Angelika Weikert
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Last Statements
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal schönen guten Morgen! Frau Ackermann, wir werden Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil er das Problem falsch beschreibt und der falsche Lösungsansatz ist. Ich werde jetzt versuchen, dies mit ein paar Stichworten deutlich zu machen.
Sie sagen, besonders schutzbedürftige Menschen müssten aus der Gemeinschaftsunterkunft herausgenommen werden. Wenn Sie tatsächlich ernsthaft an das Problem herangingen – aber soviel Mut haben Sie nicht –, dann würden Sie Gemeinschaftsunterkünfte generell ablehnen.
Landes sein, dass man einen Teil der Menschen, die zu uns kommen, so unwürdig leben lässt.
Im Grunde fordert dieser Gesetzentwurf keine große Leistung, im Grunde fordert er eine Selbstverständlichkeit. Er fordert nur die einfache, aber menschenwürdige und hygienisch einwandfreie Ausstattung von Unterkünften für Flüchtlinge – mehr nicht. Deswegen glaube ich, dass unser Gesetzentwurf zustimmungsfähig ist.
Denn ich kann mir nicht vorstellen, wer sich einer Forderung nach einem Mindestwohnraum von 10 Quadratmetern verweigern will. Und wer will sich dem verweigern, dass eine schwangere Frau oder eine unbekleidete Minderjährige oder Mütter mit minderjährigen Kindern ordentlich untergebracht werden? Bestimmt möchte in diesem Haus niemand, dass Menschen, die nach Deutschland, die nach Bayern kommen – Bayern rühmt sich immer, spitze zu sein –, weiterhin so vegetieren müssen.
Ich bitte Sie also um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde ist es überflüssig, hierauf noch etwas zu sagen.
Frau Ackermann, ich verwahre mich gegen die Vorwürfe, die Sie vielleicht auch an mich persönlich gerichtet haben. Sie prallen aber an mir ab, weil ich in diesem Feld so viel arbeite und mich so intensiv kümmere, dass ich es nicht nötig habe – –
Ich warte einfach ab.
Ich verwahre mich gegen diese Vorwürfe. Ich habe es nicht nötig, mich von Ihnen in dieser Weise angreifen zu lassen. Das prallt an mir ab.
Ich sage noch einmal: Sie haben das Problem nicht erkannt. Wir haben beispielsweise das Problem der 32 %-igen Anerkennung und des absoluten Abschiebestopps angesprochen. In diesen Fällen drängen wir auf eine Lösung. Insoweit haben wir die Staatsregierung konkret gefragt. Ansonsten ist alles gesagt.
Frau Kollegin Ackermann, ich nehme Bezug auf die Ausführungen meines Kollegen Volkmann. Ich bin der Überzeugung, dass man dieses Thema sachgerecht und ohne Emotion diskutieren muss. Ich möchte einen Punkt herausgreifen, den Sie genannt haben, den der minderjährigen Flüchtlingskinder.
Ich bin selbst Vorsitzende eines Vereins in Bayern und fühle mich bei diesem Thema deshalb sehr kompetent. Wir gestalten nämlich seit vielen Jahren die Arbeit mit
Ich würde mir wünschen, dass wir just dieses Thema nicht in den bevorstehenden Landtagswahlkampf mit hineinziehen. Das wäre mir ehrlich gesagt lieber. Im Moment scheint es nicht aufzuhalten zu sein, aber ich wünsche uns allen eine möglichst sachliche Debatte bei der Feststellung der tatsächlichen Situation, der Dauer der Verfahren und ihrer Zahl. Ob das, was hier beantragt ist, wirklich notwendig ist, sollten wir dann entscheiden. – Ich bedanke mich jetzt für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Eisenreich, Sie haben gerade gesagt, Sie wertschätzen die Meinung von Schülern und Lehrern. Ich meine, das Wertschätzen ist das eine. Das andere ist das, was wir hier in Bayern brauchen: feste Strukturen. Wir brauchen Strukturen, bei denen es nicht nur um Wertschätzung geht, denn was fängt man konkret mit Wertschätzung an? – Es geht darum, Strukturen aufzubauen, die Lehrern und Schülern erlauben, sich tatsächlich in alles einzumischen, was mit Schule zu tun hat. Es muss ihnen möglich sein, Vorschläge zu machen. Sie müssen nicht nur wertgeschätzt, sondern ernst genommen werden.
Kolleginnen und Kollegen, Demokratie muss erlernt werden, sie kommt nicht von selbst. Die beste Voraussetzung hierfür ist, dass Jugendliche bereits in der Schule Demokratie praktisch erleben können. Es ist wichtig, dass die jungen Leute sich zusammensetzen, diskutieren und Vorschläge weitertragen können. Es ist wichtig, dass ein Teil dieser Vorschläge dann auch übernommen wird. Solche Prozesse sind die beste Voraussetzung dafür, dass sich Jugendliche auch nach der Schule demokratisch in unsere Gesellschaft einbringen und aktive Mitglieder dieser Gesellschaft werden. Es gilt immer wieder, unsere Demokratie zu bewahren und weiter zu entwickeln. Damit könnten wir einen entscheidenden Beitrag leisten.
Dafür sind Strukturen notwendig. Frau Kollegin Tolle hat gesagt, es muss sich viel ändern. Ich meine, es muss sehr viel neu eingeführt werden; denn es ist noch gar nicht viel da, das man überhaupt ändern könnte. Ich habe auch eine völlig andere Auffassung als Herr Kollege Eisenreich, der davon sprach, es seien schon so viele Maßnahmen vorgesehen. Schaut man nämlich genauer hin, dann ist bisher relativ wenig passiert, Herr Kollege Eisenreich. Ich kann Ihnen deshalb an dieser Stelle nicht ersparen, auf die lange, über zwanzigjährige Geschichte der Schülervertretung in Bayern hinzuweisen. Ich habe das schon öfter getan. Vor zwanzig Jahren haben sich die Schülervertreter in einen Verein zusammengeschlossen, und seither kämpfen sie für mehr Demokratie und Mitspra
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Petition wird inhaltlich auch von der SPD-Fraktion im Landtag voll unterstützt. Nachdem der Inhalt der Petition von Frau Kollegin Tolle bereits vorgetragen wurde, möchte ich Ihnen kurz sagen, von wem
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das war jetzt ein ganz kurzer Beitrag. Wir werden die fachliche Debatte – diesen Vorschlag nehmen wir gerne an – im Ausschuss sehr ausführlich führen.
Uns gefällt der Gesetzentwurf der GRÜNEN. Kollegin Tolle, auch die SPD-Fraktion hat bereits einige Initiativen zum Ausbau der Demokratie in der Schule ergriffen. Für uns gehört die Demokratie in die Schule.
Kolleginnen und Kollegen, Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit für alle Zeiten, sondern sie muss ständig verteidigt werden. Wo kann das besser gelernt werden als in der Schule? – Demokratie kann nicht nur dadurch gelernt werden, dass sie im Sozialkundeunterricht anhand von Schaubildern dargestellt wird, sondern sie muss – das zeigen alle empirischen Forschungen in diesem Bereich – durch eigenes Handeln erfahren werden. Je mehr Demokratie durch eigenes Handeln bereits in der Schule erfahren wird, desto eher besteht die Gewähr dafür, dass sich Kinder und Jugendliche später als junge Erwachsene in unserer Gesellschaft aktiv demokratisch bewegen. Deshalb müssen wir Demokratie an der Schule ausbauen und Schülerinnen und Schüler und die Eltern an den Entscheidungsprozessen in der Schule tatsächlich teilhaben lassen.
Kolleginnen und Kollegen, der demokratische Ausbau an den Schulen in Bayern hinkt hinter den Notwendigkeiten her.
Die Schüler und Schülerinnen kämpfen seit 23 Jahren für mehr Mitbestimmung an der Schule. Ich bitte Sie, aufzumerken: seit 23 Jahren. Viele Initiativen sind von Ihrer Seite dazu nicht beigetragen worden. Ich möchte das an einem Punkt näher erläutern und diesen Aspekt in die Debatte einbringen. Eine Schülerin der derzeit gewählten Landesschülervertretung hat erst jüngst in einem öffentlichen Beitrag gesagt: Lasst uns doch gemeinsam einen Verhaltenskodex in der Schule entwickeln.
Ich erinnere an die Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten – leider ist der Herr Ministerpräsident nicht anwesend –, und ich verweise auf die Eröffnung des Berufsbildungskongresses in Nürnberg. Frau Ministerin Stewens, auch Sie waren anwesend. Dort wurden verschiedene Tugenden aufgezählt, wie Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Sauberkeit und so weiter. Vielleicht ist auch mehr Demokratie in der Schule ein Baustein, diese Tugenden wieder zu erreichen.
Wenn Schülerinnen und Schüler gemeinsam ihren Verhaltenskodex diskutieren, wenn sie Vereinbarungen und Regeln aufstellen, dann sind sie vielleicht auch eher geneigt, nach diesen Regeln zu leben.
Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns ganz frisch an diesen Gesetzentwurf herangehen. Auch ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss. Für uns gilt: Mehr Demokratie wagen – keine Angst!
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ganz so einfach, wie Kollege Eisenreich es dargestellt hat, sehen wir diesen Gesetzentwurf nicht. Ich will nicht auf die vielen kleinen Details eingehen wie die Änderungen, dass „Schulleiter“ auch „Schulleiterinnen“ sein können, weil wir das nicht wichtig fi nden. Ich will zwei Punkte herausgreifen, mit denen inhaltliche Änderungen in der bayerischen Bildungslandschaft verbunden sind und die es wert sind, dass man sie kurz anspricht.
Zunächst: Mit diesem Gesetzentwurf wird der Tod von Teilhauptschulen in Bayern besiegelt. Gegen den Willen der vor Ort Verantwortlichen, nämlich Bürgermeister, Landräte, Schulen und Eltern, sind mehrere hundert Teilhauptschulen in den letzten drei Jahren geschlossen worden. Zahlreiche Petitionen, die wir in den letzten drei Jahren im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zu bearbeiten hatten, haben dies dokumentiert. Die SPDLandtagsfraktion stand stets aufseiten derjenigen vor Ort, die ihre Schule im Dorf verteidigt haben und die die wohnortnahe Schule nicht aufgeben wollten.
Kolleginnen und Kollegen der CSU, mit dem Prozess des Tods von Teilhauptschulen – es hören zwar wenige zu, aber den Vorwurf müssen wir Ihnen machen – wurden viele Steuergelder verschleudert.
Kurz bevor Schulhäuser geschlossen wurden, wurden sie mit ganz erheblichen fi nanziellen Mitteln der Gemeinden, der Landkreise und letztlich des Bayerischen Landtags saniert. Steuergelder sind aus allen Ebenen zugefl ossen. Das war keine reife Leistung. Etwas mehr Planung hätte dafür gesorgt, dass mit den Geldern besser umgegangen wird.
Zum Zweiten: In dem Gesetzentwurf werden die jahrgangskombinierten Klassen nicht mehr nur als Ausnahme
zugelassen, wie im bisherigen BayEUG vorgeschrieben, sondern sie sind grundsätzlich zulässig.
Kolleginnen und Kollegen der CSU, Kindertagesstätten und Grundschulen sind das Fundament eines erfolgreichen Bildungsprozesses. Diese Ansicht ist inzwischen bildungspolitisches Allgemeingut, und niemand bestreitet dieses. Schon deshalb erfordert unsere verstärkte Aufmerksamkeit, wie wir mit den Grundschulen umgehen. Für individuelle Förderung von Anfang an zu sorgen, ist Pfl icht und Aufgabe aller Bildungspolitiker.
