und ·aber die Definition von Staatszielen auch Auftrag und Richtung zu geben.
Aufbauend·darauf haben über 50 Jahre politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung sowie Erfah-. rung auch andere Vorstellungen von den Prioritäten staatlichen Handeins und den Gütern geschaffen, die vorrangig durch den Staat und auch die Gemeinden geschgtzt und gefördert werden müssen. Aber auch die Vorstellungen über das Wie haben sich gewandelt.. Ich nenne hier nur. beispielhaft unsere Verfassungsöestimmung Operden Schutz und die_ Förderungvon Ehe und Familie und zur Erziehung unserer Kinder.
So hat zum Beispiel auch das jetzt im neu for_mulierten Artikel 50 verankerte ausdrückliche. Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft als Grundlage unserer Wirtschaftsordnung mit ihrer Vorgabe, dass die Gesetze des Marktes nicht absolut gesetzt werden dürfen, sondern sozialverträglich reguli'ert werden müssen,.gerade in einer Zeit, in der es darum geht,' Antworten auf die Globalisierung der Wirtschaft zu finden, nicht nur hohe Symbolkraft, sondern es formuliert auch einen zentralen Auftrag.an die Politik. Dem tragen wir auch in anderen Bereichen durch eine Reihe von neuen und neu formulierten Staatszielbestimmungen Rechnung.
Dazu hat Herr Kollege Berg von der CDU in der ersten Debat
te einige kritische Anmerkungen mit dem Tenor gemacht, ob wir dabei nicht des Guten zu viel machen würden. Ich denke, es ist durchaus legitim - wie ich es auch in anderen Gesprächen vernommen habe-, zu fragen, ob wir mit einer Vielzahl von Staatszielbestimmungen nicht zu sehr staatliches Handeln einmauern oder ob die Vielzahl der Staatszielbestim
mungen. nicht letztendlich zu einer· gewissen Beliebigkelt führen wird. Ich denke, wir haben mit dem jetzt vorliegenden Reformwerk ein vernünftiges Maß gefunden, das den Staat, das Land und die Gemeinden nicht überfordert.
Es kommt etwas Weiteres hinzu. Die Erfahrung mit dem öf
fentlichen Diskurs über die Reform unserer Landesverfassung hat gezeigt, dass es weniger eine breite Debatte oder gar breites öffentliches Interesse an den neuen institutionellen organrechtlichen Bestimmungen gegeben hat, sondern vor allem an den Grundrechten und an den Staatszielbestimmungen, ob das beispielsweise die Verankerung des Tierschutzes, die FÖrderung des Sports, die Achtung der Rechte von Minderheiten, der Schutz der Behinderten vor Diskriminierung oder das Recht auf Wohnung und das Recht auf Arbeit waren. Das hat jeweils Diskussionen und Debatten im gesell
schaftlichen Umfeld ausgelöst und zu Vorschlägen an den Landtag geführt. Deshalb gehe ich. davon aus, dasses-ob zu
Unrech~ oder zu Recht;·das rriag dahingestellt bleiben- gera-.
. de diese Staatszielbestimmungen.sein werden, die im öffentlichen Bewusstsein das Interesse an und die Auseinanderset
-zung mit der überarbeiteten Landesverfa~sung fördern wer
den.
Es hat ~ber in jüngster Zeit insbesondere in den Reihen der kommunalen Spitzenverbände im Zusammenhang mit der neuen Formulierung über die· Pflege und Förderung des kul
tureilen Schaffens durch das Land und die Gemeinden sowie die Gemeindeverbände, aber auch mit der verfassungsrechtlichen Verankerung der Pflege und Förderung des Sports· durch das Land und wiederum durch die Gemeinden sowie Gemeindeverbände zu Debatten geführt. Dabei wurde die Vermutung in den Raum gestellt,_ob damit nicht durch die Hintertür der Verfassung das Land den Kommunen ohne finanzielle Kompensation eine n,eue Pflichtaufgabe zuschieben würde, vor allem, weil gleichzeitig die langjährige Forderung der kommunalen Spitzenve[bände nach Verankerung
c;les Konnexitätsprinzips in 'der Verfassung nicht_ umgesetzt wird. Hier liegt eindeutig ein Missverständnis über die Bedeu
·tung und Wirkung von Staatszielbestimmungen vor.
Sie s.ind Programmsätze, aus denen der Einzelne keine unmittelbaren Rechte gegenüber dem Staat, gegenüber der Ge
meinde oder auch dem Landkreis ableiten kann. ln der Be
gründung zu dem vorliegenden· Gesetzentwurf ist. deshalb eindeutig und ausdrücklich gesagt, dass· diese Zielbestimmungen keine subjektiven Rechte begründen.