Jahrgangskombinierte Klassen, Kolleginnen und Kollegen, haben seit Langem bereits in Schulen mit reformpädagogischem Ansatz, wie zum Beispiel der MontessoriSchule oder der Jenaplan-Schule, gute Erfolge. Auch das Land Bayern hat diese Art der Pädagogik in einem Modellversuch von 1998 bis 2002 erprobt. Was wäre die Konsequenz aus einem solchen Modellversuch bzw. dem Zusammentragen des Wissens aus dieser Art von Pädagogik? – Aufgabe des Kultusministeriums wäre es gewesen, diesen Modellversuch pädagogisch auszuwerten, sich dann zu überlegen, wo im Land pädagogische Ansätze vorhanden sind und wo es Sinn macht, diese Art in den Grundschulen zu etablieren.
Was haben Sie, Kolleginnen und Kollegen vor der CSU, gemacht? – Sie haben den Rückgang der Schülerzahlen benutzt, um einen reformpädagogischen Ansatz vielfach gegen den Willen der Menschen vor Ort zu etablieren. Ich fi nde es schade, dass mit dieser Art Pädagogik so umgegangen wird; denn die jahrgangskombinierten Klassen haben tatsächlich etwas sehr Wertvolles. Sie haben die schulischen Leistungsergebnisse angehoben. Der NochMinisterpräsident des Landes Bayern hat in seiner gestrigen Regierungserklärung die Leistung ganz oben angeschrieben. Die Leistung der Kinder wird durch das Unterrichten in den jahrgangskombinierten Klassen gehoben, bleibt auf keinen Fall hinter den reinen Jahrgangsklassen zurück.
Und ein besonderes Ergebnis zeichnet diese Art der Pädagogik aus, nämlich dass die Kinder ein besseres Sozialverhalten mitbringen. Kinder lernen voneinander und untereinander. Die Kleineren werden durch die etwas Größeren und damit mit etwas mehr Wissen gefördert. Die etwas Größeren können ihr Wissen bei den Kleineren vertiefen. Das ist eine sehr schöne Form, die einen Grundsatz – daran möchte ich erinnern –, den die CSU in ihrer gesamten Bildungspolitik stets ganz oben anschreibt, infrage stellt. Bisher sagte das CSU-geführte Kultusministerium in Bayern, die beste und begabungsgerechte Förderung erfolge in homogenen Klassen, in denen Kinder mit gleichen Bedingungen und Voraussetzungen vorhanden sind. Heterogene Klassen haben Sie bisher bei allen bildungspolitischen Ansätzen vehement abgelehnt, Sie halten sie sogar für ein Teufelszeug und sehen die Erfolge der bayerischen Bildungspolitik durch mehr Heterogenität als gefährdet an. Deshalb, Kolleginnen und Kollegen, verwundert es schon, dass Sie nun, ohne den Modellversuch unter pädagogischen Ge
sichtspunkten ausgewertet zu haben, das BayEUG dahingehend ändern, dass die Bildung von jahrgangskombinierten Klassen grundsätzlich zulässig ist.
Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, ich habe deutlich gemacht, dass wir nicht grundsätzlich gegen diese Art der Pädagogik sind. Im Gegenteil, wir würden uns ihre Einführung wünschen. Nun folgt jedoch ein ganz dickes Aber: Wir würden uns die Einführung dort wünschen, wo das Lehrerkollegium hinter dieser Form der Pädagogik steht.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt; denn die Lehrerinnen und Lehrer, die diese Art von Pädagogik dann auch praktizieren müssen, sollten selbstverständlich durch Fortbildungen und Diskussionen im Kollegium darauf vorbereitet sein.
Ein zweiter wichtiger Punkt – das fällt immer wieder auf, wenn man die Tageszeitungen und die Petitionen liest, wie wir sie auch gestern in der Sondersitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport behandelt haben – ist die Tatsache, dass die Eltern nicht überzeugt sind. Sie haben noch kein Vertrauen in diese Art der Schulpolitik. Es wäre eine vertrauensbildende Maßnahme, wenn man jahrgangskombinierte Klassen dort einführen würde, wo das Lehrerkollegium dahintersteht und wo das auch ein Elternwunsch ist. Damit würde man am besten gewährleisten, dass diese Form Akzeptanz fi ndet und die Eltern den Schulprozess ihrer Kinder positiv begleiten.
Es sind also zwei wichtige Punkte zu beachten: Erstens. Diese Schulform sollte vor Ort verankert sein, und es sollte nicht nur der Gesichtspunkt zählen, dass es gerade mal nicht genügend Kinder gibt, wenn man eine jahrgangskombinierte Klasse bildet und aus vier Eingangsklassen drei macht. So ist nämlich die Praxis der Staatsregierung. Das ist letztlich nichts anderes als ein Einsparen von Lehrerstunden und keine sinnvolle Anwendung des Modells.
Zweitens. Kolleginnen und Kollegen, Sie waren keineswegs bereit – auch gestern wieder nicht –, die notwendigen Rahmenbedingungen für die jahrgangskombinierten Klassen zu schaffen. Sie waren nicht bereit, die Höchstzahl der Kinder zu begrenzen. Sie waren nicht bereit, zusätzliche Förderstunden als Pfl icht festzuschreiben; es gibt lediglich vage Formulierungen, dass fünf zusätzliche Förderstunden gewährt werden können, aber nur dann, wenn das Schulamt über genügend Lehrerwochenstunden verfügt. Kolleginnen und Kollegen, das kann es nicht sein. Sie wollen jahrgangskombinierte Klassen einfach als Sparmodell einführen. Dazu erhalten Sie unsere Stimme nicht.
Es bleibt festzustellen – und diese Feststellung richtet sich an das Kultusministerium und an die Mehrheitsfrak
tion hier im Hause –, dass dieser Gesetzentwurf nicht dazu beiträgt, das Problem des demografi schen Wandels bzw. des Rückgangs der Kinderzahlen vor allem auf dem Land konzeptionell und planerisch anzugehen. In diesem Punkt bleibt er Flickschusterei.
Es bleibt weiter festzustellen, dass Ihnen die individuelle Förderung gerade in der Grundschule nicht oberstes pädagogisches Prinzip ist; sonst wären Sie anders vorgegangen. Dieser Gesetzentwurf hat viele Lücken, und er ist in einigen Punkten falsch. Unsere Stimmen bekommen Sie dafür nicht.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Stewens, ich will konkret auf den Gesetzentwurf eingehen und sagen, warum wir als SPDLandtagsfraktion klar gegen diesen Gesetzentwurf sind.
Erstens. Nur Bayern – das ist zumindest mein Wissensstand; das kann sich in den letzten zwei, drei Wochen geändert haben – macht von der Länderöffnungsklausel Gebrauch, und nur Bayern hat bei der Suche nach einem Kompromiss in Berlin für diese Länderöffnungsklausel gekämpft.
Frau Stewens, Hintergrund ist, dass man bei der gesamten gesellschaftspolitischen Diskussion über die Zuwanderung, über Menschen, die ihr Heimatland, aus welchen Gründen auch immer, verlassen, um in Deutschland, in Europa Schutz und Hilfe zu suchen, und über das Zuwanderungsgesetz – ich muss das etwas verkürzen, da ich nur wenig Redezeit habe –, gewusst hat, dass man die sogenannten Altfälle, nämlich jene mit den Kettenduldungen, mit dem Zuwanderungsgesetz nicht lösen kann. Man konnte sich nicht auf eine Linie verständigen. Man wusste: Es ist ein Problem, dass man Menschen, die schon fünf oder zehn, zum Teil sogar 15 Jahre in der Bundesrepublik leben und hier – in Anführungszeichen – mehr oder weniger integriert sind, nicht einfach morgen wieder des Landes verweisen kann. Darum geht es.
Frau Stewens, Sie sagen – darauf beziehe ich mich –, dass schätzungsweise circa 2000 Fälle von diesem Gesetz mit der Länderöffnungsklausel betroffen sind. Das ist genau der Personenkreis – ich will ihn skizzieren –, der seit sechs bzw. acht Jahren in Deutschland lebt, im Februar dieses Jahres in Sammelunterkünften untergebracht war und jetzt mit der Bleiberechtsregelung die Möglichkeit bekommt, bis zum Januar 2009 – das ist nämlich auch begrenzt; das gilt nicht dauerhaft – eine Arbeit aufzunehmen, um dann einen anderen Status zu erhalten.
Es ist also ein ganz begrenzter Personenkreis. Ihre erste Erklärung, Frau Ministerin, bzw. die Erklärung von Innenminister Beckstein – das ist das, was uns bei dieser Frage so erzürnt – war, Sie müssten die Sozialversicherungssysteme der Bundesrepublik schützen, indem Sie Angehörige dieses Personenkreises in den Sammelunterkünften belassen. Das war Ihre gesellschaftspolitische Aussage. Ich werfe Ihnen und dem Herrn Innenminister vor, dass Sie solche Worte in den Mund nehmen und damit über eine gesellschaftliche Problematik in einer Art und Weise diskutieren, die eher dazu beiträgt, sozialen Neid und Rechtsradikalismus in Deutschland zu schüren, als die Diskussion auf eine sachliche Grundlage zu stellen.
Ich habe, Frau Ministerin, zwei Anfragen dazu gestellt. Ich wollte wissen: Wissen Sie eigentlich, wie viele Menschen betroffen sind, wissen Sie eigentlich, welche Kosten dadurch in den Sozialversicherungssystemen verursacht werden, und wissen Sie, wie viele Menschen durch die Bleiberechtsregelung in den letzten Jahren in der Folge der Innenministerkonferenz, die in Nürnberg stattgefunden hat, Arbeit aufgenommen haben und dadurch aus den Zuleistungssystemen des Staates herausgefallen sind?
Ich weiß es allein von einer ganzen Gruppe von Äthiopiern.
Ich komme gleich zum Schluss.
Ich weiß von einer ganzen Gruppe von Äthiopiern, die keine Arbeitserlaubnis hatten, aber durch die Bleiberechtsregelung Gott sei Dank eine Arbeitserlaubnis bekommen haben und jetzt – leider zu Mindestlöhnen; aber das ist eine andere Diskussion – bei McDonald’s ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie müssten eine ehrliche Bilanz ziehen. Sie müssen über dieses Thema so diskutieren, dass kein Schaden für die Gesellschaft entsteht, dass wir nicht Rechtsradikalismus vorantreiben, sondern dass wir mit dieser durchaus schwierigen Problematik sachgerecht und menschengerecht umgehen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bei manchen Redebeiträgen wäre eine kürzere Redezeit angebrachter, auch hier in diesem Haus.
Herr Innenminister, Kolleginnen und Kollegen von der CSU!
Ich meine, wir waren in der Diskussion, wie wir mit Menschen umgehen, die nach Deutschland zuwandern und die aus irgendwelchen Gründen aus allen Teilen der Welt zu uns kommen, schon einmal etwas weiter. Wir haben ein gemeinsames Zuwanderungsgesetz beschlossen, das in dieser Republik alle großen Parteien demokratisch verabredet haben. Da waren viele Kompromisse dabei. Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass dieses Zuwanderungsgesetz ein Gesetz war, das die Türe nach Deutschland eher geschlossen als aufgemacht hat. Das war der Grundkonsens. Wir dachten, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dass wir mit so einer Basis auch eine Basis der Diskussion haben, wie wir mit dieser Problematik in unserer Gesellschaft in Deutschland demokratisch verantwortlich umgehen.
Das ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt.
Ich darf vielleicht noch zwei Minuten nachlegen, weil ich möchte, dass Herr Beckstein mir zuhört.
Dabei, wie wir damit umgehen, Herr Minister Beckstein, geht es ganz wesentlich um die Wortwahl, wie wir was und vor welchem Hintergrund in diesem Land diskutieren und welche Kompromisse wir an welcher Stelle suchen. Zur Bleiberechtsregelung, die ja viele Jahre umstritten war – das ist keine Diskussion, die erst in den letzten Wochen und Monaten aufgetaucht wäre –, sagen Sie, Herr Beckstein, als ersten Satz immer wieder und auch heute: Es darf keine weitere Zuwanderung in die Sozialversicherungssysteme geben. Herr Beckstein, da lügen Sie schon.
Genau mit diesem Satz lügen Sie, weil es keine weitere Zuwanderung in die Sozialversicherungssysteme ist.
Diese Menschen – und das ist der Hintergrund dieses Beschlusses – sind bereits seit sechs oder acht Jahren – das ist die Voraussetzung – in Deutschland und nehmen nach der Rechtsprechung und Sozialgesetzge
bung dieses Landes Leistungen in Anspruch, um etwas zu essen und zum Schlafen zu haben. Das ist der erste Punkt, wo Sie einfach mit den Gefühlen der Menschen spielen. Es geht nicht darum, die Türen aufzumachen und neue Menschen nach Deutschland zu locken, sondern es geht darum, eine Situation im Sinne der Sache vernünftig zu lösen, die bereits vorhanden ist.
Deshalb bitte ich Sie noch einmal, Herr Innenminister, in Ihrer Verantwortung als Politiker und gerade als Innenminister sich bewusst zu sein, welche Problematik das mit Rechtstendenzen usw. hervorrufen kann, und sehr sorgfältig auf Ihre Wortwahl zu achten. Das war mein erster Punkt.
Herr König, Sie können sich später melden.
Und jetzt das Zweite. Herr Beckstein, es ist mitnichten so, dass sich die SPD gegen eine Arbeitsaufnahme dieser Menschen bundesweit wehrt. Lassen Sie mich dieses Argument aussprechen. Sofort nach dem Beschluss der Innenministerkonferenz – meines Wissens, vielleicht wissen Sie es ja anders – wurde vom Arbeitsministerium Müntefering die Nachrangigkeit in der Arbeitsvermittlung, was die Agenturen betrifft, gelockert.
Nicht? Dann können Sie es vielleicht später berichtigen. Sollte das nicht der Fall sein, werden wir innerparteilich auch unseren Teil dazu beitragen, dass so etwas diskutiert wird. Es geht natürlich darum, dass diese Menschen in der Lage sind, Arbeit aufzunehmen.
Das ist für die Menschen das Beste und ist natürlich auch für unser System das Beste.
In einem zweiten Punkt, Herr Minister Beckstein, bringen Sie unverhältnismäßig Schärfe in die Diskussion, wenn Sie nämlich von Millionen von Kosten reden. Sie kennen die Kosten nicht, Sie können sie gar nicht kennen. Warten Sie meine Argumente ab. Es ist in der Diskussion um die betroffene Personengruppe einmal von 200 000 die Rede, einmal von 160 000, einmal von 180 000. Ich habe bei meiner Ausländerbehörde nachgefragt. Dort hat man mir gesagt: Frau Weikert, wir können zu diesem Zeitpunkt beim allerbesten Willen keine verlässlichen Zahlen nennen, und zwar aus den unterschiedlichsten Gründen: weil diese Personengruppe nicht so einfach zu erfassen ist, weil man nicht weiß, wer Anträge stellt. Sie wissen auch nicht, Herr Minister Beckstein, wie viele aus der betroffenen Personengruppe bis zum Zeitpunkt Januar Arbeit aufnimmt und dadurch das Sozialsystem gegenüber den jetzigen Leistungen klar entlastet. Fakt ist – ich hatte es am Anfang gesagt –, dass es nicht um eine neue Gruppe geht, sondern es geht um eine vernünftige Lösung für die, die schon da sind.
Ein letztes Argument: Herr Innenminister, Sie enttäuschen mich sehr. Ich bin in der Flüchtlingsarbeit sehr aktiv und habe mich einmal sehr gefreut über Ihre vorläufi ge Auslegung des Beschlusses der Innenministerkonferenz. Sie haben das Motto ausgegeben: der betroffenen Personengruppe eine faire Chance geben. Das erkennen wir an. Es ist übrigens auch das Motto der Bundesbeauftragten für Migrations- und Flüchtlingsfragen, die bekanntlich von der CDU kommt.
Sie sind in Ihren Auslegungsbestimmungen, Herr Dr. Beckstein, gerade bei der Passbeschaffung und in vielen anderen schwierigen Fragen, die damit zusammenhängen – –
Ich komme zum Schluss. Sie sind mit diesen Problemen in einer Art und Weise umgegangen, dass ich gesagt habe: Gut, das Problem ist erkannt, und Sie geben dieser Gruppe wirklich eine faire Chance. Jetzt weichen Sie davon ab, bringen scharfe Töne in die Diskussion, die nicht sachlich sind, …
…. und heizen damit die Stimmung an.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Schneider, ich spreche Sie direkt an. Wir wollen in diesem Plenum im Bayerischen Landtag schon festhalten, dass Sie als verantwortlicher Minister in Bayern zum Thema „Zukunft der Schulen vor Ort im ländlichen Raum“ und zum Thema „Zukunft der Hauptschulen“ keinerlei Beschlüsse des Bayerischen Landtags haben. Es gibt kein Konzept, Herr Minister, das Sie hier im Bayerischen Landtag eingebracht haben – weder im Plenum, noch im Ausschuss –, über das hier verantwortlich von allen Parteien diskutiert wurde und bei dem Sie wirklich konzeptionell Ihre Vorstellungen gebracht hätten. Wir lesen in der Presse von Beschlüssen auf CSU-Parteitagen. Wir lesen in der Presse von Ankündigungen, die Sie irgendwo auf irgendwelchen Tagungen machen. Wir lesen in der Presse von Geheimpapieren aus der CSU. Ich halte aber fest, dass es kein uns bekanntes Konzept gibt, über das der Bayerische Landtag hier diskutiert und beschlossen hätte.
Ich möchte schon einmal sagen, Herr Minister, dass die bayerischen Schülerinnen und Schüler, die Eltern und die Lehrer in diesem Land tatsächlich ein Anrecht darauf haben zu wissen, wohin die Reise geht.
Ich will auch betonen, dass Ihnen in der CSU wohl nicht so bewusst ist, wohin die Reise geht. Sie zitieren ganz gern aus Broschüren. Wir haben heute den „Bayerischen Gemeindetag“ in die Hand bekommen. Daraus zitiere ich aus einer Rede von Ministerpräsident Stoiber, dem Ministerpräsidenten dieses Landes. Ich kürze etwas ab, ich zitiere nicht alles, denn meine Redezeit ist knapp. Er sagt, dass die Schülerzahlen auf dem Land sinken, dass uns dies noch Diskussionen bringen wird. Wir müssen darüber diskutieren, so sagt er, welche Entfernungen zur Grundschule und zur Hauptschule in einem Flächenstaat wie Bayern unter den heutigen Bedingungen der Mobilität und des Buseinsatzes zumutbar sind. Er schließt dieses kurze Kapitel mit dem Satz: „Wie können wir unseren Kindern beste Bildung bieten?“ Da frage ich Sie, wie wir das können. Ich sage Ihnen: Schauen Sie in unserem Konzept nach. Keiner darf verloren gehen.
Sie haben gesagt, die SPD wisse nicht, was sie wolle. Sie wissen ganz genau, was wir wollen. Sie haben es selbst immer wieder kommentiert und zitiert. Sie übernehmen es manchmal nach 20 Jahren Vorlaufzeit, wie zum Beispiel die Diskussion über die Ganztagsschule. Sie übernehmen es in Bayern für ein Promille der Grundschüler, Sie übernehmen das eine oder andere, halten aber ganz sklavisch an Ihren Überzeugungen fest. Sie scheuen, wie die Kollegin Tolle gesagt hat, die Diskussion über eine Schulstruktur und über eine längere gemeinsame Schulzeit, seien es sechs oder neun Jahre oder wie auch immer. Sie weisen jede Diskussion an dieser Stelle zurück.
Dabei will ich jetzt auf einen Punkt kommen, der die Qualität der Schule betrifft. Kollege Waschler sagt, er wolle
die Schule in möglichst guter Qualität vor Ort halten. Kollege Waschler, das meine ich sehr ernsthaft: Wir sollten uns angewöhnen, nicht nur über die Begriffe zu reden und einfach etwas in den Raum zu schmeißen. Wir sollten auch wirklich defi nieren, was Qualität an der Schule heißt. Qualität an der Schule kann nicht nur heißen, wie es von Ihnen immer wieder, auf einen Nenner gebracht, bei mir ankommt, die Besten in Bayern in möglichst kürzester Zeit zu den besten Ergebnissen zu bringen.
Das kann es aber nicht sein. Wer in diesem Land oder in Europa über Bildung diskutiert und über die Qualität von Bildungssystemen redet, meint stets ebenso wie die Bundeskanzlerin – die das inzwischen auch schon weiß –, die Familienministerin oder wer auch immer, keiner darf verloren gehen, wie wir es in unserem Konzept genannt haben. Das ist letztlich die Ausgangsbasis für die Qualität von Schulen. Herr Kultusminister, in Bayern misst sich die Qualität von Schulen daran, wie es in Bayern die 5000 Schulen schaffen, genau die Defi zite in Ihrem bayerischen Bildungsbericht aufzuarbeiten; wie sie es schaffen, mehr Kindern zu einem Abschluss zu verhelfen und Kinder zu integrieren, seien es Migrantenkinder, seien es Kinder, die aus bildungsfernen Schichten stammen, oder Kinder, die mehr individuelle Förderung brauchen. Genau das macht die Qualität der Schule aus. Dazu brauchen die Schulen vor Ort Qualitätsmerkmale, und dazu gehört viel: die Eigenständigkeit von Schulen, etwa eigene Entscheidungen treffen und vor Ort die Verantwortung für die Schüler übernehmen zu können, die ihnen übertragen wurde. Dazu bedarf es in Bayern der richtigen Rahmenbedingungen, mehr Lehrer, kleinere Klassen und mehr Ganztagsschulen. Dann kommen wir voran.
Herr Minister Schneider, die SPD hat Konzepte vorliegen. Es wäre an der Zeit, dass Sie uns klar machen, wohin die Reise geht.
Herr Staatssekretär, wie viele Stellen stehen aufgrund des Schülerrückgangs den Volksschulen im Doppelhaushalt weniger zur Verfügung, und wie viele davon entfallen auf den Hauptschulbereich?
Eine Frage von mir: Sind denn für die besondere Pädagogik und für die Aufwertung des Hauptschulbereichs, von denen seitens des Kultusministeriums jetzt auch in der Presse immer wieder zu lesen ist,
Stellen im Hauptschulbereich vorgesehen, und wenn ja, wie viele?
Herr Staatssekretär, denkt das Ministerium angesichts der zurückgehenden Schülerzahlen vielleicht daran, in den nächsten Jahren auch den Schlüssel für die Zuteilung von Klassenbildungen innerhalb Bayerns gerade im Grundschulbereich zu senken?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Abschließend zu dieser Diskussion möchte ich für die SPD-Fraktion doch noch ein paar für mich entscheidende Punkte festhalten.