Staatszielbestimmungen haben- darüber besteht in der Verfassu!1gsrechtslehre Übereinstimmung - die Aufgabe, bei ei
nem weiten Handlungsspielraum für die Staatsorgane Orien
tierung und Vorgaben für staatliches Handeln zu geben. Das gilt nicht nur für die Staatszielbestimmungen im Grundgesetz, sondern auch für dfe ih den Landesverfassungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsenfLandesver
fassung steht mit vielen Regelungen - insbesondere im Be
reich der Grundrechte und der Staatsziele-zum Teil in einem
Konkurrenzverhältnis~ iu'm Teil aber auch i~ friedlicher Koexistenz zu den Verfassungsbestimmungen des Bundes im Grundgesetz. ln der Vergangenheit hat das dazu geführt, dass in der breiten Öffentlichkeit des Landes derTeil unserer Landesverfassung, der sich nicht mit der Regelung, der Stel
_Jung und den Kompetenzen der Verfassungsorgane und mit der Gesetzgebung befasst, als verstaubt oder ga~ als irrelevant angesehen wurde.
..
Die auf unseren verstorbenen Kollegen Caesar zurückgehende Bereinigungsaktion, in der die durch das Grundgesetz und die Bundesgesetzgebung überholten ursprünglichen Bestimmungen unserer Landesverfassung entfernt bzw. angepasst worden sind, war ein erster wichtiger Schritt, die Aktualität und die Akzeptanz unserer Landesverfassung zu erhöhen.
Noch wichtiger war der Schritt, mit dem Gesetz zur Änderung des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof vom
- 10. November 1992 das Instrument der Individualverfassungsbeschwerde einzuführen, allerdings- das war wahrscheinlich ein Grund dafür, dass dieses Instrument weitgehend ungenutzt und unbekannt geblieben ist- nu-r einfachgesetzlich.
lc.h halte e.s deshalb für einen ganz wichtigen Schritt für eine breite Verankerung der Landesverfas.sung, dass wir den Vorschlägen der Enquete-Kommission.,Verfassungsreform" folgend jetzt die Individualverfassungsbeschwerde- ich sage bewusst nicht.,die Popularklage"- jetztauch förmlich im neuen · Artikel130 a der Landesverfassung verankern. Künftig kann
. jeder Mann oder jede Frau, wenn er oder sie der Auffassung
ist, in seinen durch ·die Landesverfassung garantierten Rech
t~n~ verletzt worden zu sein, Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof er)1eben. Damit soll aber b<:ileibe nicht einer Klagehysterie das Wort geredet werden, sondern einer aktiven Identifikation unserer Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Verfassung. Auf diesen wichtigen Aspekt wi~d später am heutigen Nachmittag im Zusammenhang mit der Vorlage des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshot in
·der die Folgeänderungen eingebaut werden, noch ausführlicher zu spr~chen sein.
Meine sehr verehrten Damen Lind Herren, im Landtag und in
·der Öffentlichkeit ist bereits ausführlich über die von der ·CDU-Fraktion als.,conditio sine qua non" eingebrachte Formulierung in Artikel 3 Abs. 2 der Landesverfassung über den
Schutz des werdend~11 Lebens- wie es dort he_ißt -, insb-esondere durch umfassende Aufklärung, Be-ratung und soziale Hilfe· diskutiert worden.
Gerade weil es bei diesem Thema von äußerster politischer und ethischer Sensibilität eine vorrangige bundesrechtliche Schutzvorschrift gibt; die im Bund in einem ganz schwierigen Prozess gefunden worden is~, macht dieses Unterfangen aus unserer Sicht verfassungspolitisch und politisch keinen Sinn. Wir tragen trotzdem ihre Aufnahme in unsere Landesverfa·ssung mit, weilansonsten die gesamte ·Reform an der CDU gescheitert-wäre und weil die aus:oer brandenburgischen Landesverfassung übernommene Staatsziei-Förmulierung eben nur die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und die Bundesgesetzgebung wiederholt.