Herr Minister Schneider, Sie haben gesagt, es gebe einen Grundunterschied zwischen Ihnen und uns, indem die Frage gestellt wird: Was schreibt man in ein Gesetz hinein und was in eine Verordnung? Dazu möchte ich schon noch einmal festhalten: Wir diskutieren heute über den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes. Es ist die Pfl icht, dass wir in diesem Gesetzentwurf die Strukturen festhalten, wie wir uns zukünftig eine Lehrerausbildung in Bayern vorstellen. Wie das dann im Detail in der Prüfungsordnung umgesetzt wird, das ist eine andere Frage. Aber Sie wissen auch, Kolleginnen und Kollegen, dass das dann nicht mehr der Diskussion und Beschlussfassung des Parlaments unterliegt. Das gilt letztlich nur für dieses Gesetz.
Da verstehe ich auch die Kollegin Tolle nicht. Sie sagt, sie werde unseren Änderungsanträgen nicht zustimmen, weil zu viel drinsteht. Kollege Rabenstein hat es deutlich gesagt: Wir stellen uns eine längst überfällige Reform der Lehrerausbildung in fünf grundsätzlichen Punkten vor, die im Grunde einstimmiger Beschluss dieses Landtags sind, die wir aber nicht in diesem Gesetz vorfi nden: die Verzahnung der Ausbildungsphasen, eine Praxis, die von Anfang an festgeschrieben ist, die Durchlässigkeit der Ausbildung durch ein breit gefächertes Basisstudium – da unterscheiden wir uns inhaltlich –, wir wollen ferner festgeschrieben haben, dass der Stellenwert der Bildungswissenschaften erhöht wird und die Fachdidaktik für alle Lehrämter gestärkt wird, und ein Fünftes, für uns ganz wichtig: Von diesem Gesetzentwurf muss ein gesellschaftspolitisches Signal ausgehen, dass alle Lehrämter gleichwertig sind, wenn auch vielleicht nicht gleichartig.
Wir wissen natürlich alle, dass ein Gymnasiallehrer eine mehr fachbezogene Ausbildung braucht und sein Fachwissen tiefer beherrschen muss als ein Grundschullehrer. Genau diese Punkte müssen im Gesetzentwurf niedergeschrieben sein und nicht in der Prüfungsordnung, Kolleginnen und Kollegen. Da will ich noch einmal die GRÜNEN ansprechen: Auf eine Prüfungsordnung zu verweisen, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Dass – das ist mein letztes Argument zu diesem Punkt – nicht alles ganz im Reinen ist und nicht jeder sich darüber im Klaren ist, wovon wir eigentlich zukünftig ausgehen, wenn wir über eine Reform der Lehrerbildung sprechen, dazu verweise ich nur auf die Aussagen von Staatsminister Thomas Goppel gestern in der Aktuellen Stunde. Es wurde deutlich, dass wir eine andere Lehrerbildung brauchen, dass die Kinder im Mittelpunkt stehen müssen und nicht die Fächer, so in etwa hat es Herr Minister Goppel deutlich gemacht.
Ich zitiere aus dem Plenarprotokoll von gestern:
Wir haben die Hochschulen umgestellt, wir sind bei Bachelor und Master, bei den Lehrern noch nicht ganz. Es wird sich zeigen, wie wir uns zusammenraufen. Diese Rauferei muss sein.
Diese Rauferei wollten wir bei der Diskussion zum Gesetzentwurf, denn das ist die Grundlage, nicht die Prüfungsordnung. Sie ergibt sich aus dem Gesetz, das vom Parlament beschlossen wird. Deswegen halte ich es für wenig hilfreich, darauf zu verweisen.
Ein Allerletztes, Herr Minister Schneider und Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Berufen Sie sich bitte nicht zu viel auf die Lehrerverbände. Wenn Sie es nur sonst immer tun würden! Ich verweise auf die Sondersitzung des Bildungsausschusses von heute Morgen.
Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband hat den einstimmigen Beschluss gefasst, die Hauptschulen auf Ganztagesbetrieb mit 19 zusätzlichen Lehrerwochenstunden auszustatten. Diesen Beschluss des BLLV haben Sie glatt ignoriert und gesagt, Sie wüssten es besser. Das nur als Vorbemerkung. Berufen Sie sich nicht allzu sehr auf die Stellungnahme der Lehrerverbände.
Aber im Übrigen möchte ich Ihnen aus der Stellungnahme des BLLV zitieren, die keineswegs immer nur eine hundertprozentige Zustimmung signalisiert; denn darin steht wörtlich: „Nach Auffassung des BLLV sollte noch stärker als geschehen das gemeinsame Berufsbild aller Lehrämter betont werden.“ Genau das ist unser Ansatz mit einem vierjährigen Basisstudium. Dies ist das eigentliche gesellschaftliche Signal, das von dieser Lehrerbildung ausgehen soll, das die Grundschullehrer aufwertet und damit von Anfang an dem Erziehungsprozess dient, also ein Umkehren von der Wertstellung des Erziehungsprozesses in den späteren Jahren auf die Anfänge. Dies sind unsere Vorstellungen. Da haben wir nicht nur einen Dis
sens in der Prüfungsordnung, sondern generell andere inhaltliche Vorstellungen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der heutigen Diskussion zum Bildungsbericht und der Diskussion, die wir letzte Woche im Bildungsausschuss zu dem Bildungsbericht geführt haben, der uns vorgelegt wurde, habe ich die Sorge, dass die 240 Seiten des Bildungsberichts ziemlich umsonst sind, obwohl so viel Arbeit seitens des Staatsinstituts drinsteckt. Das ist eine berechtigte Sorge von uns.
Die Probleme, die der Bildungsbericht eigentlich anspricht, sind nicht neu, da haben Sie völlig Recht, Kollege Waschler, sondern ziehen sich leider, leider schon über viele Jahre hin. Sie werden von Ihnen nicht ernst genommen. Das ist eines der Hauptprobleme im bayerischen Bildungswesen.
Sie wollen auf der einen Seite die volle Verantwortung für das Bildungswesen übernehmen, wie die Diskussion zur Föderalismusreform zeigt und wie auch Aussagen von Ministerpräsident Stoiber belegen, aber andererseits tun Sie nichts, wenn es wirklich darum geht zu handeln.
Ich will das am Beispiel von Kindern mit Migrationshintergrund aufzeigen. Fast alle meine Vorredner haben es gesagt, und es ist ja auch nicht umstritten, dass Kinder mit Migrationshintergrund die Verlierer unseres Bildungssystems sind. Ich sage jetzt einmal einen kleinen Nebensatz: Ich fi nde es sogar ganz gut in diesem Bericht, dass man nicht nur von „ausländischen Kindern“ redet, sondern von „Kindern mit Migrationshintergrund“. Damit sind auch Aussiedlerkinder gemeint, die vielfach von ihren Abschlüssen her gesehen ein Problem im bayerischen Bildungswesen sind. Die Zahlen sind genannt worden. Dass Kinder mit Migrationshintergrund die Verlierer des bayerischen Bildungswesens sind, ist völlig unumstritten, schon deshalb, weil jedes sechste – Quelle: Bildungsbericht – ausländische Kind die Schule ohne Abschluss verlässt.
Diese Situation hat sich – und das ist das eigentliche Problem, Kollege Waschler – seit 15 Jahren kaum verändert.
Genau hier wird die Bedeutung des familiären Hintergrunds deutlich. Kollege Waschler, Sie haben es gesagt: Bildungsferne Schichten haben weniger Anteil an einem Bildungsprozess, der zu höheren Abschlüssen führt. Da sind wir uns ja einig. Ausländische Kinder gehören dann wieder zu den Verlierern, wenn sie Eltern werden. Auch ihre Kinder werden wieder zu den Verlierern gehören.
Wenn Sie die Situation wirklich ernst nehmen würden, würden Sie zumindest so argumentieren wie der bayerischen Innenminister Dr. Günther Beckstein: Er hat in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ das Problem der Integration – dieses hat wohl sehr viel mit Bildung zu tun – als eines der größten gesellschaftspolitischen Probleme defi niert, vor denen wir derzeit stehen. Neben der Steuerreform und der Weiterentwicklung der Sozialversicherungssysteme ist das Thema Integration ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen müssen.
Wenn man fragt, wie Sie das Sprachdefi zit ändern wollen, nennen Sie, Kollege Waschler, als klare Anforderung Deutschkurse und letztlich den Erwerb der deutschen Sprache. Dazu will ich ganz deutlich sagen: Die SPD ist hier völlig mit Ihnen einig. Auf dem Integrationsgipfel, der letzte Woche in Berlin stattfand, hat die SPD Leitlinien zur Integration vorgelegt. Einer der wesentlichen Punkte dabei ist der Spracherwerb als Eintrittskarte zu Deutschland. Sie machen zwar dafür Vorkurse, Deutschunterricht, Förderunterricht. Sie diskutieren das Thema aber nicht
aus. Das Kultusministerium legt in einem formalen Erlass fest, dass jedes Kind, das nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt, einen Vorkurs besuchen muss. Ministerpräsident Stoiber bringt es auf den Punkt: Wenn das Kind diesen Vorkurs nicht schafft, hat es keinen Zugang zum normalen Bildungswesen Bayerns.
In der Diskussion darüber, wie es tatsächlich gelingen kann, die Probleme, die der Bildungsbericht deutlich macht, zu lösen und den Bildungserfolg von Migrantenkindern in Deutschland zu erhöhen, leisten Sie keinerlei fachlichen Beitrag.
Sie überlegen nicht, wie die Nahtstelle zwischen Kindergarten und Grundschule im ganzen Land so zu gestalten ist, dass die Vorkurse Erfolg haben. Auf diese Weise werden neue Ungerechtigkeiten geschaffen. Richtig wäre es, wenn sich vor Ort die Kindergartenleiterin mit der Grundschulrektorin – Herr Freller, Sie werden mir in diesem Punkt sicher Recht geben – an einen Tisch setzen würden, sich beide über die einzelnen Kinder unterhalten und den Förderbedarf feststellen würden. Nichts davon ist in Sicht. Es handelt sich um einen formalen Erlass. Die Erfordernisse sind nach Ihrem Erlass mit 80 Stunden erfüllt. Dabei wird von Ihnen nicht geprüft, ob die Maßnahmen ausreichend sind.
Ich weiß, meine Redezeit geht zu Ende. Danke für den Hinweis.
Ich komme zum Schluss: Eine gute Diskussion über diese Defi zite würde mehr als nur eine Rechtfertigung nach dem Motto bedeuten: Wir sind das beste Land auf der Welt. Eine erfolgreiche Lösung würde eine fachliche Diskussion voraussetzen, die wir dringend einfordern und die wir von Ihnen erwarten, sonst stehen wir vor einem großen Problem, das wir nicht bewältigen werden.
Kolleginnen und Kollegen! Das waren viele Zahlen sehr schnell nacheinander. Versuchen wir, das Ganze systematisch anzugehen: Fakt ist, dass nach den neusten Berichten der Agentur für Arbeit zurzeit mit Stand Juni 2006 auf 100 Bewerber auf dem Ausbildungsmarkt 70 offene Stellen kommen. Es gibt große regionale Unter
schiede; das ist allen bekannt. Laut diesen Zahlen werden circa 30 % der Schulabgänger in diesem Jahr keine Lehrstelle erhalten.
Danke für den Hinweis, Kollege Wahnschaffe. Diese Relation steigert sich enorm und hat sich in den letzten Jahren immer weiter aufgebaut. Diese Entwicklung hält seit vielen Jahren an.
Jetzt komme ich zum Antrag der CSU, Kolleginnen und Kollegen, von dem die Kollegin Stierstorfer sagt, mit ihm werde die große Bedeutung des Themas unterstrichen. Dass die große Bedeutung des Themas von der CSU unterstrichen werden muss, ist klar. Denn inzwischen schreien alle Sozialverbände, die Caritas, die Katholiken usw. im ganzen Land Bayern auf und sagen: Hier muss dringend etwas getan werden.