. Ich sage, wir tragen sie mit großer Mehrheit rnit, aber auch mit _großem Respekt für diejenigen in unserer Fraktion, 'die, weil es für sie eine bedeutsame Gewissensentscheidung dar
stellt, um eine Einzelabstimmung ·über
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unter Umständen folgenreicher im Hinblick auf den~ künftigen Stellenwert der Verfassungen der deutschen Länder wird das immer stärker · zur Geltung kommende Spannungsverhältnis zwischen innerstaatlichem Verfassungsrecht und europäischem Recht und noch mehr der europäischen Rechtsprechung· durch den EuGH werden, was gerade in jüngster Zeit durch das· Urteil des· EuGH zum Bundeswehrdienst von Frauen bzw. indirekt zur Gültigkeit des Wehrpflichtartikels 12 a des Grundgesetz;es als Proble111 auch einer breiten Öffentlichkeit deutlich geworden ist. Die Frage, pb und in welchem Umfang europäisches Recht_ Bundesverfassungsrecht bricht oder brechen kann, kann sich jederzeit auch für Konflikte zwischen europäischem Recht und Landesrecht und Landesverfassungsrecht darstellen. ·Das ist umso kritischer zu beurteilen, als den europäischen Vertragswerken bisher insbesondere ein eigener Grundrechtsteil fehlt.·
Wir sollten also.alle nicht nur die Bemühungen unterstützen, jetzt schon im Zusammenhang mit der anstehenden EURegierungskonferenz zur Reform der EU-Institutiorwn eine konkrete und praktikable Umsetzung des Subsidiaritätsprin-· zips und eine einklagbare Umsetzung zu verankern, sondern wir sollten vor allem auch darauf drängen, dass es zu einer umfassen?en Neufassung der Vertragswerke und dabei zu einer Verankerung eines europäischen Grundrechtskatalogs kommt, um auch hier im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu mehr Transparenz zwischen den· innerstaatlichen und überstaatlichen Rechtssystemen zu kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir heute
das gesamte Paket der Änderungen unserer Landesverfassung verabschiedet haben, wird sie einerseits ihren unverwechselbaren historisch gewachse,nen Charakter behalten haben. ·Sie wird aber andererseits auch ein gutes Stück mo
derner, verständlicher und bürg_ernäher gellVorden sein. Dies unseren Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, kann nicht allein von der Politik geleistet werden. Dazu·werden wir auf die aktive Mithilfe der politischen Bildung, der Schulen und der M~dien angewiesen sein.
Ich möchte an dieser Stelle deshalb in~beso~dere die Medien einladen, über die Berichterstattung_ zur-parlamentarischen Beratung hinaus ausführlich über die neuen Verfassungsbestimmungen zu informieren und die Bürgerinnen und Bürger· -.
.zu ermutigen, sie mit Leben zu erfüllen.
. (Beifall der SPD·und bei der F.D.P.)
Wir Abgeordneten als Teil des. obersten vom Volk gewählten Organs der Willensbildung, wie es.jetzt in der Verfassung heißt,bleiben aber nichtsdestotrotz aufgerufen, gezielt, insbesondere in Kontakt mit jungen Menschen und den Schulen,
Landt
für ein aktives, staatsbürgerliches Verständnis unserer Landesverfassur)g zu werben.
Ich weiß, diese Bemühungen sind nicht einfach. Sie werden nicht von schnellen Erfolgen gekrönt sein, insbeson_dere in
Zeiten wie diesen, in denen einige Politiker, die hohe und höchste Ämter in unserem Staat in Bund und Ländern innehaben und innegehabt haben, den Gesetzen und der Verfas
sung, auf die sie_ ihren Amtseid geleistet haben, nicht den
notwendigen Respekt erwiesen, sich sogar teilweise über sie hinweggesetzt und stattdessen persönliche und Parteieninteressen höher gestellt haben.
Auch wenn oft ein anderer Eindruck erweckt wird, wir haben gegenwärtig keine Staatskrise, sondern die Krise einer Partei. Aber diese Krise hat auch eine Vertrauenskrise im Verhältnis der Bürgerinnen und Bü~ger zu Staat und Politik ausgelöst, von der wir alle betroffen sind.
_ Wer Verfassungstreue und Verfassungspatriotismus von den Bürgerinnen und Bürgern erwarte-i:, der muss mit untadeli
Er muss den Vertrauensvorschuss, der ih-m im Akt der Wahl zugebilligt wurde, alltäglich auch rechtfertjgen. Die Treue zur Verfassung kann und darf nicht unter dem persönlichen Vorbehalt von irgendwelchen E~renworten_gestellt werden, weil sonst unsere Rechtsordnung und unser Rechtsgefühl auseinander bricht.
Die Erforschung und Aufarbeitung all der Spendenskandale auf Bundes- und Landesebene durch die Medien hat gezeigt, wie unverzichtbar die Kontrollfunktion der Medien als infor
melle vierte Gewalt in unserem Staat für eine funktionsfähige demokratische Verfassung ist. So erweisen sich gerade die Informations- und Medienfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes und nach Artikel 10 der Landesverfassung auch in Krisensituationen wie diesen als tragende Säulen unserer Verfassungsordnung.
Meine sehr verehrten -Damen und Herren, diese Verfassungsreform war über Jahre hinweg ein besonderes Anliegen un
seres verstorbenen Kollegen Caesar. Mit Engagement, ja mit intellektuellem Herzblut hat er als Justizminister und in den Ietzten Monaten als Abgeordneter um das Zustandekommen dieser Reform gerungen. Diese Reform wird in herausragenderWeise mitseinem Namen verbunden bleiben.
Vielen Dank.