Ich will hierzu eine kurze Episode bringen. Vor zwei Wochen war ein großer Kongress in Nürnberg, an dem auch ihr Kollege Imhof teilgenommen hat; leider ist er jetzt nicht mehr da. Am Rande dieses Kongresses hat er gegenüber der Presse erklärt, jetzt sei ihm klar geworden, dass der Freistaat Bayern in Sachen Ausbildung etwas tun muss.
Das habe ich mit Interesse gelesen und habe mir gedacht: Jetzt bin ich mal gespannt, ob die CSU wirklich etwas dazugelernt hat. – Ich muss schon sagen: Ihr Antrag, der heute vorliegt, und von dem Kollege Hallitzky gesagt hat, er sein sinnlos und leer, ist eine Frechheit.
Denn Sie sprechen in diesem Antrag von der Sorge, die Sie um die Jugendlichen in diesem Land haben. Sie bringen darin die Hoffnung zum Ausdruck – wohlgemerkt: die Hoffnung –, dass sich etwas ändert. Sie schreiben hier wörtlich:
… hofft der Landtag, dass es … auch in diesem Jahr gelingen wird, jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen in Bayern einen Ausbildungsplatz oder eine Weiterqualifi zierung anzubieten.
Sie hoffen das. „Auch“ bedeutet nach den Regeln der deutschen Sprache: Im letzten Jahr ist das schon einmal passiert. – Da, Kolleginnen und Kollegen, stockt mir wirklich der Atem angesichts eines Schreibens des Sozialministeriums, das mir vorliegt und das vom Juni datiert. Aus diesem Schreiben geht deutlich hervor, dass es an den
bayerischen Berufsschulen – es ist übrigens heute noch einmal in der Antwort auf eine Mündliche Anfrage des Kollegen Hallitzky bestätigt worden – über 19 000 Jugendliche gibt, also fast 20 000, die in den sogenannten Jungarbeiterklassen ohne jegliche Perspektive, ohne jegliche sinnvolle Weiterqualifi zierung nicht „geparkt“, sondern in eine Schublade geschoben werden. Mit ihnen passieren keinerlei Maßnahmen.
Kolleginnen und Kollegen, es ist schon wirklich dreist, dann zu behaupten, der Landtag hoffe „auch“. Ich beziehe mich jetzt auf das Wörtchen „auch“ in Ihrem Antrag.
Frau Kollegin Stierstorfer, ich habe eigentlich gedacht, Sie sind eine ehrliche Politikerin.
Sie sagen, es sei 2004 gelungen, alle Jugendlichen in Bayern zu versorgen. Mit dieser Aussage würde ich gerne mal in die Hauptschulklassen gehen und den Jugendlichen, die 30, 40 Bewerbungen geschrieben haben, dieses Zitat vorhalten. Ich würde gerne diejenigen in den Jungarbeiterklassen einsammeln, die man da überhaupt noch fi ndet. Sie wissen ganz genau, dass diese Maßnahme pädagogisch so „daneben“ ist, dass man es gar nicht beschreiben kann; diese Jugendlichen trifft man in den Schulen zum Teil wirklich nicht mehr an, weil sie längst jede Motivation und jegliches Vertrauen in aktive Politik verloren haben. Und Sie schreiben in Ihrem Antrag „auch in diesem Jahr“.
Ich komme zu dem Programm „Fit for work“, das Sie auch schon genannt haben. Okay, alles klar. Ich muss Ihnen aber schon sagen, und Sie wissen es natürlich auch, dass Sie mit diesem Programm „Fit for work“ Gelder aus dem europäischen Sozialfonds umleiten. Sie sind Meister, Kolleginnen und Kollegen von der CSU im Verkünden wohlklingender und schöner Dinge in diesem Land. Die Gelder werden dem Freistaat Bayern vom Europäischen Sozialfonds zielgerichtet für strukturelle Maßnahmen, insbesondere für Ausbildung, zur Verfügung gestellt. Sie sagen dann noch, das hätten Sie getan. Es ist schließlich Ihre Verpfl ichtung, Kolleginnen und Kollegen. Die 19 Millionen, die Sie bekommen, dürfen Sie nicht etwa zum Ausbau der Staatskanzlei ausgeben oder für andere Zwecke; Sie müssen sie in die Weiterentwicklung des Arbeitsmarktes stecken.
Das Programm „Fit for work“ ist ja okay, es schafft Ausbildungsplätze. Wir sind voll dabei. Ich gehe weiter und komme zur Analyse des Programms „Fit for work“ im Jahr 2005. Dazu liegt ein Bericht aus dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vor. Sie können ihn nachlesen. Darin steht: Die Förderung der Verbundausbildung war schon im Jahr 2004 wenig erfolgreich. – Mich würde mal interessieren, warum das so ist. Warum? – Ich weiß aus vielen Kommunen, dass
die Verbundausbildung, auch die Ausbildung über örtliche Beschäftigungs-GmbHs – ich weiß es in Nürnberg konkret von der Noris-Arbeit – ein durchaus erfolgreiches Modell ist, wenn man es nur konkret angeht und vielleicht dafür wirbt. Dass die Verbundausbildung von Ihnen als wenig erfolgreich bezeichnet wird, zeigt, dass Sie die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft haben.
Der dritte Teil des Programms „Fit for work“ sind die Mobilitätshilfen. Auch hier wird ein Fehlschlag verzeichnet, weil es letztlich nach diesem Programm im Land Bayern keine Nachfrage gab. Es hat auch viel weniger Anträge auf Mobilitätshilfe gegeben, als Sie sich vorgestellt haben. Sie fragen nicht etwa, was an dem Modell Verbundausbildung nicht stimmt, und schichten diese Gelder um und legen ein anderes Programm auf. Sie sagen lediglich, die Programme würden auf andere Agenturbezirke ausgeweitet. Das ist die einzige Konsequenz die Sie ziehen. Ansonsten lassen Sie das Programm so stehen. Im zweiten Spiegelstrich Ihres Antrags heißt es dann: „Besonders unterstützt werden neben den bewährten Instrumenten aus den Vorjahren die erstmalige Fördermöglichkeit von Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten im Grenzland…“ Okay, das fi nden wir in Ordnung, das ist gut.
Dann kommen wir zu dem Punkt ihrer eigenen Verantwortung. Kollege Hallitzky hat schon darauf hingewiesen. Sie feiern hundert zusätzliche Ausbildungsplätze. Das ist wirklich der Witz der Woche.
Kollege Hallitzky hat es erwähnt, und ich will es noch einmal deutlich machen. Sie haben den Ausbildungsbereich innerhalb des Freistaats Bayern im mittleren und gehobenen Dienst in den Jahren 2003 und 2004 auf ein Drittel reduziert. Jetzt sagen Sie: Wir haben 100 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen. Hundert hatten Sie früher; jetzt haben Sie noch dreißig. Wenn Sie hundert dazu nehmen, haben Sie den Anteil vielleicht auf 35 % gesteigert. Sie haben in den letzten drei Jahren also etwas mehr als 60 % ihrer Ausbildungsplätze im Freistaat Bayern abgebaut. Und dann sagen Sie hier, Frau Kollegin Stierstorfer, das sei ein Erfolg. Ich will noch einmal dran erinnern: Sie sprechen von der Hoffnung, dass jeder ausbildungswillige und ausbildungsfähige Jugendliche einen entsprechenden Abschluss bekommt. Für 20 000 gilt das nicht.
Ich komme zu unserem Antrag. Es liegt in der Verantwortung des Freistaates Bayern, dafür zu sorgen, dass Jugendliche nach dem Schulabschluss – ob das Hauptschule ist, ob das die Realschule oder auch das Gymnasium ist – nicht stehen bleiben. Zum Prozess der Bildung der Jugendlichen in unserem Land gehört entweder nach dem Hauptschulabschluss eine duale Ausbildung. Das ist der Regelfall; das sollte auch so sein. Hier gibt es eine Verantwortung der Wirtschaft. Das unterstreicht die SPD dreimal.
Oder es gibt im Anschluss an den Schulabschluss ein Studium oder ein soziales freiwilliges Jahr oder was auch immer. Jedenfalls sind Jugendliche in unserem Land mit dem Abschluss ihrer Schule nicht fähig und in der Lage, durch Arbeit ihr Geld eigenständig zu verdienen.
Ich verweise auf die vielen sehr prägnanten Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg. Jutta Allmendinger, eine wirklich hervorragende Analytikerin in diesem Bereich, sagt: Jugendliche ohne Ausbildung haben keine Chance in unserem Land. Es liegt also in der Verantwortung des Freistaates Bayern, hier entsprechend zu handeln.
In unserem Dringlichkeitsantrag zeigen wir Maßnahmen auf, mit denen genau dieses Handeln möglich ist.
Sie setzen mit Ihrem Antrag dagegen nur auf das Prinzip Hoffnung. Man muss sich genau überlegen, was man sagt, weil es angesichts der betroffenen Jugendlichen – ich hatte es am Anfang schon gesagt – für mich nur als Frechheit zu bezeichnen ist, zu dieser Zeit einen solchen Antrag zu stellen. Sie sind nicht bereit, der Verantwortung, die der Freistaat Bayern hat, mit einem eigenen Programm nachzukommen. Letztlich tun Sie genau das, was heute Morgen zu früher Stunde der Herr Ministerpräsident an dieser Stelle bezüglich der Föderalismusreform verkündet hat, wonach es in Bayern noch besser ist, obwohl es in Bayern schon immer gut war, weil die Verantwortung für Bildung und Ausbildung bei den Ländern liegt. Was folgt daraus: Es folgt daraus, die Verantwortung wahrzunehmen. Die Verantwortung wahrzunehmen heißt, sich genau dieser 20 000 Jugendlichen anzunehmen und endlich ein Programm aufzulegen, welches im Übrigen von dem Herrn Kultusminister – der Herr Staatssekretär ist noch anwesend - im Mai dieses Jahres in einem Zwischenbericht für den Sozialausschuss angekündigt wurde, wobei genau auf diese Problematik der 19 000 Jugendlichen, die sich in den Jungarbeiterklassen in Bayern befi nden, hingewiesen und gesagt wird, man müsste ein Programm aufl egen, das dieses sozialpolitische Problem effi zient und ernsthaft angeht.
Ich will Sie zum Schluss noch mit zwei Zahlen konfrontieren: Sie geben für die Unterbringung von Jungarbeitern in Berufsschulen 14,8 Millionen pro Jahr aus; 14,8 Millionen Steuergelder in Bayern. Sie müssen den Mitteleinsatz von 14,8 Millionen mit der Effi zienz vergleichen, das heißt mit dem Ergebnis, das Sie mit diesen Jungarbeiterklassen erreichen. Die Effi zienz ist vom pädagogischen Aspekt und der Zukunftsperspektive der Jugendlichen aus betrachtet erschreckend niedrig; die Wirkung geht fast gegen Null. Ich erinnere an die Berichte des Bundesrechnungshofs, die letztlich zu einem eindeutigen Ergebnis kommen. Sie stellen auf der anderen Seite 4,5 Millionen für eine auf die Arbeitswelt bezogene Jugendsozialarbeit zur Verfügung - ein guter Titel, gute Maßnahmen. Ich hatte am Montag die Gelegenheit, mir in Küps eine Jugendwerkstatt anzuschauen. Frau Stierstorfer, ich empfehle Ihnen, das ebenso zu tun, denn das was Sie vorhin gesagt haben, wonach solche Jugendwerkstätten nur Zwischenlösungen im Vergleich zu ihren Jungarbeiterklassen sind, disqualifi ziert Sie und die CSU.
Man muss von Anfang an beginnen und in diesem Zusammenhang empfehle ich Ihnen solche Besuche.
Ich hatte einen hervorragenden Eindruck. Es handelt sich um eine Werkstatt, die mit bayerischer Hilfe fi nanziert wird; das erkenne ich durchaus an. Ich fordere Sie auf, auf diesem Feld mehr in diesem Land zu tun, die Gelder aufzustocken und das Werkstattjahr in Bayern einzuführen. Die katholische Jugend fordert es, die beiden großen Kirchen fordern es und die großen Sozialverbände fordern es. Es ist sinnvoll und wirkungsvoll. Was die Ausgestaltung betrifft, gibt es viele Details, über die man reden kann. Man muss diese Dinge so anpacken, dass Jugendliche nach dem relativ erfolglosen Besuch der Schulen in Bayern, was auch in der Verantwortung des Freistaats ist – ich erwähne nur die Föderalismusreform, wonach die Verantwortung für Bildung und Ausbildung allein beim Freistaat Bayern liegt, 10 % der Jugendlichen verlassen die Schulen ohne Abschluss –, eine Perspektive haben. Man muss versuchen, der Verantwortung mit entsprechenden Maßnahmen gerecht zu werden, die diskutiert sind und die mit den Verbänden, den Berufsschulen und den Trägern in Bayern abgestimmt sind. Das wäre Ihre Aufgabe und dem werden Sie mit diesem Dringlichkeitsantrag nicht gerecht. Wir werden ihm trotzdem zustimmen, aber unser Antrag zeigt den richtigen Weg. Wir würden uns wünschen, dass der in Aussicht gestellte Bericht vonseiten des Kultusministeriums endlich vorgelegt wird und in Bayern tatsächlich etwas passiert.
Herr Staatsminister, diese Anfrage bezieht sich auf eine Pressemitteilung des Kultusministeriums vom 16. Mai 2006, in der behauptet wird, dass rund 800 Lehrerstellen allein zur Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund eingesetzt werden. Herr Minister, ich frage Sie, wie sich diese Zahl für das kommende Schuljahr, aufgeschlüsselt nach Schularten, zusammensetzt und welche fachlichen Qualifi kationen die Lehrer und Lehrerinnen haben.
In dieser Frage haben wir konkret nach den Schularten gefragt. Herr Staatsminister, habe ich Sie richtig verstanden, dass diese 800 Förderlehrer, von denen Sie im Zusammenhang mit dem letzen Schuljahr gesprochen haben, in der Grund- und Hauptschule eingesetzt sind?
Herr Minister, ich hätte die Bitte, dass wir diese Zahlen auch regional aufgeschlüsselt bekommen. Wir wollen wissen, wie viele Lehrkräfte in den einzelnen Regionen eingesetzt werden.
Herr Staatsminister, wo wird die Beschulung für die neuen Ausbildungsberufe „Servicekraft für Dialogmarketing“ und „Kauffrau/-mann für Dialogmarketing“ im Rahmen des dualen Ausbildungssystems durchgeführt werden, also, an welchen Berufsschulen, an welchen Standorten in Bayern?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Den Antrag, den wir heute noch einmal im Plenum vorstellen, haben wir schon im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport diskutiert. Bei diesem Antrag gab es zwar neun ablehnende Stimmen der CSU, aber es gab auch eine Enthaltung. Insofern dürfen wir vielleicht ein bisschen hoffen, dass wir mit unserem Anliegen bei Ihnen in der CSU doch noch ein offenes Ohr fi nden.
Es geht um die Ganztagsschule. Die Ganztagsschule bietet mehr Zeit zum Lernen und Üben. Sie ist die Schulform, die eine andere Pädagogik ermöglicht: weg von der starren Unterrichtseinheit hin zu einem methodisch anders ausgefüllten, ganzheitlichen Lernen nach völlig anderen Methoden. Die Ganztagsschule – das ist uns Sozialdemokraten ganz wichtig – ist die Chance, vielleicht die einzige Chance, Chancengerechtigkeit in der Bildung herzustellen und an den Kennziffern, die unser Bildungssystem leider immer noch kennzeichnen, ein Stück zu arbeiten und Kindern und Jugendlichen zu einem besseren Bildungserfolg zu verhelfen.
Die Ganztagsschule ist die Schulform, die der von Ihnen, Kolleginnen und Kollegen, häufi g beklagten Verwahrlosung von Kindern mit den negativen gesellschaftspolitischen Auswirkungen entgegenwirkt. Die Ganztagsschule kann auch den Auftrag zu Bildung und Erziehung in angemessener Form erfüllen. Sie ist die erfolgreiche Schulform. Sie ist erfolgreicher als die anderen Schulformen. Kinder und Jugendliche, die eine Ganztagsschule besuchen, haben die besseren Bildungsergebnisse.
Nicht ohne guten Grund bietet der vbw, der Verband der Bayerischen Wirtschaft, seine Kooperation beim Thema Ganztagsschule an und hat, noch bevor das Kultusministerium dieses Thema für sich entdeckt hat, das Thema gesellschaftspolitisch sehr breit diskutiert und diese Schulform mit Geldern unterstützt. Damit hat der Verband dazu beigetragen, dass sich in Bayern hierzu überhaupt etwas bewegt.
Nicht zuletzt ist die Ganztagsschule die Form, die es ermöglicht, Familie und Beruf am besten miteinander zu verbinden.
Die SPD-Fraktion fordert bereits seit langem den Ausbau der Ganztagsschule in Bayern. Die Ganztagsschule muss in allen Schularten in ganz Bayern als Angebotsschule vorhanden sein. Zu dem zurückliegenden Nachtragshaushalt hat die SPD-Fraktion entsprechende Anträge gestellt und ein konkretes Ausbauprogramm, geplant und gezielt für Bayern, vorgestellt. An diesem Thema wird die SPD dranbleiben. Wir werden Sie immer wieder damit konfrontieren. Bei diesem Thema wissen wir ganz viele Mitstreiter auf unserer Seite; denn die Ganztagsschule ist einfach überzeugend. In der Pädagogik ist die Ganztagsschule nicht mehr umstritten. Es gibt praktisch keine Gegner. Es wird immer wieder betont, dass die Ganztagsschule die Antwort auf die derzeitigen bildungspolitischen Herausforderungen ist.
Zwischenzeitlich hat dies auch das Kultusministerium erkannt. Es kann sich der gesellschaftspolitischen Her
ausforderung, mehr Ganztagsschulen einzurichten, nicht mehr entziehen. Deshalb gab es vor zwei oder zweieinhalb Jahren ein groß angekündigtes Programm, die Ganztagsschule in Bayern auszubauen. Damals hat mich besonders geärgert – ich muss das an jeder Stelle immer wieder sagen –, dass das Kultusministerium in einer groß angelegten Pressekampagne gesagt hat: Wir bauen Ganztagsschulen in Bayern aus. Es waren aber immer nur Klassen. Klassen sind noch lange keine Schulen. Bis aus dem Ausbauprogramm für Klassen eine ganze Schule in Bayern zur Ganztagsschule geworden ist, vergehen bei dem Tempo, in dem das Kultusministerium hier voranschreitet, unter Umständen Jahrzehnte. Es gibt viel zu wenige Kinder und Jugendliche, die in den Genuss dieser Schulform kommen und unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit in der Bildung ernst genommen werden.
Der Ausbau wurde also für Schulen angekündigt. Aber letztlich waren es nur Klassen. Jetzt gibt es vonseiten des Kultusministeriums – wir fi nden das sehr gut – die Einsicht, dass die Ganztagsschule schon in der Grundschule anfangen sollte. Nun wird ein Modellversuch angekündigt, wonach an zehn Grundschulen in Bayern entsprechende Klassen eingerichtet werden sollen. Jetzt könnte man darüber streiten, ob man das Modell noch braucht; denn die Schulform Ganztagsschule muss, wie ich bereits ausgeführt habe, nicht mehr erprobt werden. Man könnte im Grunde genommen sofort loslegen.
Das Kultusministerium hätte eine gute Chance gehabt, IZBB-Mittel zu bekommen. Alle Bundesländer außer Bayern haben Agenturen für Ganztagsschulen eingerichtet. Dazu ist nur eine kleine Kofi nanzierung notwendig. Aus dem IZBB-Programm hätten vonseiten der Bundesregierung Mittel nach Bayern fl ießen können. Diese Chance haben Sie nicht ergriffen. Im Wege einer Agentur für Ganztagsschulen hätte in Bayern ein Austausch organisiert werden können. Natürlich könnte man dadurch auch Lehrerinnen und Lehrer motivieren, pädagogisch weiterbilden und so weiter. Diese Chance haben Sie leider nicht ergriffen.
Genauso wenig haben Sie Investitionsmittel aus dem IZBB-Programm für ein Programm zum Ausbau der Ganztagsschule in Bayern genutzt. Vielmehr haben Sie die Mittel, wie wir es Ihnen schon oft vorgeworfen haben, im Wesentlichen in den Ausbau des G 8 gesteckt. Sie haben dafür auch keine bayerischen Mittel aufgewendet, sondern Gelder nur umgeleitet.
Jetzt machen Sie also einen Modellversuch, die Ganztagsschule an der Grundschule zu verwirklichen. Gleichzeitig haben Sie Finanzierungsprobleme, weil Sie für das Programm Ganztagsschule nie einen einzigen Euro im Bildungsetat vorgesehen haben. Stattdessen haben Sie für zusätzliche Dinge, an denen Sie nicht mehr vorbeikamen – das beobachten wir seit Jahren –, Finanzierungsanteile aus dem gesamten Bildungsetat herausgequetscht und in die neuen Modelle gesteckt. Die Finanzierungsprobleme haben Sie jetzt, weil Sie einen neuen Schritt machen. Nun kürzen Sie bei der Ausstattung der bisherigen Ganztagsklassen an Hauptschulen. Diese Form war bisher mit zusätzlich 19 Lehrerwochenstunden ausgestattet. Der neue Modellversuch bezieht sich auf die
Grundschule. Da haben Sie Finanzierungsprobleme. Deshalb kürzen Sie bei der Hauptschule.
Die Diskussion im Bildungsausschuss hat deutlich gezeigt – das fi nde ich besonders interessant –, dass die 19 Lehrerwochenstunden nicht von der SPD-Fraktion und auch nicht von der CSU-Fraktion erfunden worden sind, sondern aus einer Analyse entstanden sind, die vonseiten des Kultusministeriums durchgeführt worden ist. Dort hat man sich den Schulalltag angeschaut. Der veränderte Stundenplan bedingte eine höhere Anwesenheit von Lehrpersonal. Das hängt mit der längeren Zeit zum Lernen und Üben zusammen.
Dann wurde festgestellt, dass man diese 19 Stunden braucht. Jetzt sagt aber das Kultusministerium, dass es auch mit 12 Stunden geht, ohne dass eine Diskussion darüber geführt wird, wie eine Ganztagsschule jenseits aller Forderungen und Wünsche, die wir haben, angemessen auszustatten ist. Wir sehen auch Grenzen und Möglichkeiten der Finanzierung. Darüber führen Sie aber gar keine Diskussion. Sie reduzieren diese 19 Stunden einfach auf 12, weil Sie den dadurch entstehenden fi nanziellen Freiraum für den Modellversuch an der Grundschule brauchen.
Ich frage mich, wo hier ein Konzept vorhanden ist, wo hier der ernsthafte Wille gegeben ist, das Angebot von Ganztagsschulen in Bayern tatsächlich zu verbreitern, diese bildungspolitische Herausforderung anzunehmen und an den Bildungsdefi ziten, die es im Freistaat Bayern gibt, ernsthaft zu arbeiten. Das müssen Sie uns in der nachfolgenden Diskussion schon noch beantworten. Die SPDFraktion wird sich jedenfalls für einen Ausbau von Ganztagsschulen an allen Schularten und fl ächendeckend in ganz Bayern als Angebotsform einsetzen. Wir verfolgen das Ziel, dass in fünf Jahren 30 % aller Kinder und Jugendlichen in Ganztagsschulen beschult werden. Wir sind davon überzeugt, dass das eine gute Investition in die Zukunft ist. Die Ganztagsschule ist zwar nicht die Lösung für alle Probleme im Bildungswesen, sie ist aber eine anerkannte Form, mit der viele Probleme in diesem System sehr wirkungsvoll gelöst werden können. Wenn Sie die Ganztagsschule wirklich wollen, werden es die Ergebnisse auch zeigen. Sie können sich dessen sicher sein, dass die SPD in den nächsten Wochen und Monaten diesen Weg deutlich machen wird. Wir werden Sie immer wieder mit diesem Thema konfrontieren.
Herr Staatssekretär, ich beziehe mich mit meiner heutigen Frage auf eine Antwort Ihrerseits, die mir im November gegeben wurde. Es geht um die „kooperative Berufsausbildung in Nürnberg“. Da steht noch eine Verordnung aus.
Sie hatten uns eine positive Lösung in Aussicht gestellt, und ich frage Sie jetzt nach dem Stand der Dinge.
Herr Staatssekretär, mir ist bekannt, dass die Ausbildungssituation eher schlechter
wird, zumindest auf den mittelfristigen Zeitraum gesehen, nicht auf ewig. Ist es da nicht wirklich nötig – das ist meine dringende Bitte gewesen –, solche Verordnungen zu erlassen, damit die mangelnde Ausbildungssituation in der dualen Wirtschaft schulisch nachgeholt werden kann? Wo liegen die Widerstände dagegen, und kann man etwas tun, um diesen Widerständen zu begegnen?
Halten Sie die Verhandlungen jetzt für abgeschlossen oder bleiben Sie weiter dran?
Gut, das habe ich verstanden. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meinen Beitrag zum internationalen Frauentag heute an dem Thema „Niedriglohn“ aufhängen. Ich greife auch einen Satz aus Ihrer Rede heraus, Frau Dodell, dass nämlich Frauen heute alle Chancen der Welt haben, dass es aber auch noch viel zu tun gibt. Ich möchte Sie weiterhin um Aufmerksamkeit für einen Bereich bitten, in dem wir beide, CSU und SPD, zum Wohle der Frauen in unserem Land einen kleinen Beitrag leisten können.
Wie gesagt, geht es mir um den Niedriglohnsektor in Deutschland. In Deutschland ist er leider besonders stark ausgeprägt. Nach neuesten Untersuchungen vom Dezember 2005 hat sich der Anteil derjenigen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, in den letzten Jahren sehr stark ausgebreitet und leider auch sehr stark verfestigt. 22,1 % – ich bitte Sie, diese Zahl mit mir nachzuvollziehen – aller Erwerbstätigen in Deutschland arbeiteten 2004 im Niedriglohnsektor.
Niedriglohn wird nach internationalen Maßstäben so defi niert, dass er dann vorliegt, wenn jemand zwei Drittel des mittleren Einkommens eines Landes für seine Arbeitsleistung bekommt. Ich sage in dem Fall nicht „verdient“; denn von „verdienen“ kann man bei diesem Entgelt, das man bekommt, wahrlich nicht reden.
Das ist die offi zielle Defi nition des Begriffs „Niedriglohn“. Das heißt aber nicht, dass diejenigen, die 22,1 % der Erwerbstätigen ausmachen – ich erinnere an diese Zahl – , tatsächlich nur zwei Drittel des mittleren Einkommens erhalten. Vielmehr ist die Schere nach unten leider total offen.
Es sind schon einige Zahlen genannt worden. Ein paar weitere Zahlen kann ich Ihnen nicht ersparen. 2003 lag der niedrigste tarifl iche Stundenlohn im Osten bei 2,74 Euro. Im Westen lag er immer noch unter 6 Euro. Tarifl ich heißt nicht, dass das schon das Ende der Fahnenstange wäre, sondern tarifl ich heißt, dass es sich um eine Grenze handelt. Diese wird aber leider immer noch unterboten.
Frauen sind in diesem Sektor der 22,1 % Erwerbstätigen überproportional vertreten. Ihr Anteil daran beträgt nämlich 67 %. Die Zahlen stammen vom Dezember 2005.
Diese Verhältnisse ergeben sich schon daraus, dass in 14 Wirtschaftszweigen, die ich gleich aufzählen werde, der Niedriglohnanteil überdurchschnittlich hoch ist. Es handelt sich genau um die Wirtschaftszweige, in denen Frauen überproportional beschäftigt sind. Diese Wirtschaftszweige sind – das erstaunt uns nicht – der Dienstleistungsbereich, Hotel und Gaststätten, Einzelhandel, Gesundheit und Soziales, Landwirtschaft, Nahrungsmittelproduktion, Tabakverarbeitung. Es sind also Branchen, in denen der Frauenanteil besonders hoch ist, wo eben
falls der Teilzeitanteil und der Anteil geringfügig Beschäftigter besonders hoch sind. Der Niedriglohnanteil in den Bereichen, in denen überwiegend Männer beschäftigt sind, beträgt übrigens nur 1 %, gemessen an dem gesamten Anteil. Ich nenne hier den Kfz-Bau. Da hat der Niedriglohnsektor einen Anteil von nur 1,1 %.
In unseren europäischen Nachbarländern gibt es bereits seit einiger Zeit den Mindestlohn. Die Bundesrepublik Deutschland ist eines der wenigen EU-Länder, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht haben. Neun von zehn der neuen EU-Mitgliedstaaten haben den gesetzlichen Mindestlohn. Zehn der alten europäischen Länder haben diesen festgeschrieben.
Schauen wir uns die Erfahrungen mit der Einführung des Mindestlohns an. Da liegt eine Untersuchung aus Großbritannien vor. Die Erfahrungen zeigen uns, dass durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns die Beschäftigung keineswegs zurückgegangen ist. Der gesetzliche Mindestlohn hat vielmehr dazu beigetragen, die Lohnschraube ein Stück nach oben zu drehen und den Standard besonders für Frauen etwas anzuheben. Er hat nicht dazu beigetragen, dass die Beschäftigung eine rückläufi ge Entwicklung genommen hätte.
Arbeitsminister Müntefering hat für den Herbst dieses Jahres – da bitte ich Sie um Unterstützung – ein Konzept angekündigt, um den Bereich des Niedriglohnsektors, wo es in unserem Land tatsächlich ein Missverhältnis gibt, anzugehen. Ich bitte Sie, Kolleginnen der CSU, in dieser Hinsicht meine Partei, die SPD, zu unterstützen.
Denken Sie darüber nach – das ist mein letzter Gedanke – , ob die Vorstellungen, die Sie von einem gesetzlichen Mindestlohn haben, der, wenn man den Zeitungen glauben darf, bei 5 Euro pro Stunde liegt, Sie von der CSU veranlassen könnten, morgens das warme Bett zu verlassen. Überlegen Sie sich gut, ob das der richtige Betrag sein kann.
Es muss sich in unserem Land lohnen, zu arbeiten.
Mein letzter Satz: Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns kommt besonders Frauen zugute, weil Frauen besonders betroffen sind.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bei meinem Vorredner, Herrn Kollegen Welnhofer, stand eher der Teil des Forderns im Vordergrund und weniger der Teil des Förderns. Forderungen haben wir nun wirklich ausreichend gehört; ich habe sie gar nicht schnell genug mitnotieren können. Vom Aspekt des Förderns, der zwingend zu diesem Thema gehört, war wenig zu hören. Ich gehe ein bisschen auf diesen Redebeitrag ein, gehe aber auch auf den Beitrag ein, den Herr Sailer vorangestellt hat, nämlich den Aspekt, gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern zu schaffen. Das ist ein Ziel, auf das wir uns gerne verständigen könnten.
Dazu nenne ich vorab ein paar Zahlen – Zahlen, die aus dem Kultusministerium, „Schule und Bildung in Bayern“, stammen –: 74 % aller ausländischen Schüler sind bei uns in Bayern in der Hauptschule. 7 % aller ausländischen Schüler sind in Volksschulen mit sonderpädagogischer Förderung. Das heißt, über 80 % aller ausländischer Schüler erreichen maximal den Qualifi zierenden Hauptschulabschluss, was natürlich nicht auf die Gesamtzahl der 80 % zutrifft. Nur 10 % der ausländischen Schüler besuchen ein Gymnasium. Das heißt: Nur jeder zehnte Jugendliche mit Migrationshintergrund erreicht in Bayern das Abitur. Jetzt frage ich Sie: Sind das gleichwertige Lebensverhältnisse? – Sicher nicht. In Bayern erreicht ungefähr ein Drittel aller Jugendlichen das Abitur, bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist es nur jeder zehnte. Das sind keine gleichwertigen Lebensverhältnisse. Das heißt: Es ist eine Aufgabe für uns, daran zu arbeiten.
Nächster Punkt: Beim Übergang von der Schule in den Beruf sind ausländische Schüler überproportional an dem Thema Ausbildungsplatzsuche und an der Jugendarbeitslosigkeit beteiligt. Ich empfehle Ihnen, das meine ich ernst: Besuchen Sie einmal eine Berufsschule in Ihrem Stimmkreis und gehen Sie einmal – Sie müssen sich anmelden, weil es nicht einfach ist, eine solche Klasse zu erreichen – in eine so genannte Jungarbeiterklasse. Es handelt sich um Klassen, in denen die Schulpfl icht an einem Tag in der Woche erfüllt wird. Es ist fürchterlich. Die SPD-Landtagsfraktion prangert diesen wirklich unwürdigen Zustand, der nichts mit Bildung zu tun hat, der nichts mit Förderung zu tun hat und der nichts mit Chancengleichheit zu tun hat, seit Jahrzehnten an.
Gehen Sie in eine dieser Klassen, schauen Sie in die Gesichter und Sie werden dabei feststellen: Mindestens – ich schätze – 70 % dieser Jugendlichen sind Jugendliche mit Migrationshintergrund. Da frage ich Sie: Gibt es gleichwertige Lebenschancen in Bayern?
Jetzt gibt es Modelle, Konzepte und Vorschläge. Herr Kollege Sailer hat darauf hingewiesen, es gebe das tolle HIPPY-Projekt, es gibt die Sprachförderung und vieles mehr. Es gibt vonseiten der Hauptschulen seit mindestens 10 Jahren – ich nenne es einen Dauerbrenner – die konkrete Forderung an den Freistaat Bayern, die Schulsozialarbeit und die Schulpädagogik an den Schulen auszubauen, und zwar gerade an Schulen, an denen es viele Kinder mit Migrationshintergrund gibt. Ich beziehe mich in diesem Zusammenhang auf die Antwort auf eine Anfrage, die ich gestern – ganz aktuell – vom Kultusministerium bekommen habe. Danach gibt es sage und schreibe 87 Stellen für Sozialpädagogen in ganz Bayern bei über 4000 Schulen. Wo bleibt da die Förderung des angesprochenen Ansatzes? Ich sage es noch einmal: 87 ganze Stellen für 4000 Schulen. Würde man die Arbeitszeit in Minuten aufteilen, würden vielleicht für jede Schule drei Minuten zur Verfügung stehen.
Sie nehmen das Wort „Sprachförderung“ in den Mund, beschließen darüber, verpacken es in ein Marketingprogramm und werben damit überall, wo Sie auftreten – ob das der Innenminister, der Kultusminister oder die Sozialministerin ist, überall wird von der Sprachförderung gesprochen. Es interessiert Sie aber nicht die Bohne, ob mit dem Umfang und der fi nanziellen Ausstattung, mit der Sie die Sprachförderung beschlossen haben, auch Sprachförderung betrieben werden kann. Viele Kindergartenträger sagen: Wie sollen wir es machen? – Wir haben den Faktor 1,3. Die SPD-Landtagsfraktion hat ein ganzes Bündel von Anfragen an das Ministerium gestellt. Wir erhalten aber immer die gleiche Antwort, nämlich: Wir gehen davon aus, dass mit dem Faktor 1,3 das Thema Sprachförderung erledigt ist. Auch wenn alle anderen in Bayern etwas anderes sagen, behauptet das Sozialministerium, mit dem Faktor 1,3 sei das Thema erledigt.
Es interessiert Sie nicht die Bohne, wie Kinder, die einen Migrationshintergrund haben, deren Eltern ungenügend Deutsch sprechen und die deshalb genau diese Förderung bräuchten, an die notwendige Förderung herankommen. Die Bürgermeister der einzelnen Gemeinden schreiben uns reihenweise Briefe, in denen wir aufgefordert werden: Sagt uns, liebe Abgeordnete, wie sollen wir sicherstellen, dass das Kind, das meinen Kindergarten besucht, dorthin gebracht wird, wo die Sprachförderung stattfi ndet? – Keine Antwort vom zuständigen Ministerium. Es wird gesagt: Wir haben Sprachförderung und wir haben den Faktor 1,3 und damit wird alles gut. So wird das Thema von Ihrer Seite behandelt. Aber so geht es nicht.
Ich bin gleich am Ende.
Fördern und Fordern – ein Grundsatz, dem auch wir uns anschließen. Bitte vergessen Sie aber nicht die Förderung und gestalten Sie diese so aus, dass tatsächlich Erfolge zu erzielen sind.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Prof. Männle, Sie haben mit Ihrem letzten Satz Recht. Es ist wichtig, dass wir eingreifen und dass die Politik dieses Thema sieht und Maßnahmen ergreift. Frauenhandel und Zwangsprostitution gehören nach unserer Einschätzung zu den abscheulichsten Verbrechen, mit denen wir es in Europa zu tun haben. Diese Verbrechen gibt es in einem leider sehr großen Umfang.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich stelle mir allerdings die Frage, warum Sie diesen Antrag heute als Dringlichkeitsantrag stellen und warum Sie als Anlass dafür die Fußballweltmeisterschaft nehmen. Frau Prof. Männle, die Fußballweltmeisterschaft ist nach meiner Meinung sogar ein ganz ungünstiger Zeitpunkt, um mit diesem Thema sachgerecht umzugehen. Gerade solche Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft neigen dazu, dass bestimmte Verhaltensweisen eher verharmlost werden, als dass darüber sachlich diskutiert und das Ziel, dieses Problem zu beseitigen, verfolgt wird. Sie haben selbst gesagt, dass die Boulevardpresse voll von diesem Thema ist. Es wird noch einige Wochen Schlagzeilen zu diesem Thema geben.
Die Einschätzungen darüber, was tatsächlich passieren wird, klaffen weit auseinander. Es gibt Städte, die so genannte „Verrichtungscontainer“ aufstellen wollen. Das klingt ganz abscheulich. Andere Städte wie zum Beispiel Nürnberg – die Stadt, aus der ich komme – sehen dem Problem sehr gelassen entgegen. Die dortige Selbsthilfeorganisation für Prostituierte, die sich mit diesem Thema dauernd beschäftigt, geht eher davon aus, dass es nicht einmal im so genannten legalen Geschäft eine Zunahme geben wird, denn es gibt schon Erfahrungen mit Großereignissen dieser Art. Die WM als solche sollte für uns nicht der Anlass sein, Zwangsprostitution im Stile der Boulevardpresse zum Thema zu machen. Darauf müssen wir sehr genau achten.
Frau Prof. Männle, so weit Sie das Thema Frauenhandel und Zwangsprostitution insgesamt meinen, ist Ihr Antrag mehr als überfl üssig. Sie haben die gleichen Forderungen schon mit einem Dringlichkeitsantrag vom 16. Juni 2004 auf Drucksache 15/1163 gestellt, und diesem Dringlichkeitsantrag ist auch zugestimmt worden. Damit ist das Thema bereits eingebracht worden. GRÜNE und SPD haben damals in gleicher Weise Anträge gestellt. Wir hatten natürlich ein paar weitergehende Vorschläge, denen Sie sich nicht anschließen konnten. Sie haben das Thema aber schon eingebracht.
Auf der Internetseite des Innenministeriums gibt es eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien für Inneres und Polizei, Justiz und Soziales, welche genau dieses Thema betrifft. Alles das, was Sie mit Ihrem Antrag fordern, müsste konkreter und realer Bestandteil der alltäglichen Arbeit der zuständigen Behörden im Freistaat Bayern sein. Deshalb ist vielleicht die Fußballweltmeisterschaft nur Anlass, dieses Thema wieder aus der Schulblade herauszuholen, um letztlich zu fragen, was aus dieser Zusammenarbeitsvereinbarung geworden ist. Welche Erfahrungen sind aus dieser Vereinbarung zu ziehen? Gibt es oder gab es ein Fortbildungsprogramm für Beschäftigte bei Polizei und Justiz, welches die Beamten in die Lage versetzt, zu erkennen, ob es sich
bei bestimmten Delikten um Zwangsprostitution oder legale Prostitution handelt? Sie haben gerade darauf hingewiesen – jeder, der sich mit diesem Thema beschäftigt weiß das –, dass die Zwangslage von Frauen genau ausgenutzt wird, dass die Frauen der Prostitution in Deutschland zugeführt werden und dass sie Angst um sich und ihre Familien haben, sodass sie stumm, alleine und für sich dieses Leiden ertragen. Daher bedarf es einer wesentlichen Aufklärung der Beamtinnen und Beamten in diesem Apparat, der dem Freistaat Bayern zur Verfügung steht, um solche Straftaten zu erkennen und zu verfolgen.
Es gibt aber noch weitere und wichtigere Fragen: Ist es notwendig, den Frauen aufenthaltsrechtlich einen Schutz zu gewähren, damit sie mit weniger Angst die Täter nennen? Bayern hat festgeschrieben, dass bei Verdacht vier Wochen Abschiebeschutz besteht? Reicht das aus oder ist das zu wenig? Müsste man in dem Sinne mit den zuständigen Organisationen zusammenarbeiten, um deren Erfahrungen in eine Weiterentwicklung dieses Themas einfl ießen zu lassen? Wie sind die Erfahrungen mit einer sehr notwendigen europäischen Zusammenarbeit? Auch das wurde bereits mit dem Antrag von 2004 gefordert, Frau Prof. Männle. Wie sind die Fachberatungsstellen in die Weiterentwicklung dieser Zusammenarbeitsvereinbarung einbezogen? Wie ernst werden diese Fachberatungsstellen in der Alltagsarbeit genommen? Gibt es wirksame Ausstiegsprogramme für Frauen, die bereit sind auszusteigen und dies dann auch tun, wenn es denn Perspektiven für sie nach der Prostitution gäbe? Wie viele Kapazitäten will der Freistaat Bayern sowohl im staatlichen als auch im nichtstaatlichen Bereich für die Verfolgung dieser abscheulichen Taten zur Verfügung stellen? Wo sind die Präventionsprogramme für Freier? Gerade jetzt anlässlich der WM werden allgemein die Einhaltung von Hygienevorschriften und der Kondomschutz gefordert. Alle diese Fragen nehmen wir sehr ernst, Frau Prof. Männle.
Für uns ist das Großereignis WM dazu aber nicht geeignet. Wir halten es für eine kurze Blase, die dann wieder verschwindet, wenn die Gäste aus Deutschland abgereist sind. Dann befürchten wir, dass dieses Thema wieder in der Schublade verschwinden wird.
Frau Prof. Männle, ich vermisse in Ihrem Antrag einen entscheidenden Punkt, ich vermisse Ihre Bereitschaft, Sondermittel für die Hilfsorganisationen, die Sie genannt haben, zur Verfügung zu stellen. Diese Organisationen bitten nämlich auf ihren Internetseiten und auch sonst – sie schreiben uns auch alle an – um Spenden, damit sie die Aktion „Rote Karte“ fi nanzieren können. Die Mittel für diese Organisationen sind in Ihrem Haushalt gekürzt worden. Ich erinnere Sie zum Beispiel an die Frauennotrufgruppen in ganz Bayern, die sich, glaube ich, an alle Abgeordneten in diesem Hause gewandt haben und deren Existenz auf dem Spiel steht.
Diese Frauennotrufgruppen sind bereit, Hotlines in allen Sprachen einzurichten. Dazu brauchen sie aber eine fi nanzielle Unterstützung.
Wenn ich diese Bitten um Unterstützung in einen Zusammenhang mit den Steuereinnahmen stelle, die sich die Bundesrepublik und auch der Freistaat Bayern aus dem Großereignis WM erwarten, wäre es mehr recht als billig, diese Organisationen fi nanziell besser auszustatten. Frau Kollegin Männle, ich würde mich sehr darüber freuen, wenn Sie zwar nicht über diesen Antrag, aber in Ihrem direkten Kontakt zum Sozialministerium darauf hinwirken würden, dass dies geschieht. Dafür würden wir uns bei Ihnen sehr bedanken.
Laut Ihrem Antrag wollen Sie, dass die auf Bundesebene erfolgten und noch geplanten Aktivitäten intensiv unterstützt werden. Frau Prof. Männle, dazu muss ich Ihnen sagen, dass die einzige Aktivität die Diskussion des „Runden Tisches“ ist, die Sie vorhin erwähnt haben. Die fand ganz aktuell gestern statt. Ansonsten gibt es kaum sinnvolle Diskussionen zu diesem Thema. Interessant für mich waren die Ergebnisse des runden Tisches. Der Staatssekretär aus dem Bundesinnenministerium, Herr Hoofe, hat dort gesagt, dass dieses Thema nachhaltig und dauerhaft in der Bundesrepublik und in den Bundesländern durch Zusammenarbeit der zuständigen staatlichen Organisationen unter Einbeziehung der nichtstaatlichen Organisationen verfolgt werden muss. Letztere wären nämlich als einzige in der Lage, Vorfeldarbeit zu betreiben und tatsächlich an die Frauen heranzukommen.
Polizei und Justiz schaffen das aufgrund der viel zu geringen Schutzvorkehrungen für diese Frauen nicht.
Es wird also eindeutig auf das Thema der Nachhaltigkeit hingewiesen, wobei das Thema losgelöst von der WM zu betrachten ist. Seien Sie doch so ehrlich und ändern Sie die Überschrift Ihres Dringlichkeitsantrags „Menschenhandel und Zwangsprostitution bei der Fußballweltmeisterschaft verhindern“, indem Sie die Worte „bei der Fußballweltmeisterschaft“ streichen. Dann handelt es sich zwar nur um eine Neuaufl age des bereits Geforderten, aber wenn der Antrag Anlass dazu ist, das Thema wieder aus der Schublade zu holen und effektiv zu behandeln, sind wir uns einig.